//Langstreckenmeisterschaft Nürburgring 2024: Unsichere Zukunft nach OLG-Urteil

Langstreckenmeisterschaft Nürburgring 2024: Unsichere Zukunft nach OLG-Urteil

Die Rennen der Langstreckenmeisterschaft auf der Nordschleife des Nürburgrings, die auf eine über 40jährige Tradition zurückblicken kann, sind beliebt bei den Zuschauern, die bei den Rennen zu Tausenden an die Nordschleife strömen. Die Rennserie kann. Doch nun ist „Sand ins Getriebe“ gekommen, die Gerichte wurden angerufen und das OLG Koblenz hat am 4. Januar 2024 ein Urteil gefällt – mit dem man wohl langfristig auch nicht leben kann. Langfristig aber ist eine einvernehmliche Lösung aller Streitparteien dringend erforderlich, um 2025 einen Neuanfang zu starten. Im Jahr 2024 wird man mit Kompromissen leben müssen.

Historie – Russe kauft den Nürburgring

Das Problem „Nürburgring“ begann nach der Jahrtausendwende. Man wollte den Nürburgring langjährig aktiv machen und baute eine riesige Erlebniswelt mit Hotels, Restaurants, Spielcasino, „Achterbahn“ (ringracer“) usw. Doch das Projekt scheiterte, weil die Finanzierung nicht gesichert war und die Kosten aufgrund eines kalten Winters 2009 sprunghaft in die Höhe gingen. Auch spielten die Medien nicht mit, alles in Sachen Nürburgring wurde praktisch kritisiert. Die Zuschauer blieben aus. Der Nürburgring war pleite. Das Land Rheinland-Pfalz zahlte als Bürge über 400.000 000. Euro und verkaufte den Ring zu einem Niedrigpreis von etwa 70.000.000 Euro an den russischen Oligarchen Wiktor Charitonin. Damit fing das eigentliche Dilemma an: Wechselnde Geschäftsführer, auch weil der russische Besitzer oftmals andere Vorstellungen hatte als die Geschäftsführung. Letztes „Opfer“ war Mirco Markfort, der 2021 die Nürburgring GmbH verließ und nunmehr Geschäftsführer der Arena in Oberhausen ist. Und letztendlich ist die heutige Misere der Langstreckenmeisterschaft auch eine Folge vieler falscher Entscheidungen.

Erfreulich war, dass beim Verkauf das sogenannte „Nürburgringgesetz“ geschrieben wurde, das festlegt, dass der Nürburgring allen Veranstaltern grundsätzlich zur Verfügung gestellt werden muss.

Nach dem Start rasen die PS-Boliden auf die erste Kurve vor der AMG-Arena zu

Die Veranstaltergemeinschaft Langstreckenrennen Nürburgring (VLN) veranstaltet seit 2017 gemeinsam mit dem Nürburgring (genauer Nürburgring Holding) die Nürburgring-Langstrecken-Serie (NLS). Das ging jahrelang auch gut. Doch die Geschäftsführung des Nürburgrings wollte mehr Einfluss auf die Serie haben, weil der ADAC als Veranstalter mehrerer Läufe zur NLS-Langstreckenmeisterschaft zu mächtig wurde? Hierzu ist zu bemerken, dass die einzelnen Veranstaltungen von Clubs veranstaltet werden und eine Mehrzahl der Clubs dem ADAC zuzuordnen sind (mehr als 80 %).

Es wurde ein neues Konzept vom konkurrierenden Automobilclub AvD erarbeitet, das aber von der VLN abgelehnt wurde. Die Geschäftsführung des Nürburgrings kündigte daraufhin der VLN alle Termine für das Jahr 2024.

Dagegen wehrte sich die VLN vor Gericht und errang im September 2023 zunächst einen Sieg vor dem Landgericht Mainz, wogegen der Nürburgring Einspruch einlegte. Das OLG Koblenz fällte am 4. Januar 2024 schließlich eine neue Entscheidung.

Der Urteilsspruch im gekürzten und ergänzten Wortlaut

Die Verfügungsbeklagte (= Nürburgring Holding) wird verurteilt, der Verfügungsklägerin (= VLN) Zugang zu der Rennstrecke des Nürburgrings (Kombination aus Nordschleife und Grand-Prix-Strecke einschließlich der zugehörigen Einrichtungen, wie insbesondere Boxengasse; ausgenommen Zuschauertribünen und Logen) im Jahr 2024 an mindestens vier und maximal sieben Rennterminen bestehend aus zwei Nutzungstagen (Freitag und Samstag) und einem Renntermin bestehend aus drei Nutzungstagen (Freitag, Samstag, Sonntag) gleichmäßig über die Monate März bis November (die „Saison“) bei höchstens einem Rennen pro Monat verteilt, zu gewähren, dies Zug um Zug gegen Zahlung eines Höchstbetrags von 235.000 Euro netto (Miete Rennstrecke inkl. verbrauchsabhängiger Nebenkosten) pro Renntermin bestehend aus jeweils zwei Nutzungstagen (Freitag und Samstag) und eines Höchstbetrags von 360.000 Euro netto (Miete Rennstrecke inkl. verbrauchsabhängiger Nebenkosten) für den Renntermin bestehend aus drei Nutzungstagen (Freitag, Samstag und Sonntag), wobei die Klägerin die Zahlungen unter dem Vorbehalt der teilweisen Rückforderung leisten kann.

Schwieriges Jahr 2024

Auch nach dem Urteil des OLG Koblenz wird es sehr schwierig werden, den Langstreckensport 2024 auf der Nordschleife durchzuführen. Teams und Sponsoren mussten bis zum 4. Januar warten und können jetzt erst planen – und schon im März werden die ersten „Einstellungsfahrten“ stattfinden.

Martin Rosorius vertritt die Interessengemeinschaft der Renn-Teams (ILN)

Marin Rosorius, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Nürburgring (INL), die die meisten Rennteams (und auch Fahrer) vertritt, kommentiert die Situation nach der Urteilsverkündung wie folgt: „Das Oberlandesgericht Koblenz hat in seiner Urteilsverkündung am 4. Januar weitere Leitplanken für den Langstreckensport auf der Nürburgring-Nordschleife definiert – dies ist ein wichtiges Signal für die Teams und Teilnehmer, die damit ein Stück mehr Klarheit für das laufende Jahr erhalten. Jetzt ist der Nürburgring gefordert, die Termine für die Rennwochenenden schnell und konstruktiv festzulegen. Sie müssen sich an den Bedürfnissen der Kunden – also der Teams und Fahrer – orientieren. Die NLS sollte kurzfristig mit der Vorlage des Reglements für Planungssicherheit sorgen. Darüber hinaus dürfen wir aber nicht aus den Augen verlieren, dass dies nur ein erster Schritt ist. Die wichtigste Aufgabe steht noch bevor: Gemeinsam mit allen Beteiligten müssen wir die Weichen stellen für eine nachhaltige und langfristige Zukunft des Langstreckensports auf der Nordschleife über die Saison 2024 hinaus.“

Resümee

Veranstalter, Rennteams und Fahrer werden in der Saison 2024 mit vielen Problemen kämpfen müssen. Hoffen wir, dass es trotzdem interessanten Motorsport geben wird. Aber 2025 muss alles wieder normal laufen – wie in alten Zeiten.

Text und Fotos: Klaus Ridder
Titelfoto: Die NLS-Langstreckenmeisterschaft ist sehr beliebt, Zuschauer kommen auch in die Startaufstellung