//Motorsportlegende Jochen Mass gestorben: Ein Nachruf

Motorsportlegende Jochen Mass gestorben: Ein Nachruf

Motorsportlegende Jochen Mass ist nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 78 Jahren gestorben. Er war nach Ära Graf Trips der einzige deutsche Rennfahrer, der ein Formel 1 Rennen gewonnen hatte. In der Formel 1 fuhr er immerhin im Spitzenteam von McLaren und wurde Sieger beim tragischen Rennen am Montjuich in Barcelona. Nach der Formel 1-Zeit fuhr er erfolgreich Sportwagenrennen u.a. für Porsche, Sauber und Mercedes und war nach seiner aktiven Zeit in der Motorsportszene beliebter Gast bei historischen Rennveranstaltungen oder auch Oldtimermessen. Doch der Reihe nach.

Geboren wurde Jochen Mass am 30.9.1946 in Dorfen ( Bayern, östlich von München) geboren. Sein Vater starb früh mit 42 Jahren. Seine dann alleinerziehende Mutter kam über München nach Frankenthal (Rheinland-Pfalz). Kurz vor dem Abi verließ Jochen Mass das Gymnasium und wurde Seemann für 3 Jahre mit Fahrten auf allen Weltmeeren. Die Karriere als Rennfahrer begann zunächst als Besucher des Eberbacher Bergrennen. Dort kam der Entschluss, Rennfahrer zu werden und bereits 1968 erfolgte dort auch der erste Start auf einer Alfa Giulia Super – die Zuschauer waren begeistert von dem jungen Anfänger, der querstehend die engen Kurven durch raste . Es folgten Rennen mit vielen Erfolgen – das „Naturtalent“ Jochen Mass wurde entdeckt. Bis zur Formel 1 jedoch vergingen noch ein paar Jahre. Gleichwohl war Ford auf den ehemaligen Seemann aufmerksam geworden und unterstütze ihn in der englischen Formel 3. Im Jahr 1972 wurde Mass Tourenwageneuropameister und 1973 bereits F2-Vize-Europameister im Team von John Surtees. Das Interesse an dem deutschen Naturtalent war groß.

105 Grand Prix Rennen und ein Sieg

Bereits 1973 erfolgte sein Debüt beim Großen Preis von England in einem Surtees Rennfahrzeug. Ausfall durch Kollision, aber schon Siebenter beim Folgerennen auf dem Nürburgring und 1974 bereits ein Vertrag für die volle Saison bei der Surtees Racing Organisation. Der Surtees Formel 1 war jedoch nicht zuverlässig – ständige Ausfälle. Daher wechselte Mass Ende der Saison in das Spitzenteam von McLaren. Mehrere Male in den Punkten und ein Sieg beim Großen Preis von Spanien. Das war das Rennen mit dem Unfall von Rolf Stommelen, der aufgrund eines gebrochenen Heckflügels in die Zuschauer raste (fünf Zuschauer starben). Rennabbruch und Sieger wurde Jochen Mass, der zum Zeitpunkt des Unfalls führte – aber nur die halbe Punktzahl bekam, weil das Rennen vor dem regulären Ende abgebrochen wurde. Im Jahr 1976 führte Jochen Mass wieder einmal bei einem Unglücksrennen, es war der Große Preis von Deutschland auf dem Nürburgring. Niki Lauda verunglückte im Streckenabschnitt Bergwerk schwer. Das Rennen wurde abgebrochen und nach dem Neustart schied Mass mit Getriebeschaden aus. Bei McLaren stand er im Schatten von James Hunt, der 1976 auch Weltmeister wurde. Der Vertrag bei McLaren wurde für Jochen Mass Ende 1977 nicht verlängert – man warf ihm unter anderem mangelnde Professionalität vor, weil er nebenbei auch das Leben genoss und mit seiner Yacht auf den Weltmeeren unterwegs war. Es folgten „erfolglose“ Jahre bei ATS, Arrows und March – auch bedingt durch die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit dieser Rennwagen. Mass hatte schließlich keine Lust mehr an der Formel 1 – nach 105 Grand Prix in der Zeit von 1973 bis 198; immerhin mit einem Sieg und zwei Mal der schnellsten Rennrunde.

