//Meinung: Elektromobilität – mit viel Wenn und Aber

Meinung: Elektromobilität – mit viel Wenn und Aber

VdM-Kollege Klaus Ridder hat so seine ganz eigenen Ansichten zur Elektromobilität, die er hier in einem Meinungsbeitrag zusammengefasst hat. Über Ihre Kommentare zum Beitrag an michael.sommer@motorjournalist.de oder auf dem Facebook-Auftritt des VdM freuen wir uns. 

Ich war schon immer skeptisch gegenüber dem subventionierten Einsatz von E-Autos, zumal ich bezweifele, dass man damit das Klima retten oder schützen kann. Gleichwohl boomt der Verkauf dank Subventionen. Doch wo liegt der Haken und wer bezahlt das alles?

Vorab aber die grundsätzliche Bemerkung, dass ich im Prinzip nichts gegen E-Autos habe, sie fahren geräuschlos, aus dem Auspuff, den es ja nicht gibt, kommen keine Abgase und letztendlich ist ein E-Auto wohl auch wartungsfreier als ein Verbrenner. Und der Komfort, geräuschlos zu fahren, ist unschlagbar.

 Historie

Das erste Auto, das eine Geschwindigkeit von über 100 km/h erreichte, war 1899 ein E-Auto. In der Domstadt Köln, wo im Stadtteil Kalk die Batteriefabrik Hagen ansässig war, gab es um 1900 etwa 1.000 E-Autos. Ferdinand Porsche baute in Wien bei Lohner zur gleichen Zeit den Lohner-Porsche, dessen Nachbau noch heute im Stuttgarter Porschemuseum zu bewundern ist. Porsche baute auch schon ein Hybrid-Fahrzeug mit einzeln angetriebenen Rädern (Radnabenmotoren).

Das Problem von damals, das bis heute eigentlich nicht gelöst ist: Die Säurebatterien waren sehr schwer und reichten nur für eine sehr begrenzte Fahrstrecke. Allenfalls in Städten oder innerhalb von Fabrikanlagen konnte man solche Fahrzeuge verwenden. Ich erinnere mich noch daran, dass im zerbombten Hannover mit gelben E-Autos 1947 die Post ausgefahren wurde. Das heute in Aachen von der Bundespost hergestellte „Postauto“ gab es also schon einmal.

E-Autos und die Politik

Vor einigen Jahren setzte sich nun „politisch“ die Meinung durch, dass man mit E-Autos aufgrund des geringen CO2-Ausstosses das Klima schützen könnte – so glaubte man. Doch die Verbraucher hatten Bedenken und kauften die neuen E-Autos, die aufgrund des technischen Fortschritts nunmehr mit Lithium-Ionen-Batterien ausgerüstet waren, nicht. Wenngleich der neue Batterietyp tatsächlich viel besser ist als die 150 Jahre alte Säurebatterie. Der Durchbruch aber für eine zukunftsfähige Batterie lässt noch immer auf sich warten und wird wohl noch 20 bis 30 Jahre dauern.

Aber wenn etwas im Handel nicht funktioniert, dann wird das Produkt gefördert oder der Preis wird reduziert. Letzteres kam nicht in Frage, weil ja die Autoindustrie verdienen will und auch muss. Folglich wurde der Kauf subventioniert – je nach Fahrzeugtyp mit bis zu 9.000 Euro. Und es gab weitere Zugeständnisse, zum Beispiel die Benutzung von privilegierten Fahrspuren oder Steuerfreiheit für E-Autos. So allmählich lief der Verkauf an, aber der politisch erwartete Durchbruch blieb aus.

Emissionshandel – eine dubiose Praxis

Um den Verbrennermotor vom Markt verschwinden zu lassen, griff der Staat erneut ein: Hersteller, welche die angeblich emissionsfreien E-Autos bauen, bekommen dafür eine Art Gutschrift, die sie in Form von Zertifikaten sogar verkaufen können. Oder aber, wenn der Autohersteller weiterhin auch Verbrenner baut und dafür „Verschmutzungsgelder“ bezahlen muss, dann kann er die „sauberen Zertifikate“ (für E-Autos) mit den „schmutzigen Zertifikaten“ (für Verbrenner) aufrechnen.

Tesla beispielsweise baut nur E-Autos und hat damit viele der sogenannten „sauberen Zertifikate“. Die kann das Unternehmen auf dem Markt an Autobauer oder andere Industrieunternehmen verkaufen kann, damit die ihren CO2-Ausstoss kompensieren können.

