//Hockenheim Historic: Das Jim Clark Revival

Hockenheim Historic: Das Jim Clark Revival

In Hockenheim dröhnten bei sehr gelockerten Pandemie-Regeln wieder die Motoren. Es wurden Rennen mit historischen Fahrzeugen gefahren, und die Zuschauer konnten die diesjährige wieder von Bosch gesponorte Hockenheim Historic am Wochenende in vollen Zügen genießen. Zu einem solchen Genuss zählte auch ein offenes Fahrerlager, diverse Randevents und der Schnuppergang in die Boxen. Zum 90-jährigen Jubiläum der Rennstrecke in der badischen Spargelmetropole fanden sich nach einem Jahr Durststrecke wieder Protagonisten aus der historischen Racing-Szene ein. Rund zehn Rennfelder aus den verschiedensten Epochen der Rennhistorie stellten sich dem Starter. Wobei der eine oder andere Teilnehmer nicht unbedingt sein historisches Schätzchen dem reinen Rennbetrieb aussetzen wollte, sondern lediglich einige harmonische Runden im Motodrom drehen wollte und folglich auch nicht in den Ergebnislisten auftauchte. Der ehemalige DTM-Fahrer S.K.H. Prinz Leopold von Bayern brachte seinen BMW 3.0 CSL mit und will mit dem Fahrzeug zeigen, dass es durchaus eine CO2-ärmere Zeit geben kann. Sein BMW kann mit ECO-Treibstoff und über 20 Prozent weniger CO2 und der Halbierung des Feinstaubs betrieben werden. Peter Mücke fuhr seinen legendären Ford Zakspeed Turbo Capri, mit dem Klaus Ludwig in der DTM der 1980er-Jahre um Lorbeeren und Punkte kämpfte.

Mit der ‚BOSS GP Racing Serie‘ wurden die Fahrzeuge aus der guten alten Formel-1-Bastion gezeigt, auf deren Karossen wohlklingende Namen wie Nigel Mansell (Lotus), Eddie Cheever (Ligier und Renault), Derek Warwick (Arrows und Renault), Philippe Alliot (Ligier) oder Silvio Moser aus der Schweiz noch prangten. Heutzutage sind diese Raritäten aus der glanzvollen Zeit der Formel-1 in den Händen von Privatfahrern, die mit diesen Rennwagen ihrem Hobby frönen. In diesem Jahr brachten die gemeldeten Fahrer allerdings nicht so hochkarätige Rennwagen an den Start. Die ältesten Formel-1-Boliden, zwei Benetton-Ford -B197 aus dem Jahr 1997, die von Ulf Ehninger (D) und Phil Stratford (UK) gefahren wurden. Mit einem Vorgängermodell, dem B195 wurde Michael Schumacher in den Jahren 1994 und 1995 Formel-1-Weltmeister. Für die Fans auf den Tribünen und im Fahrerlager waren das die imposantesten Fahrzeuge, allein durch ihre infernalischen Sound. Den Rest im Feld stellten die Dallara-Formel-2-Rennwagen, mit denen zwischen 2005 und 2011 in der FIA-Formel-2-Meisterschaft bzw. in der GP2-Serie gefahren wurde. In dieser Serie empfahlen sich schon seinerzeit Nico Rosberg (2005), Lewis Hamilton (2006), Timo Glock (2007), Nico Hülkenberg (2009) äußerst erfolgreich mit ihren Titeln der Meisterschaft in die Königsklasse der heutigen Formel-1.

Interessant waren auch die Fahrzeuge der ‚Historischen Formel 2‘, die in ihrer eigenen Formel 2-Europa-Meisterschaft zwischen 1970 und 1980 von sich reden machten. Knapp zwanzig Boliden standen am Start. Darunter sämtliche erfolgreichen Modelle von March, Brabham, Chevron und Ralt. Der Brite Matthew Watts brachte seinen March 782 mit der Startnummer 9 von 1978 nach Hockenheim, der von Marc Surer pilotiert wurde. In der 1978er Formel 2 Europameisterschaft fuhren Bruno Giacomelli und Marc Surer für das BMW Junior Team von March. Der Italiener siegte bei acht der zwölf Läufe und holte das Championat in dieser Saison. Da in all diesen Meisterschaftsjahren der Hubraum mehrmals wechselte, waren deutlich Unterschiede zwischen den einzelnen Rennexemplaren in den Rundenzeiten zu erkennen. In beiden Rennen siegte Thomas Amweg sehr souverän in seinem Ralt RT1.

Weiter Fahrer nahmen mit ihren sehr schönen Wagen unter dem Namen ‚Gruppe C Supercup‘ die Gelegenheit wahr, ihre Rennrunden zu drehen. Den auffälligsten Boliden, den rotgelben Gebhardt C90 aus dem Jahr 1987, steuerte der Rennprofi Marco Werner und gab dem Audi-5 Zylindermotor die Sporen. Lust auf Racing machten des Weiteren die legendären BMW 3.0 im Schnitzer Design aus dem Jahr 1974 oder der BMW M1 Sportwagen mit Peter Oberndorfer am Lenkrad. Faszinierend schön war auch der mit der Startnummer #90 gekennzeichnete Porsche Porsche 962, der mittlerweile auch schon über 30 Jahre auf dem Buckel bzw. dem Heckdeckel hatte. Einen Chevrolet Spice SE92 fuhr der Holländer Michiel Campagne. Im Rennen gab es mehrere Führungswechsel, die Piloten schenkten sich nichts, kämpften um jeden Millimeter und mussten so manchen Ausfall beklagen. Die Nase vorn hat im Ziel Michael Lions mit seinem Gebhardt JC 843 vor dem Niederländer Campagne und dem 70-jährigen Stanley Dickens im Gebhardt JC 853.

James ‚Jim‘ Clark (*4. März 1936), der schottische Grand Prix- Rennfahrer und zweifache Weltmeister als Namensgeber dieser historischen Veranstaltung in Hockenheim, wurde ausgiebig mit einer Ausstellung im Kongresspavillon des Fahrerlagers geehrt. Die Fans konnten Pokale, Rennanzüge, Helme sowie Modellautos und sehr viele Briefe aus seinen relativ kurzen Rennfahrerleben in verschiedenen Vitrinen ansehen. Der sympathische Farmer und Schafzüchter war einer der besten Formel-1-Rennfahrer der Geschichte und galt in jeglicher Hinsicht als Vorbild für danach kommende Fahrer und Champions. Bei einem relativ unwichtigen Formel-2-Rennen in Hockenheim verunglückte der Schotte am 7. April 1968. Ein vermutlich – und leider auch nicht bestätigter – schleichender Plattfuss an der Hinterachse ließ seinen Lotus 48 auf der langen und zur Ostkurve führenden Gerade plötzlich ausbrechen. Clark schleuderte gegen einen Baum und verlor auf tragische Weise sein Leben. Mit seinen bis dato erzielten 25 Siegen in zur Formel-1-Weltmeisterschaft zählenden Rennen, stellte Clark einen Rekord auf.

Text & Fotos: Eberhard Strähle (VdM)