//Deutscher Pkw-Markt 2024: Immense Herausforderungen

Deutscher Pkw-Markt 2024: Immense Herausforderungen

Nachfrageschwäche, anhaltende Schwierigkeiten im E-Automarkt, steigende Marktanteile für Importeure und viele Fragenzeichen im Vorfeld der Bundestagswahl – der deutsche Automarkt 2024 im Rückblick.

Die vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) veröffentlichten Zahlen zu den Pkw-Neuzulassungen des Jahres 2024 zeigen deutliche Verschiebungen im Verhalten der Autokäufer. Nach Angaben des KBA kamen im vergangenen Jahr 2,82 Millionen Personenwagen neu auf Deutschlands Straßen, das waren ein Prozent weniger als 2023. Vor der Coronapandemie lag der Markt nahezu regelmäßig bei mindestens drei Millionen Autos.Während die gewerblichen Neuzulassungen nahezu konstant blieben, gingen die der Privatpersonen um 2,1 Prozent zurück. Ein erster Hinweis auf eine Schwächung der privaten Nachfrage.

‚Dickschiffe‘ führen den Automarkt an

Nahezu unverändert liegen die SUV (Klassenbeste: VW T-Roc oder Mercedes GLK/GLC) mit einem Anteil von 30 Prozent an der Spitze. Allerdings fasst das KBA in der SUV-Kategorie alle Größenklassen unterschiedslos zusammen, anders als bei den Limousinen. Rechnet man die von der Behörde als Geländewagen geführten Modelle hinzu, die wie der BMW X3 oder der Volvo XC60 zum überwiegenden Teil ebenfalls als SUV vermarktet werden, kommt man auf einen etwas gesunkenen Gesamtanteil von 41 Prozent für die „Dickschiffe“.

Oberklasse schwächelt

Erheblich höhere Einbußen gegenüber 2023 sind in den kostspieligsten Segmenten zu verzeichnen: Die Oberklasse mit Mercedes S-Klasse, Porsche Taycan & Co. schrumpfte 2024 um 26 Prozent, und die Flitzer um Porsche 911 und BMW Z4 erleiden ein Nachfrageminus von 17 Prozent. Die Mittelklasse (VW Passat, BMW 3er) erfuhr einen Rückgang um 15 Prozent.

Absturz bei preisgünstigen Kleinstfahrzeugen und reinen Stromern

Zu den Gewinnersegmenten zählen die obere Mittelklasse (Mercedes E-Klasse, BMW 5er) mit einem Zuwachs in der Käufergunst um 31 Prozent. Die preisgünstigere Kompaktklasse (VW Golf, Škoda Octavia) kletterte um 13 Prozent. Nicht in dieses Bild scheint der Absturz der preisgünstigen Kleinstwagen wie Fiat 500 und Toyota Aygo zu passen. Für sie entschieden sich 43 Prozent weniger Käufer, der Marktanteil sank auf unter drei Prozent. Der Grund liegt in dem verminderten Angebot der Hersteller. Im vergangenen Jahr standen nur noch zehn unterschiedliche Kleinstwagenmodelle zum Kauf. Großes Thema in der Automobilwelt war 2024 der Abstieg der reinen Stromer. Nach dem plötzlichen Wegfall der Kaufprämie zu Beginn des Jahres lahmte die Nachfrage im gesamten Zeitraum von Januar bis Dezember. Letztendlich kamen 380.000 batterieelektrische Pkw neu in den Straßenverkehr, ein Minus von 27 Prozent. Der Anteil am Gesamtmarkt fiel auf 13,5 Prozent. Die Hürden für den E-Auto-Erwerb sind beträchtlich und seit Jahren dieselben: Zum hohen Kaufpreis kommen das unzureichende Ladenetz und die geringe Reichweite der Fahrzeuge. Zusätzlich werden die Verbraucher durch unklare oder widersprüchliche Signale aus der Politik verunsichert.

Hybridfahrzeuge machen Karriere

Dagegen setzen die Autokäufer verstärkt auf Hybridautos (inklusive Plug-in-Hybrid). Deren Neuzulassungszahl erhöhte sich im vergangenen Jahr um 13 Prozent. Die hauptsächlich von einem Verbrennungsmotor angetriebenen Autos verfügen über kleinere, preisgünstigere Batterien, die nicht separat aufgeladen werden müssen. Hybrid-Pkw wurden 2024 nahezu 950.000 mal geordert, das macht ein Drittel aller Neuzulassungen aus. Die klassischen Benziner lagen – bei einer leichten Verbesserung – mit 990.000 Einheiten etwas darüber. Diesel-Pkw sind weiterhin rückläufig (minus 0,7 Prozent) und kommen auf einen Marktanteil von nur noch 17 Prozent. Der theoretische CO2-Ausstoß aller Neu-Pkw wuchs im Durch­schnitt um 4,2 Prozent auf 119,8 g/km. Im Vorjahr lag der Wert bei 114,9 g/km.

Importeure legen zu

Die KBA-Daten zeigen außerdem, dass ausländische Automarken 2024 kräftig Marktanteile dazugewinnen konnten, allen voran Volvo (plus 39 Prozent) sowie die VW-Töchter Škoda und Seat (plus 22 und 15 Prozent). Oder sie vermochten verlorengegangenes Vertrauen zurückzuerobern, etwa Peugeot (plus 44 Prozent), Citroën (plus 33 Prozent) und Toyota (plus 27 Prozent).

Porsche ist Markenchampion – Audi Markenverlierer

Die Gewinner bei den Marken aus Deutschland sind Porsche (plus zehn Prozent), VW (plus drei Prozent) und Opel (plus zwei Prozent). Federn mussten die drei deutschen Premiumhersteller lassen: Audi mit minus 18 Prozent (Marktanteil 7,2 Prozent), Mercedes-Benz mit minus sieben Prozent (9,2 Prozent) und BMW mit minus 0,1 Prozent (8,3 Prozent). VW verbesserte sich auf einen Anteil von 19,1 Prozent und ist weiterhin der unangefochtene Marktführer.

Ungelöste Schwierigkeiten bei der Elektormobilität

Unter dem Strich lässt sich festhalten, dass die Nachfrageschwäche auf die immer noch ungelösten Schwierigkeiten der Elektromobilität trifft. Das kommt zur Unzeit, denn die traditionellen Autokonzerne befinden sich mitten in einer kostenintensiven und grundlegenden Transformation, bei der ihnen nun die sichergeglaubten Einnahmen aus dem E-Auto-Verkauf fehlen. Zudem müssen sie umplanen und ihre Verbrennermodelle länger anbieten als gedacht. Nicht zu schweigen davon, dass weniger E-Autos schlecht für das Klima sind und dass sich immer mehr Verbraucher um ihre Mobilität sorgen müssen.

Bekenntnis der Politik zur Autobranche gefragt

Gerade kurz vor der Bundestagswahl Ende Februar sind dies große Herausforderungen für die kandidierenden Parteien. Sie müssen die Wählerinnen und Wähler überzeugen, die richtigen Programme und auch den Willen zu haben, die kriselnde Automobilindustrie, das Herz der deutschen Wirtschaft, für alle gut durch die Transformation zu bringen und eine flächendeckende, bezahlbare Mobilität zu gewährleisten.

Autoren: Olaf Walther/Kristian Glaser (kb), Abbildungen: pixabay / Franz 26