//Wieder da: die Retro Classics 2022

Wieder da: die Retro Classics 2022

Vor einem Jahr blieben auf Grund der Corona-Zwangspause die Tore der Retro Classics geschlossen. Umso mehr arbeiteten die Crews der Retro Messen GmbH auf das Jahr 2022 hin und so fand die bislang weltweit größte Messe für Fahrkultur – die Retro Classics – am Stuttgarter Flughafen vom 21. bis 24. April wieder statt. Zwar in einer abgespeckten Form, will heißen, von den in den vergangenen Jahren insgesamt zehn ausgebuchten Messehallen, benötigte das Management um Karl Ulrich Herrmann, den geschäftsführenden Gesellschafter der Messe GmbH, heuer lediglich fünf Hallen. Das Hauptaugenmerk lag dennoch bei dieser Neuauflage auf dem Wort „Retro“, wobei das historische Automobil eindeutig im Fokus der Begierde stand. „Qualität und nicht Quantität hat Vorrang“, meinte Karl U. Herrmann bei der Eröffnungspressekonferenz.

Das Museum der Porsche AG engagierte sich in der Porsche-Halle betont sportlich und widmete den legendären Rennwagen der Typen 956 und 962 ihren Auftritt bei der diesjährigen Retro Classics. Porsche zeigte davon fünf Exemplare, die in den Jahren von 1982 bis 1986 für Furore auf den Rennstrecken in aller Welt sorgten und dabei unzählige Siege sowie Meisterschaften einfuhren. Ex-Rennfahrer und Le Mans-Sieger Jürgen Barth zelebrierte den ersten offiziellen Rollout des 956 in Weissach im März vor genau vierzig Jahren. Das Renndebut des 470 kW leistenden Porsche-Boliden fand beim 6-Stunden-Rennen von Silverstone (GB) statt. Ein Jahr danach konnten zwölf Exemplare des Rennwagens an Kundenteams verkauft werden. Während die Werkswagen die Fahrgestellnummern 956-001 und aufwärts trugen, bekamen die in Privathand befindlichen Rennfahrzeuge die Nummern 956-101 plus weiterfolgende Ziffern im Rahmen eingestempelt.
Aus Gründen der Fahrsicherheit und neueren Vorschriften seitens der FIA musste eine Variante des 956 mit erweitertem Radstand entwickelt werden und wurde fortan als Porsche 962 weitergebaut und markierte bei seinem ersten Einsatz im Frühjahr 1984 in Daytona (USA) sogleich eine Trainingsbestzeit. Umrahmt waren die fünf Racing-Flaggschiffe von Postern aus der damaligen Zeit, Regalen mit Memorabilien und zeitgenössischen Sammleraccessoires aus dem Haus Porsche.

Nur einen Steinwurf entfernt, positionierte sich der Porsche 356 Club Deutschland und seine Partnerclubs aus den verschiedenen Baureihen der schwäbischen Marke. Die Motorworld aus Böblingen stellte sowohl Fahrzeuge der älteren als auch der neueren Generation sowie Zubehör, Memorabilien, Bekleidung, Modellautos und Bücher aus. Innerhalb dieses Areals fand neben einer großen Carrera-Bahn auch der Traditionsverein ‚Solitude Revival‘ die Möglichkeit, sich vorzustellen und auf das ‚Solitude Revival‘ am 16. und 17. Juli diesen Jahres an der ehemaligen Solitude-Rennstrecke vor den Toren der Landeshauptstadt Stuttgart hinzuweisen.

Auf großes Interesse stieß die ‚Gutbrod Story‘ des Autoherstellers, der nach dem zweiten Weltkrieg unter der tatkräftigen Mithilfe von ehemaligen Mercedes-Benz-Ingenieuren den ersten serienmäßigen Pkw mit einer Benzineinspritzanlage auf den Markt brachte. 1954 musste Gutbrod nach vielen finanziellen Einbußen Konkurs anmelden und die Tore schließen.

