Der Axa Schweiz war anhand von Unfallstatistiken aufgefallen, daß sich mit Elektroautos 50 Prozent mehr Kollisionen auf den Straßen des Alpenlandes ereignen als mit Benzin- und Diesel-Pkw. „Die größten Unfallrisiken bei E-Autos entstehen nicht beim Verringern der Geschwindigkeit“, stellt die Unfallforschung der Versicherung überraschend fest, „sondern beim Beschleunigen.“
Was beim E-Auto am meisten Spaß macht, ist gleichzeitig mit einem Risiko verbunden. Bereits vom Start weg zieht der Stromer leise surrend mit dem maximal ihm zur Verfügung stehenden Drehmoment auf und davon – während Benziner und Diesel nur langsam auf Touren kommen. Ist man die Power eines Stromers nicht gewohnt, kann man sich schnell vertun. Wer das Pedal auch nur kurz zu stark drückt, setzt das Auto unter Umständen so plötzlich und ruckartig in Bewegung, dass man unfreiwillig auf dem Heck des Vorausfahrenden landet.
Eine weitere Gefahrenquelle besteht in der anderen Konstruktionsweise und dem höheren Gewicht der Stromer. Statt eines Motorblocks im Fahrzeugbug haben sie eine sehr schwere Batterie ungefähr in der Mitte des Fahrzeugs. Durch die Batterie bringen die Stromer mehr Gewicht auf die Waage als vergleichbare Autos mit Verbrennungsmotor.
Davon abgesehen nehmen die Autos von Generation zu Generation ohnehin an Gewicht zu. Dafür gibt es gleich ein ganzes Bündel an Ursachen. Da sind der vermehrte Einsatz von Elektronik und hochfestem Stahl, dazu kommen neue Sicherheitskonstruktionen, größere Motoren und nicht zuletzt die Tendenz zu wuchtigeren Autos (Stichwort SUV). In den letzten rund zwanzig Jahren, hat die Axa herausgefunden, wurden die Pkw im Schnitt 25 Prozent schwerer. „Die Elektromobilität verleiht diesem Trend zusätzlich Schub“, stellt die Versicherung fest und prognostiziert, dass ein durchschnittlicher Personenwagen in wenigen Jahren seine zwei Tonnen wiegen wird. Im Jahr 2000 waren es im Schnitt 1,3 Tonnen.
Diese Differenz im Gewicht geht im Falle einer Kollision zwischen altem und neuem Auto, zwischen Verbrenner und Stromer zu Lasten des leichteren Fahrzeugs; es wird regelrecht zusammengedrückt, wie ein Crashtest der Axa zwischen einem Golf der siebten Generation und einem baugleichen Modell mit Elektromotor zeigte. Laut Axa konnte man schon von außen erkennen, dass der vier Zentner weniger wiegende Verbrenner-Golf einen deutlich größeren Blechschaden davongetragen hatte als der E-Golf.
Allerdings, so hebt die Unfallforschung der Versicherung hervor, hätten die Insassen bei einem vergleichbaren Unfall im realen Verkehrsgeschehen keine Verletzungen erlitten – das Kollisionstempo des Crashtest betrug immerhin 50 km/h. Als Grund für den glimpflichen Ausgang nennen die Experten die Sicherheitssysteme in den Autos, allen voran die Fahrgastzelle, die Sicherheitsgurte, die Airbags und die Gurtstraffer.
Die Achillesferse der E-Autos
Doch auch E-Autos haben eine Achillesferse. Nach Auffassung der Axa-Unfallspezialisten ist der Schutz der im Unterboden untergebrachten Batterie nicht optimal: „Die Antriebsbatterie ist zwar durch zusätzliche Versteifungen der Karosserie vorn, hinten und seitlich sehr gut geschützt“, räumen die Fachleute ein, doch nach unten mangele es an Sicherheit. Es reiche bereits, mit einem E-Auto über Steine oder eine Straßeninsel zu fahren, um den Unterboden zu beschädigen. Daraus kann ein Batteriebrand entstehen, der gefährlich und schwer zu löschen ist. „Wenn nur die Gefahr besteht, dass sich der Akku entzünden könnte, wird das Fahrzeug über Tage hinweg im Löschcontainer verwahrt“, erklärt Nils Reich, Vorstandsmitglied der Axa Deutschland. Von der Autoindustrie fordert er zum Schutz der Batterien, Platten mit hoher Widerstandsfähigkeit zu verwenden, beispielsweise aus Titan.
Den Fahrern von Elektroautos empfehlen die Unfallexperten der Axa, sich vor der ersten Fahrt im Elektroauto mit der forschen Beschleunigung auseinanderzusetzen und das maßvolle Anfahren und Beschleunigen zu üben. Sofern möglich, sollte man die Stärke des Strompedals herunterstufen, um einen größeren Widerstand zu erhalten; so vermeidet man unbeabsichtigtes Durchstarten. Um Steine und größere Unebenheiten auf der Fahrbahn macht man besser einen Bogen, um die Batterie im Unterboden vor Beschädigung zu bewahren. Nicht zuletzt empfehlen die Unfallforscher, sich des Gewichts des E-Autos bewusst zu sein und sich rücksichtsvoll im Straßenverkehr zu verhalten.
Kristian Glaser (kb)
Foto: Axa Schweiz