Grundlage für diesen neuen Zuverdienst ist das „Gesetz zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote“ (kurz THG-Quote), das seit Anfang 2022 gilt. Es geht darin um die Vermeidung von CO2: Wer mehr CO2 einspart, als er tatsächlich ausstößt, wird finanziell belohnt. Wer dagegen mehr CO2 ausstößt, muss Strafgebühren zahlen. Das betrifft vor allem die Industrie, etwa große Produzenten von fossilen Energieträgern wie Shell oder BP.

Nun kaufen sich viele Unternehmen, die sehr hohe Emissionen verursachen, dadurch frei, indem sie „Verschmutzungsrechte“ über die genannten sauberen Zertifikate von anderen Marktteilnehmern erwerben. Diese Verschmutzungsrechte heißen Emissionszertifikate. Noch vor einem Jahr waren die Tesla-Einnahmen durch den Verkauf dieser Zertifikate hoch genug, um hohe Verluste im Kerngeschäft zu kompensieren.

Mit dem Gesetz sind Privatpersonen den großen Unternehmen nun in Deutschland gleichgestellt. So kommt neben Förderprämie, Kfz-Steuerfreiheit, Sonderabschreibung und anderen Vorteilen noch eine weitere staatliche Subvention für E-Auto-Halter hinzu. Denn auch Privatleute können die eigenen Zertifikate verkaufen. Der Handel läuft über Vermittler, die bündeln viele Zertifikate und nehmen mit diesen Zertifikaten an Versteigerungen für CO2-Rechte teil. Der private E-Auto-Besitzer bekommt dann seine Gutschrift nach Abzug der Provision des Vermittlers.

Metalle sind kostbar

Zur Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien sind besondere Metalle erforderlich, so Lithium, Nickel und Cobalt. Der Bedarf an diesen Metallen wächst. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Am Beispiel von Nickel lässt sich das jüngste Problem aufzeigen. Die London Metal Exchange (LME Börse) hat Anfang März 2022 den Handel mit Nickel ausgesetzt, nachdem die Preise auf Rekordhöhen gestiegen waren. Für die Herstellung von Batterien von Elektrofahrzeugen ist Nickel ein wichtiges Mineral. Der Preis des Rohstoffs war um mehr als 100 Prozent gestiegen und hatte 100.000 Dollar pro Tonne erreicht. Der Preis schoss in die Höhe, nachdem Russland, das 2021 etwa zehn Prozent des weltweiten Nickelangebots abgebaut hatte, in die Ukraine einmarschiert war und westliche Regierungen mehrere Sanktionsrunden gegen die russische Wirtschaft verhängt hatten.

Ein durchschnittliches E-Fahrzeug benötigt etwa 40 Kilogramm Nickel, während ein herkömmliches Auto davon nichts benötigt.

Die Volatilität auf dem Mineralienmarkt könnte laut einem 2021 veröffentlichten Bericht der Internationalen Energieagentur erhebliche Auswirkungen auf den globalen Elektrofahrzeugmarkt haben, der von Nickel, Kobalt, Lithium und anderen kritischen Mineralien für die Batterieproduktion abhängig ist. Ein durchschnittliches E-Auto braucht im Vergleich zu einem herkömmlichen Auto etwa das Sechsfache an seltenen Rohstoffen.

.Ökostrom – bewusste Irreführung

Der E-Auto-Fahrer „tankt“ an einer E-Säule und es wird ihm suggeriert, dass das natürlich „Ökostrom“ ist. Doch was ist Ökostrom? Eine Norm für Ökostrom gibt es nicht. So wird auch hier mit Zertifikaten gehandelt und, übertrieben gesagt, alles als „öko“ bescheinigt, was aus der Steckdose kommt. So glaubt der E-Auto-Fahrer mit Öko-Strom zu fahren, der aber in Wirklichkeit aus dem Strommix kommt in dem natürlich auch CO2-belasteter Kohlestrom enthalten ist. Also, auch hier eine erschwindelte Bilanz – öko ist nicht immer öko!

Resümee

Wer glaubt, mit der E-Mobilität das Klima retten oder schützen zu können, der ist schlecht beraten. Und wer glaubt, dass die E-Mobilität die Zukunft der Mobilität ist, der muss so lange warten, bis ein neuer Batterietyp erfunden wird – also noch Jahrzehnte?

Klaus Ridder