//Ideen zur Elektromobilität von morgen

Ideen zur Elektromobilität von morgen

Rechtzeitig vor dem Autogipfel im Kanzleramt am 24. Juni 2019 besuchten am 19. Juni 2019 VdM Mitglieder und andere Wissenshungrige die Universität der Bundeswehr München. Ziel war ein Einblick in die Forschungstätigkeiten des Lehrstuhls für Elektrische Antriebstechnik und Aktorik (EAA) unter Prof. Dr.-Ing. Dieter Gerling sowie eine aktuelle Einschätzung des Themas Elektromobilität.

Mit insgesamt 50 bis 60 hoch qualifizierten Mitarbeitern am Lehrstuhl für Elektrische Antriebstechnik und Aktorik (EAA) bewegt Prof. Gerling einiges in der Branche. So verfügt der früher in der Automobilwirtschaft tätige Ingenieur am Institut der Universität der Bundeswehr München nicht nur über eine eigene Werkstatt, sondern auch über ein modernes Labor für Prototypenbau. Für Gerling, der seit Jahren auch in China aktiv ist und dort seit 2016 „Lu Jiaxi“ Gastprofessor am Haixi Institut der Chinesischen Akademie der Wissenschaften ist, ist überzeugt, dass das Labor der Universität der Bundeswehr München „das beste der Welt“ ist. So seien hier die Forschungsmöglichkeiten angesichts hoher jährlicher Investitionen in modernste Geräte hervorragend.

FEAAM GmbH für übergreifende Technologiekonzepte mit der Industrie

Um neben der Grundlagenforschung über den Lehrstuhl hinaus auch bei übergreifenden Technologiekooperationen mit der Industrie rund um Konzeptfindung und Design flexibel agieren zu können, wurde 2006 die FEAAM GmbH ins Leben gerufen. Diese Firma verfügt über ein großes Netzwerk für den Prototypenbau, das bis China reicht. Großer Vorteil von FEAAM: Hier besteht die Möglichkeit, unbefristet angestellte Mitarbeiter einzustellen, die je nach Auftraggeber Forschungsprojekte unter verschiedenen Vorgaben durchführen können. Das größte Geschäft macht die FEAAM mit der Automobilindustrie und ihren Zulieferern (zwei Drittel), gefolgt vom Flugzeugbau (unter einem Drittel) sowie unter anderem mit Kraftwerksbau, Pumpen- oder Aufzugsherstellern.

Volabo GmbH: neuartige Technologie für Elektroautos

Um eines der wegweisenden Forschungsergebnisse des Lehrstuhls im Bereich Elektromobilität, die Technologie ISCAD (Intelligent Stator Cage Drive), ebenfalls treffsicher für die Industrie umsetzen zu können, hat Prof. Gerling 2016 das Unternehmen Volabo GmbH gegründet. Mit der ISCAD-Technologie wurde dort ein System entwickelt, das größere Reichweiten und gleichzeitig reduzierte Kosten für Elektroautos ermöglicht. Damit ist es laut Gerling möglich, Schlüsselparameter der Elektromobilität nicht in der Batterie, sondern im Antrieb zu optimieren. Dies eröffne der Automobilindustrie einen wesentlichen Innovationsschub in Richtung nachhaltige Mobilität.
Der neuartige Elektroantrieb ist laut Gerling effizienter als herkömmliche Elektromotoren, benötigt keine seltenen Erden bei der Produktion und ist damit nachhaltig und ressourcenschonend. Prof. Gerling: „Ging der Trend der Elektromobilität bisher in Richtung 400 bis 800 V, so geht Volabo einen anderen Weg. Mit 48 V Systemspannung wird hier ein neues System geschaffen, das auch im Fall eines Unfalls absolut sicher ist.“ Im Unterschied zu den seit nahezu 130 Jahren in Elektromotoren verwendeten komplizierten Kupferwicklungen nutzt ISCAD einfache Aluminiumstäbe. Durch die individuelle Ansteuerung dieser Stäbe kann erstmals ein virtuelles Getriebe erzeugt werden, das in der Wirkung vergleichbar mit dem Schaltgetriebe bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor ist. Gerling: „Der Motor passt sich so permanent an die Fahrsituation an und ermöglicht enorme Energieeinsparungen gegenüber konventionellen Elektroantrieben.“

Die Zukunft der Automobilindustrie ist elektrisch

Prof. Gerling ist überzeugt, dass der künftige Antrieb im Pkw elektrisch sein wird. „Wenn man es richtig macht, ist auch die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Elektromotors geringer als beim Verbrenner, denn beim Elektromotor kann kaum etwas kaputt gehen“, stellt Gerling klar. Ausschlaggebend für den Erfolg der Branche in Deutschland und Europa sei allerdings, wer künftig die wesentlichen Technologien des Autos beherrsche: Fahrwerk, elektrischer Antriebsstrang (Batterie, Leistungselektronik, Elektromotor) und autonomes Fahren. „Es gilt heute mehr denn je, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Aber genau das darf man von erfahrenen Konzernvorständen erwarten“, betont der Uniprofessor.

Damit sich die Teilnehmer der Veranstaltung zum Thema Elektromobilität auch von der praktischen Seite her informieren konnten, gab es zum Abschluss noch die Möglichkeit, mit einem Tesla Model S versus einem konventionell angetriebenen BMW über die 2,7 Kilometer lange Teststrecke auf dem Gelände der Universität der Bundeswehr München, die auf einem ehemaligen Militärflughafen liegt, zu sausen. Eine gelungene Veranstaltung mit einem starken Wissenstransfer! Danke an den Gastgeber!

Die Gastgeber und Fahrer der Testfahrzeuge an der Universität der Bundeswehr München am 19. Juni (v.l.): die Studenten Max Hüsgen und Julius Wagner, Christiane Geithner, Pressestelle, Prof. Dr.-Ing. Dieter Gerling, Michael Brauns, Leiter der Pressestelle, und Dr.-Ing. Andreas Greifelt, FEAAM

Text und Fotos: Isabella Finsterwalder