Jugendliche Kraftfahrer haben mit Abstand das höchste Unfallrisiko im Straßenverkehr. Das belegen Statistiken. Demnach ist die häufigste Unfallursache bei jungen Fahrerinnen und Fahrern nicht angepasste Geschwindigkeit. Danach folgen Unterschreitungen des Sicherheitsabstandes sowie Fahrfehler beim Abbiegen, Wenden oder Rückwärtsfahren, wie die Deutsche Verkehrswacht berichtet. Aber auch durch Fahren unter Einfluss von Alkohol oder Drogen werden junge Menschen auffällig. Inwieweit riskantes Fahrverhalten Jugendlicher von Gleichaltrigen beeinflusst wird, hat die Bundesanstalt für Straßenwesen (Bast) in einer Studie untersucht. Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen die Annahme, dass vom Freundkreis erhebliche Auswirkungen auf das Verhalten junger Fahrerinnen und Fahrer im Straßenverkehr ausgehen.
Das Bild von jugendlichen Rasern oder Verkehrsrowdys ist verbreitet. Tatsächlich wissen Verkehrssicherheitsexperten, dass bei jungen Fahrern häufig geringe Fahrerfahrung mit Selbstüberschätzung sowie einem weniger stark ausgeprägten Risikobewusstsein einhergeht. Dies bedingt die hohe Unfallbeteiligung junger Fahrer. Laut Unfallstatistik sind Fahrer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren an knapp einem Drittel aller Autounfälle beteiligt, bei denen Personen verunglücken. Dem steht ein Anteil dieser Gruppe an der Gesamtbevölkerung von lediglich 10 Prozent gegenüber.
Um die Zahl der Unfälle bei jungen Fahrern zu verringern, hat der Gesetzgeber unter anderem den Führerschein auf Probe und das Begleitete Fahren mit 17 eingeführt. Insbesondere die letztgenannte Maßnahme soll das Anfängerrisiko durch den früheren Aufbau von Fahrpraxis mildern. Dennoch bleibt der Einfluss von Gleichaltrigen auf das Fahrverhalten von „Rookies“ am Steuer signifikant, wie die Bast in ihrer Studie zum „Einfluss gleichaltriger Bezugspersonen (Peers) auf das Mobilitäts- und Fahrverhalten junger Fahrerinnen und Fahrer“ herausfand. Dabei ging es gezielt um die Frage, ob und wie sehr riskantes Fahrverhalten junger Leute durch Merkmale des Freundeskreises, der sogenannten Peer-Gruppe, erklärt werden kann.
Um die Forschungsfrage beantworten zu können, wählten die Autoren der Untersuchung einen methodischen Ansatz, bei dem repräsentativ 311 junge Pkw-Fahrerinnen und Fahrer zwischen 18 und 24 Jahren sowie jeweils drei von ihnen benannte gute Freunde ausführlich zu verkehrssicherheitsrelevanten Aspekten befragt wurden. Somit belief sich die Zahl der Studienteilnehmer auf insgesamt 1.244 Personen. Für ihre Analyse konzentrierten sich die Studienleiter der Bast auf drei unterschiedliche Formen des Risikoverhaltens beim Autofahren, die erfahrungsgemäß insbesondere bei jungen Fahrern häufig anzutreffen sind. Dazu zählten:
- Fahren mit deutlich erhöhter Geschwindigkeit (Speeding),
- Fahren nach dem Konsum von Alkohol (Drink and Drive) und
- Handybenutzung während des Fahrens (Texting).
Anhand dieser Risikoverhaltensweisen wurde untersucht, wie stark diese Handlungen von Merkmalen der Person selbst sowie von Merkmalen der Peer-Gruppe der betreffenden Person beeinflusst werden. Es ging also auch darum, zu hinterfragen, wie die Freunde das Verhalten im Straßenverkehr der jungen Fahrer beurteilen und bewerten. Denn gerade in dem Alter können eigene Handlungen und eigenes Gebaren maßgeblich von der Akzeptanz im Freundeskreis bestimmt werden – Stichwort: Gruppendruck.
Als Ergebnis der Studie teilte die Bundesanstalt mit, dass der starke Einfluss der Peer-Gruppe auf das Risikoverhalten junger Fahrerinnen/Fahrer klar nachgewiesen werden konnte. Demnach kann etwa ein Drittel des jeweiligen Risikoverhaltens der Test-Personen durch Merkmale der Peer-Gruppe erklärt werden. Anders ausgedrückt heißt dies, dass sich ein junger Fahrer im Straßenverkehr wahrscheinlich umso riskanter verhält, je öfter er (oder sie) ein entsprechendes Risikoverhalten bei den Freunden wahrnimmt. Allerdings stellten die Verfasser der Bast-Studie ebenfalls fest, dass junge Fahrerinnen und Fahrer vielfach ganz falsche Vorstellungen von der Risikoakzeptanz und vom Risikoverhalten ihrer Peer-Gruppe haben. Häufig wird beides überschätzt. Bedenklich stimmt in dem Zusammenhang, dass eine höhere Risikobereitschaft bei jungen Menschen häufig durch eine übersteigerte Einschätzung der eigenen Fähigkeiten als Autofahrerin bzw. Autofahrer verstärkt wird.
Deshalb sollten die erforderlichen Maßnahmen zur Verkehrssicherheitsberatung oder -erziehung für junge Fahrerinnen und Fahrer unbedingt immer auch deren Peer-Gruppen miteinbeziehen, folgert die Bast aus der Studie. Diese Ausrichtung erhält demnach zusätzliches Gewicht dadurch, dass junge Fahrerinnen und Fahrer das Risikoverhalten ihrer Peers überschätzen, also von der Realität abweichende Vorstellungen vom Risikoverhalten bzw. der Risikobereitschaft ihrer Bezugsgruppe haben. Daher empfiehlt die Bundesanstalt auch „kommunikative Maßnahmen zur Korrektur dieser Vorstellungen“.
Hier gibt es die Bast-Studie zum Download
(Text und Zeichnung: Goslar Institut)