Die Bedeutung von Verkehrszeichen weist allgemein Lücken auf. Ein Ansatz aus diesem Dilemma könnten Zeichen sein, die international verständlich gestaltet sind. Am Beispiel der Fahrradfahrenden wird klar, wie groß der Handlungsbedarf ist.
Verkehrszeichen sollen dafür sorgen, dass es auf den Straßen sicher zugeht und die Verkehrsteilnehmer sich nicht in die Quere kommen. Alle werden informiert, was auf den verschiedenen Straßentypen erlaubt und was verboten ist und was sie zu beachten haben. So sollen Missverständnisse oder gar Fehlverhalten vermieden werden. Das geht aber nur dann auf, sagt die Dekra, wenn die Regeln auch allgemein bekannt sind.
Ernüchternde Ergebnisse einer Forsa Umfrage
Die Prüf- und Sachverständigenorganisation gab Ende vergangenen Jahres eine repräsentative Umfrage beim Meinungsforschungsinstitut Forsa in Auftrag, bei der mehr als 1.000 zufällig ausgewählte Radfahrer nach ihrem Wissen über einige für den Fahrradverkehr relevante Verkehrsschilder Auskunft geben sollten. Die Ergebnisse sind ernüchternd. Zeigen sie doch nach Auffassung des Verkehrspsychologen Thomas Wagner von der Dekra, dass „großer Optimierungsbedarf“ besteht. Nur rund 60 Prozent der Teilnehmer konnten Bedeutung und Regeln des Verkehrsschildes „Radweg“ (weißes Fahrradsymbol auf blauem Hintergrund) richtig angeben. Immerhin wussten 71 Prozent, dass sie eine so ausgeschilderte Straße benutzen müssen und nur dann auf die Fahrbahn ausweichen dürfen, wenn es durch ein Zusatzzeichen erlaubt ist. Lediglich die Hälfte der Befragten war damit vertraut, dass man auf einer Fahrradstraße auch nebeneinander fahren darf. Gerade einmal 32 Prozent gaben richtig an, dort nicht schneller als mit 30 km/h unterwegs sein zu dürfen.
„Getrennter Geh- und Radweg“ – Keine große Ahnung
Sehr unterschiedlich ist das Wissen über das Verkehrszeichen „Getrennter Geh- und Radweg“ verteilt. Das runde, in Blau gehaltene Verkehrszeichen zeigt in Weiß ein Fahrradsymbol auf der einen Seite und ein Fußgängersymbol auf der anderen Seite, die durch einen senkrechten Strich voneinander getrennt sind. Neun von zehn Befragten hatten Kenntnis, dass Radler hier verpflichtet sind, die Straßenmarkierung zu befolgen. Nur gut die Hälfte wusste auch, dass die Nutzung der Fahrbahn untersagt ist.
Wichtig: „individuelle Auffrischung der Regelkenntnis“
Die Dekra-Umfrage bestätigt eine vor Jahren durchgeführte Untersuchung der Deutschen Verkehrswacht, wonach die für Radfahrer geltenden Verkehrsregeln nicht nur bei den Autofahrern und Fußgängern, sondern auch bei den Radlern selbst „nicht hinreichend bekannt sind“. Häufig würden die Regeln falsch interpretiert oder angewendet, merkte die Verkehrswacht damals an. Deshalb, so die Schlussfolgerung, sei eine „individuelle Auffrischung der Regelkenntnis“ wichtig.
Gestaltung von Verkehrsschildern im Fokus
Eine weiterführende Idee verfolgt Dekra Verkehrspsychologe Thomas Wagner. Er regt an, „sich grundsätzlich über die Gestaltung von Verkehrsschildern Gedanken zu machen“. Rückenwind erhält er von einer sechs Jahre alten Untersuchung aus China. Dabei sollten heimische Studenten, die noch nie in Deutschland waren und wenig Fahrerfahrung hatten, 39 chinesische und 15 deutsche Verkehrszeichen interpretieren. Ergebnis: Die Warnschilder beider Länder wurden von mehr als 60 Prozent der Teilnehmer richtig verstanden. Probleme gab es bei dem deutschen Gefahrenzeichen „Kreuzung oder Einmündung mit Vorfahrt von rechts“ (weißes Dreieck mit schwarzem Kreuz und roter Umrandung) und dem Richtzeichen „Ende der Vorfahrtstraße“ (stehendes gelbes Quadrat auf weißem Hintergrund, durchgestrichen). Diese beiden Schilder erkannte lediglich ein Prozent der chinesischen Studenten richtig.
Plädoyer für international einheitliche Verkehrszeichen
Nach Überzeugung von Thomas Wagner hängt die richtige Zuordnung der Verkehrszeichen vor allem davon ab, wie „häufig sie einem in der Vergangenheit begegnet sind“. Die Wiederholung soll zu einem Lerneffekt führen. Daher wünscht sich der Verkehrspsychologe eine internationale Vereinheitlichung von Verkehrsregeln und -zeichen. Derzeit seien die Unterschiede zwischen den nationalen Bestimmungen sehr groß, erklärt Wagner. Das erschwere den internationalen Verkehr. Beispielsweise sind die Verhaltensregeln für Fußgänger allein in den europäischen Ländern sehr unterschiedlich. So müssen in Deutschland und Großbritannien die Autofahrer anhalten, wenn Fußgänger erkennbar an einem Überweg über die Straße möchten. Anders in Italien. Dort haben die Fußgänger erst dann Vorrang, wenn sie sich bereits auf der Fahrbahn befinden. Auch die Regeln für den Kreisverkehr sind in Europa ganz unterschiedlich. In dem einen Land ist es verboten, beim Einfahren in den Kreisel den Blinker zu setzen, in dem anderen ist es erlaubt, aber nicht vorgeschrieben. Und in dem dritten Land müssen die Autofahrer anzeigen, wenn sie den Kreisverkehr verlassen möchten. „Angesichts des zunehmenden internationalen Verkehrs“ plädiert Dekra Experte Thomas Wagner dafür, Lösungsansätze für „universelle Verkehrszeichen“ zu finden, um die Unfallrisiken zu reduzieren.
Autorin: Beate M. Glaser (kb), Abbildung: pixabay / geralt