//Verschiebungen auf dem Automarkt: Das Angebot bestimmt die Nachfrage

Verschiebungen auf dem Automarkt: Das Angebot bestimmt die Nachfrage

Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) wurden im März 241.000 Pkw neu zugelassen. Das bedeutet einen Rückgang um 18 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Für das gesamte erste Quartal 2022 beziffert das KBA das Minus auf fünf Prozent.

Eine der vielen Herausforderungen, vor denen die Branche steht, sind die empfindlichen Produktionsausfälle durch die andauernden Probleme mit Halbleitern, noch verstärkt durch die Folgen des Ukrainekrieges und eines neuen Lockdowns in China. Die Autohersteller reagieren darauf, indem sie vorhandene Mikrochips für margenreiche und strategisch wichtige Modelle reservieren, also für die Premium- und Elektroautos des jeweiligen Konzerns. Laut KBA stieg der Absatz von Oberklassefahrzeugen im März deutlich um 13 Prozent. Kleinst- und Kompaktwagenklasse brechen um jeweils ein Drittel ein.

Wie die konzerninterne „Halbleiter-Politik“ aussieht, zeigt sich beispielhaft bei Volkswagen. Während die Volumenmarken Seat, Škoda und VW Pkw Neuzulassungsverluste im März von 20 bis 30 Prozent hinnehmen mussten, kommen Audi und Porsche mit jeweils minus zwei Prozent sehr glimpflich davon.

Mit größeren Herausforderungen sind die – im Vergleich zum VW-Konzern – kleineren Premiumhersteller BMW und Mercedes-Benz konfrontiert. BMW sackte bei den Neuzulassungen im März um 16 Prozent ein und die Tochtermarke Mini um 35 Prozent. Mercedes hatte 26 Prozent weniger Neuzulassungen zu verzeichnen, Smart landete bei minus 31 Prozent. Audi über­nimmt mit einem auf 9,0 Prozent gestiegenen Marktanteil seit langem mal wieder die Führungsposition unter den drei deutschen Premiummarken, während Dauer-Primus Mercedes auf 8,4 Prozent abrutscht. BMW verliert ebenfalls und folgt dicht mit einem Marktanteil von 8,2 Prozent.

Nicht gut durch die Krise kommt Stellantis. Zwar konnte sich die US-Tochter Jeep um acht Prozent bei den Neuzulassungen verbessern, jedoch müssen Alfa, Citroën, Fiat und Peugeot Rückgänge von 20 bis 35 Prozent hinnehmen. Opel reduziert sich auf dem Heimatmarkt sogar um 38 Prozent.

Gleichzeitig entscheiden sich mehr und mehr Kunden für einen fahrbaren Untersatz mit alternativem Antrieb. Im März wurden 15 Prozent mehr reine Stromer gekauft als im Vorjahresmonat. Jeder siebte Neuwagen verfügt über einen reinen E-Antrieb. Dagegen lässt das Interesse an Plug-in-Hybriden nach. Von ihnen wurden laut KBA 23 Prozent weniger neu zugelassen als im März 2021.

Währenddessen ist die Verkehrswende in vollem Gange. Zwischen Januar und März waren 45 Prozent aller Neuzulassungen mit einem Elektro-, Hybrid-, Gas- oder Wasserstoffantrieb ausgestattet. Die reinen Benziner kamen auf einen Anteil von nur noch 35 Prozent, Diesel-Pkw brachen auf 20 Prozent ein.

Tesla ist Gewinner der Krise

Gewinner der Krise ist Tesla. Der US-amerikanische E-Auto-Hersteller konnte seine Neuzulassungen in Deutschland auf 8.000 Einheiten im März mehr als verdoppeln. Bei einem hauch­dünnem Rückstand konkurriert er mit Renault und Fiat um Platz vier im Importeurs-Ranking (Spitzenreiter bleiben Škoda, Seat und Hyundai). Teslas Model 3 ist bei den Käufern in Deutschland das beliebteste Elektroauto und der am meisten nachgefragte Vertreter der gesamten Mittelklasse.

Stärkste Marke auf dem deutschen Markt bleibt Volkswagen, auch wenn die Wolfsburger immer weiter Federn lassen. Im März wie im gesamten ersten Quartal büßten sie signifikant Marktanteile ein. Das Zulassungsminus im März betrug 32 Prozent und im Quartal 15 Prozent.

Das Angebot bestimmt derzeit die Nachfrage: Viele Hersteller können den Wünschen ihrer Käufer nicht entsprechen, so dass diese nicht selten zwölf Monate und länger warten müssen. Denn die Autoproduktion in Deutschland ist im März um 29 Prozent auf 268.000 Einheiten eingebrochen, wie der Verband der Automobilindustrie (VDA) bekanntgab.

Mit 200.000 exportierten Neufahrzeugen lagen auch die Ausfuhren erheblich unter dem Niveau des Vorjahresmonats. Der Rückgang betrug 35 Prozent. Ein Lichtblick für die Branche könnten die Auftragseingänge im Inland sein. Sie stiegen in den ersten drei Monaten des Jahres um 22 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2021. Jedoch: Die Aufträge aus dem Ausland gingen um elf Prozent zurück.

Angesichts der schwierigen Lage sieht sich der VDA gezwungen, seine Prognosen für das Wirtschaftsjahr 2022 nach unten zu korrigieren. Für die Inlandsproduktion geht der Verband nunmehr von einem Wachstum um sieben Prozent aus (vorher plus 13 Prozent), und bei der Auslandsproduktion rechnet er mit einer Steigerung um nur noch zwei Prozent (vorher plus fünf Prozent). Nach Einschätzung von VDA-Präsidentin Hildegard Müller kann die Aussicht noch düsterer werden. Zu den Anpassungen in der Prognose erklärte sie, dass diese eine „erste Reaktion“ auf den Krieg in der Ukraine und seine Folgen für die Lieferketten sowie auf die Weltkonjunktur seien. Wörtlich sagte sie: „Die äußerst dynamischen Umstände, insbesondere die mögliche Ausweitung der Sanktionen gegenüber Russland und zusätzliche Unsicherheitsfaktoren, wie mögliche Produktionsausfälle in China in Folge der Null-Covid-Strategie, könnten weitere Anpassungen der Prognosen in den kommenden Monaten erforderlich machen.“

Kristian Glaser (kb)
Foto: ZDK