Die Halle 5 prägte zum größten Teil der Stern der Marke Mercedes-Benz, wo sich viele Restaurationsbetriebe, Händler und Clubs aller Mercedes-Baureihen präsentierten. An den schwäbischen Mercedes-Benz Ausnahmerennfahrer Eugen Böhringer wurde liebevoll mit zwei seiner Originalautos, einem 300 SL Roadster und einer SL Pagode sowie sehr vielen Fotos und Postern erinnert. Mit der ‚Pagode‘ holten Böhringer und sein kongenialer Copilot Klaus Kaiser im Jahr 1963 den Gesamtsieg bei der renommierten belgischen Langstreckenrallye, dem ‚Marathon de la Route‘, von Belgien nach Bulgarien und zurück.

Ferner war in dieser Halle die italienische Zweirad-Marke Moto Guzzi untergebracht. Der AMC Leonberg stellte zum 101-jährigen Jubiläum eine gigantische Sonderschau mit 70 Bikes von den seinerzeit in der Lombardei hergestellten Zweirädern zusammen. „Unser ältestes Exponat stammt von 1922 und ist eines der ersten 250 Exemplare der Guzzi-Produktion überhaupt“, betonte Frank Schleicher vom AMC Leonberg.

Als liebgewonnenen Prominenz aus der Welt der historischen Autoszene standen erneut wieder u. a. der ehemalige Rallye-Weltmeister Walter Röhrl sowie der Ex-Formel-1- Rennfahrer und Grand Prix Pilot Jochen Mass den Messegästen als Gesprächspartner zur Verfügung.

Anstelle der Münchener BMW-Konzernmutter, widmete sich die ‚BMW Group Classic‘ in einem hervorragend gestylten Messestand der mit der Moderne gepaarten Historie der BMW-Automobile. „Das erste gezeigte historische Prunkstück ist ein orangefarbener BMW 1602 – Elektro, der damals hauptsächlich bei Marathonläufen abgasfrei schon zum Einsatz kam“, erläuterte Helmut Käs als Leiter der BMW Group Classic und des Münchener BMW-Museums. Ein weiteres historisches Highlight stellte das legendäre 3.0 CSL Renncoupé dar, das von Hans Joachim Stuck und dem Neuseeländer Chris Amon vor 50 Jahren zu großen Erfolgen gefahren wurde. Kleinere Jubiläums-Ausstellungen aus jeweils 50 Jahren ‚BMW Motorsport GmbH‘, ‚5er-Reihe‘ und ‚BMW M‘ sowie 20 Jahren des ‚New Mini Cooper S‘ umrahmten die wichtigsten BMW- Exponate.

In der Eröffnungspressekonferenz wies Bernard Jaeggy, der Honorarpräsident der ‚Collection Schlumpf‘, ohne in diesem Jahr einen großen Messestand zu betreiben, auf die ‚Collection Schlumpf‘ hin, die ihren Sitz in Mühlhausen im Elsass hat. Nur sieben Mal wurde der Bugatti Typ 41, den man auch gerne als den „Bugatti Royale“ bezeichnete, für den Magnaten Armand Esders gebaut. Da der Fabrikant so gut wie nicht bei Nacht fuhr, ließ er die ihn ‚störenden‘ Schweinwerfer in den Kofferraum verbannen, sodass sie jederzeit und mit wenigen Handgriffen vom Chauffeur montiert werden konnten. In den 9170er-Jahren erstellten die Brüder Schlumpf nach den alten Skizzen einen Nachbau auf einem Original-Fahrgestell setzten einen Motor aus einem SNCF-Triebwagen für den Vortrieb ein. Dieser ‚Royale‘ stellt in der Historie eines der größten und schwersten Fahrzeuge der klassischen Autos dar.

Einen DeLorean Sportwagen DMC-12 aus den frühen 1980ern ließ Armin Pohl vom Neckartailfinger Private Equity Unternehmen Wunderkind Invest GmbH auf vollkommenen Elektroantrieb umbauen und setzte von E-Works Mobility Hochleistungskomponenten ein. Allein Zeitreisen, wie im Kinofilm zu sehen, sind mit dem elektrischen Nachkommen des DMC-12 momentan leider noch nicht zu erwarten.

Text & Fotos: Eberhard Strähle (VdM)