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Erfolge mit Rennsportwagen

Nach den Formel 1-Jahren folgten erfolgreiche Jahre bei Langstreckenrennen mit Porsche, Sauber und Mercedes – so wurde Jochen Mass 1984 Vize-Weltmeister, 1988 Sportwagenweltmeister und Sieger bei den 24h-Rennen in Le Mans. In dieser Zeit förderte er auch den jungen Michael Schumacher, der mit ihm zusammen ein Team bei Mercedes bildete. Mit Michael Schumacher verband ihn eine lange Freundschaft.

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Begehrt bei historischen Motorsportveranstaltungen

Nach der erfolgreichen Motorsportkarriere war Jochen Mass gern gesehener Gast bei historischen Motorsportveranstaltungen, oftmals bewegte er Rennwagen aus den Museen von Mercedes und Porsche, so auch bei der historischen Mille Miglia, in Goodwood oder auch auf dem Nürburgring. Einmal durfte der Autor dieses Beitrags miterleben, wie er einen Vorkriegs-Mercedes von Rudolf Caracciola  hoch auf den Petersberg in Königswinter (Siebengebirge) durch die engen Serpentinen fuhr. Jahrelang kommentierte Jochen Mass als Kenner der Materie Formel 1-Rennen bei RTL. Auf Oldtimermessen wie der Essener Motorshow war Jochen Mass als Gast immer zu sehen. Auch die Classic Days auf Schloss Dyck besuchte er und bewegte auch dort historische Rennwagen über die Piste rund um das Wasserschloss. Zuletzt lebte Jochen Mass zurückgezogen in Südfrankreich.

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Abschlussworte

Zum Abschluss möchte der Autor dieses Beitrags die Worte von Rennfahrer Marco Werner zitieren: „Mach’s gut Jochen! Eine deutsche Motorsportlegende hat das Fahrerlager für immer verlassen. Grand Prix Sieger, Le Mans Gewinner und eine große Persönlichkeit des Motorsports, die mir als Mentor auch einiges mit auf den Weg gegeben hat. Dafür bin ich sehr dankbar. Traurig aber doch dankbar für die Momente die wir erlebt haben, RIP Jochen.“

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Autor: Klaus Ridder, Abbildungen: Klaus Ridder; Ausnahmen Abb.2 Archiv Klaus Ridder und Abb. 4 Geschi Ridder

Abb. 1 (Aufmacherbild): Jochen Mass: In den 70iger Jahren erfolgreichster deutscher F1-Rennfahrer

Abb. 2: Unglücksrennen in der Formel 1: Beim Unglücksrennen 1976 auf dem Nürburgring führte Jochen Mass das Feld an und war schon vorbei, als Niki Lauda verunglückte.

Abb. 3: Mass-Schumacher-Kombo: Zusammen mit Michael Schumacher fuhr Jochen Mass Rennsportwagen der Gruppe C. Mass war Schumachers „Lehrmeister“.

Abb. 4: Persönliches: Mass mit Klaus Ridder, dem Auto dieses Artikels

Abb. 5: Mit Mercedes unterwegs: Bei Oldtimerveranstaltungen fuhr Jochen Mass immer mal wieder historische Rennwagen, hier auf dem Nürburgring – noch mit einem fast lesbaren Autogramm.

Abb. 6: Hoch auf dem Petersberg: Anlässlich einer Gedenkveranstaltung zu Ehren von Rudolf Caracciola fuhr Jochen Mass mit einem Mercedes hoch hinauf auf den Petersberg im Siebengebirge bei Bonn.