//Gefährliche Landstraßen: Autos und Radfahrer nicht auf eine Fahrbahn

Gefährliche Landstraßen: Autos und Radfahrer nicht auf eine Fahrbahn

Unfallforscher weisen auf die Gefahren hin, die auf Landstraßen für Radfahrer lauern. Besonders problematisch sind nach Erfahrung der Unfallforschung der Versicherer (UDV) Kreuzungen, Sichtbehinderungen und hohes Tempo.

 Das Fahrradfahren boomt, doch die Verkehrswege in Deutschland sind immer noch auf den Autoverkehr ausgerichtet. Erst mit dem vor einigen Jahren einsetzenden Trend zum Radeln werden verstärkt Fahrradwege angelegt oder alte Rumpelpisten modernisiert. In punkto Sicherheit bereiten nach wie vor Landstraßen Sorgen. Das wurde jetzt durch eine wissenschaftliche Untersuchung der Unfallforschung der Versicherer (UDV) bestätigt.

UDV Studie analysiert 10.000 Fahrradunfälle auf Landstraßen

Für die Studie analysierten die Unfallforscher insgesamt 10.000 Fahrradunfälle auf Landstraßen in neun Bundesländern, davon schauten sie sich 400 Unfallhergänge im Detail an. Die traurige Bilanz: Auf Deutschlands Landstraßen verunglücken jede Woche durchschnittlich vier Radfahrer tödlich und 58 werden schwer verletzt – rund 30 Prozent mehr als vor zehn Jahren. Insgesamt verloren im vergangenen Jahr 289 Radfahrerinnen und Radfahrer im Verkehr ihr Leben, ganze 3.000 erlitten schwere Verletzungen.

Radfahrer, Fußgänger, Motorradfahrer: ungeschützte Verkehrsteilnehmer

Fahrradfahrer gehören wie Fußgänger und Motorradfahrer zu der Gruppe der ungeschützten Verkehrsteilnehmer, denn sie haben keine schützende Karosserie um sich. Dadurch tendiert die Chance, einen Unfall unverletzt zu überstehen, gegen null. Für das „Hauptproblem“ der Radfahrer hält UDV Leiterin Kerstin Zeidler die Landstraße, weil die mit hohem Tempo sich nähernden Autofahrer „immer wieder“ die schmale Silhouette der Radler übersehen. In der Statistik drückt sich das so aus, dass in den allermeisten Fällen der Autofahrer die Schuld trägt, wenn es zu einem Zusammenstoß zwischen Radfahrer und Auto kommt. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass „jeder dritte Radunfall außerorts ohne weitere Beteiligte, etwa bei Stürzen, passiert“, wie in der UDV Studie festgestellt wird.

Autos auf Landstraßen als größte Gefahr für Radfahrende

Die größten Gefahren für Radfahrerinnen und Radfahrer sind also Autos auf Landstraßen. Noch problematischer wird diese Konstellation an Kreuzungen. Hier geschehen laut UDV zwei Drittel der schweren Crashs zwischen Radler und Auto – mit einer Besonderheit: Verursacher sind mehrheitlich die Radfahrenden. weil sie beispielsweise den Autofahrern die Vorfahrt neh­men. Auch das hat Gründe, wie die Unfallforscher der Versicherungswirtschaft hervorheben. „Unsere Analyse ausgewählter Unfallstellen zeigt, dass oft ein eigener Radweg fehlt“, merkt Zeidler an. An zwei von drei Unfallstellen fielen den Experten Sichthindernisse auf, und an jeder zweiten Unfallkreuzung fahren Autos schneller als 70 km/h. Als wenig geeignet haben sich außerdem Radwege erwiesen, die in zwei Richtungen befahrbar sind. Von rechts kommende Radler mit Vorfahrt werden dann leicht übersehen.

Radwege abseits der Straßen ausbauen oder neue anlegen

Die Schlussfolgerungen der UDV-Wissenschaftler sind eindeutig. Sie fordern von den Behörden die Schaffung sicherer Übergänge für Radfahrende und die Beseitigung von Sichthindernissen. An schlecht einsehbaren Kreuzungen sollte die Geschwindigkeit begrenzt werden, und dort, wo es öfter kracht oder besonders schwere Unfälle zu verzeichnen sind, würde der Bau von Radwegen die Sicherheit erhöhen. Ganz generell sagt Unfallforscherin Zeidler: „Schnelle Autos und ungeschützter Radverkehr gehören wegen der großen Geschwindigkeitsunterschie­de nicht auf eine Fahrbahn.“ Doch für Landstraßen existieren nicht einmal Vorgaben, wie sie für Städte gelten, dass etwa bei einem Autoverkehr von mehr als 50 km/h der Radverkehr räumlich zu trennen ist.

Die Studie zeigt auch, dass Autofahrer häufig bei schlechter Sicht oder in der Dämmerung auf Radfahrer auffahren. Um für Zweiradfahrer wirklich mehr Sicherheit im ländlichen Raum zu schaffen, sollten die Radwege abseits der Straßen ausgebaut oder neue angelegt werden. Bestehende Wirtschaftswege für Radler freizugeben wäre eine weitere Option.

Was selbst getan werden kann

Da auf Landstraßen jederzeit mit Zweiradfahrern gerechnet werden muss, sind Vorsicht und Rücksicht angesagt. Für Autofahrer heißt es, runter vom Gas und bremsbereit sein, wenn sie einen Drahtesel sichten. Die Radler ihrerseits sollten bereits bei der Tourenplanung auf die eigene Sicherheit achten und Landstraßen, auf denen schnell gefahren wird, meiden. Da ist es besser, wenig befahrene Umwege in Kauf zu nehmen. Auf jeden Fall sollten Radfahrerinnen und Radfahrer helle Kleidung sowie eine reflektierende Sicherheitsweste tragen und auf eine gute Beleuchtung rund ums Rad achten, damit sie auch bei schlechtem Wetter, eingeschränkter Sicht oder beginnender Dunkelheit von den Autofahrern gesehen werden. Einfacher kann eine Lebensversicherung nicht sein.

 Autorin: Beate M. Glaser (kb), Abbildung: pixabay / photim