//Zahl der Verkehrstoten stagniert

Zahl der Verkehrstoten stagniert

Die Zahl der Verkehrstoten auf deutschen Straßen wird im Jahr 2024 voraussichtlich auf dem Niveau von 2023 bleiben. Nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) auf Basis vorliegender Daten für den Zeitraum von Januar bis September werden 2024 rund 2 830 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben kommen. Im Jahr 2023 waren es 2 839 Getötete. Ihren bisherigen Tiefststand hatte die Zahl der Verkehrstoten im Jahr 2021 mit 2 562 getöteten Personen erreicht.
Auch die Zahl der Menschen, die im Straßenverkehr verletzt wurden, wird 2024 mit rund 370 000 Menschen auf dem Vorjahresniveau verbleiben (2023: 366 557 Verletzte). Die Zahl der polizeilich erfassten Unfälle wird voraussichtlich bei rund 2,5 Millionen liegen und stagniert damit im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls (2023: 2,52 Millionen Unfälle). Dies gilt sowohl für die Zahl der Sachschadensunfälle mit rund 2,2 Millionen als auch für Unfälle mit Personenschaden mit rund 290 000 Unfällen.

Die kürzlich veröffentlichten Zahlen sorgen für reichlich Gesprächsstoff.

DVR fordert entschlossenes Handeln

DVR-Hauptgeschäftsführer Stefan Grieger kommentiert: „Die stagnierenden Zahlen der Verkehrstoten sind ein Alarmsignal: Wir dürfen bei der Verkehrssicherheitsarbeit nicht nachlassen. Prävention und konsequente Kontrollen müssen Hand in Hand gehen, denn jedes Menschenleben zählt. Wir müssen uns als Gesellschaft fragen, ob wir es weiterhin hinnehmen wollen, dass täglich acht Menschen im Straßenverkehr sterben und unzählige schwer verletzt werden. Solche Zahlen wären im Flugverkehr undenkbar. Wenige Wochen vor der Bundestagswahl sollten wir das Thema Verkehrssicherheit überall zur Sprache bringen – in der Politik, den Medien und auch im persönlichen Umfeld.“

Die unveränderten Zahlen verdeutlichen, wie notwendig verstärkte Bemühungen für mehr Sicherheit auf den Straßen seien. Jeder Unfall sei einer zu viel. Hinter jeder Zahl stünden persönliche Schicksale – Familien, deren Leben sich für immer verändert hat, und oft tragische Verluste. Innovative Verkehrskonzepte, konsequente Kontrollen und präventive Maßnahmen wie Sensibilisierungskampagnen sind notwendig, um die Vision Zero Wirklichkeit werden zu lassen.

Zuviel Klein-Klein

Siegfried Brockmann, Geschäftsführer Verkehrssicherheit und Unfallforschung bei der Björn-Steiger-Stiftung, hat auf dem Businessportal LinkedIn seine Sichtweise kundgetan:

Stagnation bei allen Zahlen! Und für alle, die an Verbesserungen arbeiten, ist das enttäuschend. Warum:
– Nach dem Corona-Knick ging es 2023 wieder leicht aufwärts. Aber die Zahlen blieben deutlich unter 2019. Das hängt aber vor allem damit zusammen, dass die Kfz-Fahrleistung wegen Homeoffice und – durch Video-Konferenzen – durch seltenere Dienstreisen deutlich unter 2019 verblieb.
– Die Fahrleistungen für 2024 kennen wir noch nicht, ich gehe aber davon aus, dass die sich zumindest für Pkw auf dem Niveau von 2023 verstetigt haben.
– Das bedeutet aber, dass die Arbeit vieler Akteure einfach nur nichts bewirkt hat, sei es die diversen Kampagnen, seien es verbesserte Assistenten, seien es Verbesserungen in der Infrastruktur.
– Fest steht, dass wir von Vision Zero wirklich meilenweit entfernt sind und das Ziel der Bundesregierung, Reduktion der Getöteten um 40 Prozent für diese Dekade, schon heute unrealistisch erscheint.
– Aus meiner Sicht liegt das daran, dass wir zu viel Klein-Klein basteln und zu großen Würfen der Anspruch und der politische Wille fehlt.
– Was wären größere Würfe: Alkolocks zumindest im Güterfernverkehr, gern aber mittelfristig auch in allen Fahrzeugen, ISA (Intelligent Speed Assist) nicht nur warnend, sondern zumindest stark haptisch, Anordnungsmöglichkeit für Tempo 30 deutlich erleichtern. Und endlich: Fußgängerquerungen, da wo wir sie wirklich brauchen.

Gegenüber motorjournalist.de betonte Brockmann ergänzend: „Aus der anschließenden Debatte ist mir deutlich geworden, dass ich mich verkürzt ausgedrückt habe. Natürlich haben auch viele andere Maßnahmen ihre Berechtigung. Mir kommt es aber auf die Botschaft an, dass wir große Erfolge nur noch erzielen werden, wenn wir die individuelle Freiheit beim Fahren einschränken. Und genau das ist eben in Deutschland und Europa so schwierig und erinnert mich etwas an die Debatte um das Waffentragen in USA. Wenn mir von der Initiative max. 80 in Bezug auf meine Alkolock-Forderung entgegengehalten wird, dass das Fehlverhalte einer Minderheit von allen „ausgebadet“ werden müsste und das sei doch ungerecht, ist das genau die Analogie. Die allermeisten Waffenträger ballern dort nämlich auch nicht um sich“.

(bic)
Fotos: Pixabay, DVR, Björn-Steiger-Stiftung