//Neue Reifen-Erfordernisse für E-Autos

Neue Reifen-Erfordernisse für E-Autos

Mit der zunehmenden Zahl an Elektroautos wächst auch der Bedarf an Reifen, die auf die Anforderungen der Stromer ausgelegt sind. Die Schlappen für Autos mit Benzin- oder Dieselmotor passen zwar prinzipiell auch auf die Felgen von E-Autos, doch empfehlenswert ist das nicht. Immerhin haben E-Autos in der Praxis einige Besonderheiten, die es in der Reifenentwickler zu beachten gilt. „Die Herausforderung ist es“, meint man beim Reifenbäcker Continental in Hannover, „die Anforderungen an hohe Sicherheit, gutes Handling und Komfort optimal zu verbinden“. Durch die schwere Traktionsbatterie wiegen Elektroautos deutlich mehr als konventionelle Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. „Die Reifen müssen daher für höhere Lasten ausgerichtet sein“, stellt Continental fest. Außerdem verändert der vergleichsweise tief montierte Akku den Fahrzeugschwerpunkt. „Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, werden Reifenaufbau und Mischungen weiterentwickelt. Dabei ergeben sich Zielkonflikte, die auf einem sehr hohen Niveau gelöst werden müssen.“

Eine weitere Aufgabe ergibt sich aus der teils arg begrenzten Reichweite der Stromer. Ihre Reifen sollten daher einen möglichst geringen Rollwiderstand aufweisen, um im rollenden Einsatz wenig Energie zu verbrauchen. Gleichzeitig müssen die Entwickler berücksichtigen, dass die Autofahrer ihre Reifen möglichst lange nutzen möchten – aus finanziellen und aus Klimaschutzgründen. Das Problem: Die volle Durchzugskraft eines Elektroautos kann praktisch vom Stand weg auf die Straße gebracht werden – anders als bei Verbrennern, die erst Schwung nehmen müssen. Daher wird ein E-Auto-Reifen anders verschlissen und vor allem beim Anfahren stärker. All das müssen die Entwickler bedenken.

Und dann ist da noch der Krach. E-Autos surren so schön leise vor sich hin, da wäre es jammerschade, wenn das Geräusch der abrollenden Reifen so stark wäre, dass sich die Insassen ärgern müssten. Also nehmen die Ingenieure ebenso die akustischen Eigenschaften der E-Au­to-Pneus in den Blick – was auch den lärmgeplagten Städtern und den Anwohnern an vielbefahrenen Außerortsstraßen zugutekommt.

Taktgeber ist der Nutzfahrzeugbereich

Die Reifenentwicklung ist also komplex geworden, die unterschiedlich auftretenden Kräfte und Faktoren beeinflussen sich zudem auch noch gegenseitig. Um das alles in der Praxis besser in den Griff zu bekommen, arbeitet Continental an einem System zur digitalen Überwachung von Reifen. Bei den Nutzfahrzeugreifen, wo die Dimensionen in jeglicher Hinsicht um einiges größer sind, will der Hannoveraner Reifenhersteller schon bald eine „vorausschauende“ Reifenwartung anbieten.

Noch in diesem Jahr wird Continental für Gewerbekunden die neue Generation des web- oder app-basierten Reifenmanagementsystems „Conti-Connect“ auf den Markt bringen. Es erfasst alle Reifen von Pkw, Lastwagen, Bussen und Offroadfahrzeugen eines Kunden und beobachtet sie, egal wo sie sich befinden. Damit will man den genauen Zeitpunkt ermitteln, zu dem die Reifen am besten gewartet werden. Laut Continental wurde das System bereits in der Bauindustrie, der innerbetrieblichen Logistik und in der Hafenwirtschaft getestet und half erfolgreich, die Fahrzeugausfälle zu reduzieren, die Wartungskosten zu bannen und höhere Laufleistungen zu erzielen.

Zu diesem Zweck baut Continental große Datenmengen auf. „Alle über den Reifen und das Fahrzeug verfügbaren Daten werden in der Cloud fortwährend analysiert.“ Je mehr man in Erfahrung bringt, wie sich ein Reifenmodell unter bestimmten Bedingungen verhält, um so besser lassen sich Prognosen über seinen Zustand in der Zukunft ableiten. Continental zufolge bedeutet das: „Fahrzeug- und Reifenservices können optimal koordiniert und aufeinander abgestimmt werden.“ Zudem lassen sich Werkstätten und Handel einbinden. Continental: „Das erhöht die Flotteneffizienz, senkt die Gesamtkosten und sichert dem Flottenmanager die Betriebssicherheit seiner Fahrzeuge.“ In einem nächsten Schritt soll auch die Profiltiefe der Reifen erfasst und in Conti-Connect verarbeitet werden. Da weiß man, wohin die Reise auch bei den Pkw-Reifen geht.

Kristian Glaser (kb)

Foto: Continental