//Dunkle Wolken am Nürburgring: VLN/NLS Landstreckenmeisterschaft in der Krise

Dunkle Wolken am Nürburgring: VLN/NLS Landstreckenmeisterschaft in der Krise

Seit 1977 wird die Langstreckenmeisterschaft auf der Nordschleife des Nürburgrings ausgetragen. Bis zu 200 Rennwagen waren am Start. Begeisterung bei den Teilnehmern und Zuschauern. Letztere konnten an der Nordschleife kostenlos das PS-Spektakel verfolgen. Für ursprünglich mal zehn Euro konnten die Zuschauer sogar in der Startaufstellung live dabei sein und Fotos von und mit den Rennfahrerstars machen.

Mit der Corona-Pandemie ist vieles anders geworden: Weniger Rennwagen am Start. Auch die Zuschauerplätze an den bekannten Punkten (Hatzenbach, Breidscheid, Brünnchen und Pflanzgarten) kosten Geld. Für alle Zuschauerplätze werden einheitlich 20 Euro genommen – und wenn man mit der Familie anreist, sind das schnell schon mal 50 Euro einschließlich Parkplatz (10 Euro).

Da bleiben die Zuschauer weg. Auch die Gastronomen am Ring beklagen den Zuschauerschwund, allen voran „Retti“, Betreiber der legendären Kulttankstelle „Döttinger Höhe“.

Ursachen gibt es viele

Einmal hat natürlich die Corona-Pandemie dazu beigetragen, dass Rennen ohne Zuschauer ausgetragen werden mussten und das Geld fehlte beim Veranstalter. Die Folge war dann, dass die Teilnehmer höhere Startgelder zahlen mussten und wenn man die derzeitige Inflation mit einbezieht, dann geht auch den Teams das Geld aus. Zumal auch die Sponsoren, von denen jede Rennserie ja lebt, weniger Geld in die Werbung auf Rennwagen stecken. Ein Teufelskreis, der auch zu Unruhen bei allen Beteiligten der beliebten Rennserie auf der Nordschleife führte. Doch es kommt noch schlimmer, die Zukunft im nächsten Jahr ist ungewiss.

Infos zur VLN/NLS-Langstreckenmeisterschaft

Der Begriff VLN bedeutet „Veranstaltergemeinschaft Langstreckenmeisterschaft Nürburgring“. Die Clubs der Veranstaltergemeinschaft schreiben die „VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring“ im Automobilsport aus. Bis einschließlich 2023 wurden 46 Saisonen ausgetragen. Die Langstreckenmeisterschaft Nürburgring bezeichnet sich selbst als erfolgreichste Breitensportserie Europas. Das vom ADAC Nordrhein ausgezeichnete 24 h-Rennen auf dem Nürburgring zählt derzeit nicht zur Langstreckenmeisterschaft Nürburgring, die Veranstalter kooperieren jedoch.

Zur Saison 2020 wurde das Championat erneut umbenannt. Um die Einzigartigkeit der Rennserie zu unterstreichen, entschied man sich für den Namen Nürburgring Langstrecken-Serie (NLS).

Eine Rennrunde ist 24,358 km lang und besteht aus der Sprintstrecke mit Mercedes-Arena und Motorrad-Schikane des Grand-Prix-Kurses sowie der Nordschleife. In der Saison 2023 finden acht Läufe statt, von denen sechs über vier Stunden gehen, während der traditionelle Saisonhöhepunkt, das 6h ADAC-Ruhr-Pokal-Rennen, sechs Stunden dauert. Neu ist ein 12h-Rennen mit jeweils einem 6h-Rennen am Samstag und Sonntag. In der Regel werden die Rennen am Samstag um 12.00 Uhr gestartet. Das Qualifying findet vorher von 8.00 Uhr bis 9.30 Uhr statt.

Das Wertungssystem für die Meisterschaft und die Einteilung in die einzelnen Fahrzeugklassen ist kompliziert und somit für die Zuschauer wenig überschaubar. Nicht der Schnellste gewinnt die Meisterschaft, sondern derjenige, der die meisten Klassensiege eingefahren hat, wobei es am meisten Punkte in der Fahrzeugklasse mit der höheren Anzahl von Startern gibt.

