„Ein Ingenieur, der Opel prägte“, so beginnt der Nachruf, mit dem die Opel-Post sich vom ehemaligen Entwicklungsvorstand Dr.-Ing. E. h. Friedrich W. Lohr verabschiedet. Über 50 Jahre lang hat er an verschiedenen Stationen im Unternehmen gewirkt. Jetzt ist er im Alter von 95 Jahren verstorben.
Der VdM und der Kreis der Dieselring-Träger trauern um einen Mann, der seit 1992 dazugehörte. Gemeinsam mit Dr.-Ing. Wolfgang Lincke, damals Chefingenieur bei Volkswagen, erhielt Lohr die Auszeichnung. In der Laudatio sagte der VdM-Vorsitzende Karl Heinz Menke: „Beide sind Techniker mit Leib und Seele, Herz und Verstand“. Und speziell zu Friedrich Lohr führte der Vorsitzende aus: „In der ehemaligen Kaiserpfalz Tribur, dem heutigen Trebur im Kreis Groß-Gerau, wurde 1926 Friedrich W. Lohr geboren. Die benachbarte Opel AG übte auf den Jungen eine so große Anziehungskraft aus, dass er sich nach acht Jahren Grundschule dort als Werkzeugmacher-Lehrling bewarb, die Aufnahmeprüfung bestand und 1940 im Alter von gerade mal 13 ½ Jahren eingestellt wurde. Schon nach einem Jahr übernahm ihn wegen seiner zeichnerischen Begabung die Abteilung Fahrzeugentwicklung. Dort schloss er 1943 seine Lehre als technischer Zeichner ab.“
Nach dem Militärdienst und Kriegsgefangenschaft studierte er als erster Opel-Stipendiat Maschinenbau. Als er nach erfolgreichem Studium 1950 ins Unternehmen zurückkehrte, arbeitete er zunächst in der Vorausentwicklung. Dann startete Lohr bei Opel eine Bilderbuch-Karriere: 1959 ernannte ihn das Unternehmen zum stellvertretenden Chassis-Konstruktionsingenieur, 1966 zum Ersten Ingenieur dieses Bereichs, 1969 zum Abteilungsleiter. Ab 1974 zeichnete er für die gesamte Vorausentwicklung verantwortlich, 1978 avancierte er zum Chefingenieur für den Karosseriebereich. Nach der Ernennung zum Direktor Produktentwicklung und Konstruktion 1980 erfolgte noch im selben Jahr die Berufung in den Vorstand. Als Entwicklungschef trug er die Verantwortung für die Produktentwicklung und Konstruktion sämtlicher Personenwagen des GM-Konzerns in Europa. Mit seinem Engagement und richtungsweisenden Entscheidungen prägte er maßgeblich die Opel-Fahrzeug-Entwicklung in den 70er- und 80er-Jahren. So führte er mit dem Kadett D ab 1979 den Frontantrieb bei Opel ein. Es war ein wegweisender Schritt, zu dem es im Unternehmen eine beliebte Anekdote gibt: Weil er sich mit der neuen Technik gegen interne Widerstände durchsetzen musste, wurde das gängige Kürzel FWD (für Front Wheel Drive) bei Opel in „Fritz will das“ uminterpretiert. Er sollte mit seinem Konzept für mehr Raum Recht behalten: Die Fachpresse feierte den Kadett D mit dem damals klassengrößten Innenraum bei kompakten äußeren Abmessungen als Revolution.
Im Kreis der Dieselring-Träger war Lohr bis ins hohe Alter ein gerne gesehener und diskussionsfreudiger Teilnehmer: ein Vollblut-Techniker, der auch lange nach seinem aktiven Berufsleben voll Aufmerksamkeit die Entwicklungen im Automobilbereich verfolgte und kommentierte.
Text: fps / Foto: Georg Strohbücker