Für die Zuschauer am interessantesten ist die Klasse SP9, hier fahren GT3-Renner um den Gesamtsieg, teilweise auch mit Profifahrern am Steuer. Nur mal zur Info: GT3-Renner umrunden die 24,358 km lange Strecke mit 300m Höhenunterschied in weniger als acht Minuten und erreichen zweimal während einer Runde eine Spitzengeschwindigkeit von fast 300 km/h. An einem Rennen nahmen bislang bis zu 200 Fahrzeuge teil. Zurzeit nur etwas mehr als 100.

Dunkle Wolken trüben die Zukunft

Hinter den Kulissen rumort es schon seit längerer Zeit, weil halt immer weniger Fahrzeuge am Start sind und die Zuschauer wegen der gestiegenen Eintrittspreise fernbleiben. Auch die Einteilung der Fahrzeuge in die unterschiedlichen Klassen passt nicht allen Teilnehmern. Hinzu kommt, dass der Automobilclub von Deutschland (AvD) als Teilhaber der Rennserie eingestiegen ist. Das passt aber vielen der ausrichtenden Clubs nicht, die dem ADAC zugehören.

Journalistenkollege Oliver Ermert, der hauptberuflich Anwalt ist und sich auch in rechtlichen Fragen gut auskennt schrieb dazu im „Bonner Generalanzeiger“: „Die Nürburgring Holding GmbH als Eigentümerin der Nürburgring 1927 GmbH & Co. KG hat die wesentlichen Verträge mit der VLN Sport GmbH & Co. KG zur Durchführung der Rennen der Nürburgring Langstrecken-Serie (NLS) auf der Kombination aus Grand-Prix-Strecke (Sprintstrecke) und Nordschleife zum nächstmöglichen Zeitpunkt, teilweise sogar fristlos, gekündigt.  für die Saison 2023 wird die Nürburgring 1927 GmbH & Co. KG und der VLN Sport GmbH keine Termine anbieten, hieß es lapidar in einer Pressemitteilung der Holding. Eine Begründung erfolgte nicht. Auf Nachfrage wurde lediglich mitgeteilt, dass eine kurzfristige Beantwortung von Fragen nicht erfolgen könne, da die Herren nicht vor Ort und im Urlaub seien.

Die Nürburgring Holding GmbH hatte kürzlich versucht, mit dem AvD und zwei Vereinen des Deutschen Motorsport Verbandes (DMV) sowie den in der VLN organisierten Clubs zur Durchführung der Langstreckenserie eine neue Gesellschaft zu gründen. Letztere lehnten das Ansinnen ab, da sie an der neuen Gesellschaft nur 24 Prozent der Anteile halten sollten. Als Reaktion will die Nürburgring Holding GmbH mit dem AvD und den beiden DMV-Clubs nun eine eigene Meisterschaft austragen und die VLN-Konkurrenz kaltstellen.

Das ist aber nicht so einfach. Schon 2013 beschloss der rheinland-pfälzische Landtag das Landesgesetz zur Erhaltung und Zweckbestimmung des Nürburgrings. Darin ist geregelt, dass die Betreiber des Nürburgrings verpflichtet sind, Dritten die diskriminierungsfreie Benutzung der Infrastruktur zum Zwecke des Sports gegen ein angemessenes Entgelt zu gewähren. Ob es mit diesem Grundsatz vereinbar ist, einer Traditionsrennserie den Stecker zu ziehen, um den Markt für eine eigene Serie zu schaffen, ist zumindest zweifelhaft. Wenn es dabei bleibt, werden wir die Angelegenheit gerichtlich klären lassen, erklärte Mike Jäger, Geschäftsführer der VLN Sport GmbH & Co. KG.“ Soweit die Zusammenfassung des aktuellen Standes von Oliver Ermert.

Resümee

Bleibt zu hoffen, dass man sich bald einigt. Die Zeit drängt. Die Teams brauchen Planungssicherheit für das nächste Jahr, vor allem, um Verhandlungen mit den Sponsoren aufzunehmen. Es wäre schade, wenn die beliebte Rennserie auf der schönsten Rennstrecke der Welt nicht mehr stattfindet.

Hinweis

Als VdM-Regionalkreisleiter werde ich traditionsgemäß für die VdM-Kolleginnen und -Kollegen am 7. Oktober ganztägig einen Besuch beim vorletzten Lauf zur VLN/NLS-Langstreckenmeisterschaft anbieten – diesmal mit Besuch des „ringwerks“ (Motorsportmuseum). VdM-Mitglieder dürfen auch Gäste mitbringen. Anmelden bei Klaus Ridder (gefahrgutridder@t-online.de).

Klaus Ridder