In Hockenheim endete die diesjährige Saison des ‚Deutschen Tourenwagen Masters‘ durch den Gewinn des Südafrikaners Sheldon van der Linde (BMW M4) buchstäblich in den allerletzten Runden im Motodrom von Hockenheim.
Vor dem Finale des ‚Deutschen Tourenwagen Masters‘ hatten noch sage und schreibe fünf Fahrer die Möglichkeit, sich die DTM-Krone Anfang Oktober in Hockenheim zu sichern. Es waren dies die Piloten Sheldon van der Linde (BMW), der als Tabellenführer nach Hockenheim reiste, Lucas Auer (Mercedes), Mirko Bortolotti (Lamborghini), René Rast (Audi) und auch der Porsche-Fahrer Thomas Preining. Insider sowie Journalisten stellten Prognosen auf, welcher Fahrer noch bei welcher Konstellation, erhaltenen Punkten für die Poleposition, der schnellsten Runde und bei welchem zu erwartenden Rennergebnis noch final der DTM-Champion werden kann.
Bereits kurz nach dem Start des Rennens am Samstag krachte der Inder Arjun Maini nach wenigen Kilometern in seinem Mercedes AMG im 90 Grad-Winkel in die Leitplanken und rief den ersten Safetycar-Einsatz auf dem Plan. Der Restart erfolgte und David Schumacher im Mercedes traf den Porsche von Thomas Preining so heftig, dass beide ins Aus rutschten. Dahinter kollidierte Dennis Olsen im Porsche mit einem Mercedes, dass dabei der Motor des SSR-Performance Elfers herausgerissen wurde, einen Feuerball auslöste und Jürgen Kastenholz mit dem Safetycar erneut auf die Rennstrecke lotste. Der vom 16. Startplatz ins Rennen gegangene Sheldon van der Linde zeigte dann im weiteren Verlauf des Rennens seine Größe, überholte einen Konkurrenten nach dem anderen und kreuzte als hervorragender Zweiter noch hinter dem Sieger Lucas Auer und vor seinem Markenkollegen Marco Wittmann die Ziellinie des ersten DTM-Laufs an diesem Wochenende. Auers Rückstand auf den südafrikanischen BMW-Piloten schmolz vor dem Finalrennen auf winzige zwei Pünktchen ein.
Spannung bis zuletzt
Im letzten Qualifying am Sonntagvormittag in Hockenheim wollten die schnellsten Protagonisten ihre Toprunden wie gewohnt in den letzten Umläufen abspulen. Doch rund 2:25 Minuten vor dem Ende flog Felipe Frage durch einen Fahrfehler von der Piste, der Ferrari schlug in die Reifenstapel ein und verhinderte beim simultanen Abbruch des Qualifyings noch die schnellen Runden von Auer und van der Linde. Zum Leidwesen dieser Piloten wurde die restliche Fahrzeit gecancelt und auch nicht mehr nachgeholt. Dem Brasilianer Fraga wurde seine Poleposition-Zeit als Auslöser der Safetycar-Phase gestrichen. Dadurch erreichte René Rast mit seinem Abt-Audi und der Bestzeit von 1:36.817 Minuten die Poleposition, für die er weitere drei Zähler extra gutgeschrieben bekam. „Ich muss auf jeden Fall das Rennen gewinnen“, meinte Rast bei 18 Punkten Rückstand auf den Spitzenreiter Sheldon van der Linde.
Die Zeichen schienen für René Rast gut zu stehen. Poleposition für ihn, zweiter Startplatz für Clemens Schmid, Platz Drei für Marius Zug im Audi, daneben Marco Wittmann im BMW, Sheldon van der Linde auf Platz Fünf und Dave Gore auf Startplatz Sechs. Doch den besten Start erwischte der Franke Marco Wittman. Er ließ Rast und Schmid im Lamborghini zurück und setzte sich ab. Der Titelfavorit aus Südafrika arbeitete sich in wenigen Umläufen bis auf Rang Vier nach vorne. Der Titel wäre somit gesichert. Rast versuchte einen Undercut und fuhr sehr früh an die Box zum vorgeschriebenen Räderwechsel. Ein heftiger Positionskampf entbrannte danach zwischen Rast und Wittmann. Keiner verschenkte nicht einen Zentimeter auf der Strecke, als Rast einen klitzekleinen Fehler einbaute und dabei kurz vor der sogenannten ‚Parabolica‘ leicht auf den Rasen kam und Wittmann mit seinem weiß-grünen Schaeffler-BMW vorbeizog, dabei die Spitze wieder übernahm und als Erster mit 4,5 Sekunden Vorsprung vor Rast ins Ziel, das lediglich zwölf übriggebliebene DTM-Boliden erreichten, noch fahren konnte. Der Titel fiel zurecht Sheldon van der Linde zu. Vizechampion wurde Lucas Auer (Winward-Mercedes) noch vor dem Audi-Piloten Rast.
Nachhaltigkeit spielt eine große Rolle
Für Martin Tomczyk, dem neuen Leiter und Manager aller Rennserien der ITR e. V. ist die Nachhaltigkeit zukünftig ein äußerst wichtiger Punkt und meinte hierzu in einer Stuttgarter Tageszeitung: „Auf der gesamten Plattform, von der Organisation über die Rennställe und Fahrer aller Serien bis hin zu den Veranstaltern, zieht jeder mit, um das Event nachhaltig zu gestalten. Das ist sinnig und stimmig.“ Das auf edlem Papier gedruckte Programmheft, das gerne als Souvenir aufbewahrt wurde, soll der Vergangenheit angehören. Das neue Zauberwort heißt ‚App‘. Papier wird allenthalben in der DTM auf ein Minimum reduziert. Das werden hauptsächlich die Journalisten unter Umständen zu spüren bekommen.
Die zu erwartende Klimaerwärmung und der Rückgang der nachwachsenden Ressourcen stellen ihre Anforderungen weltweit. Zum gekauften DTM-Ticket soll ein Fahrschein für den ÖPNV beigelegt werden. Mülltrennung und wieder verwendbares Geschirr soll Trumpf in den Gastrobetrieben werden. Auf noble Hospitalities soll ganz verzichtet werden. Einheitsverpflegung der Teams ist der Deckmantel hierfür. „Wir müssen den Status quo ermitteln, wie viel CO2 die DTM pro Event verursacht“, sagt Tomczyk, „damit wir ableiten können, wo wir ansetzen müssen.“ Dasselbe gilt für die zu erwartenden e-Fuels. Ab dem Jahr 2024 soll eine Serie mit dem Namen ‚DTM electric‘ installiert werden. „Die E-Mobilität kommt immer mehr“, so Tomczyk. Aus diesen Gründen wird die neue Saison der DTM von allen Fans erwartet. Und ob dann die bisherigen Rahmenserien wie ein ‚Carrera Cup Benelux‘, ‚BMW M2 Cup‘ oder eine ‚Tourenwagen Trophy‘ ohne zugkräftige Namen Bestand haben werden, muss die Zeit zeigen.
DTM – Endstand der Fahrer 2022
1. Sheldon van der Linde 164 Punkte
2. Lucas Auer 153
3. René Rast 149
4. Mirko Bortolotti 121
5. Thomas Preining 116
6. Luca Stolz 108
7. Nico Müller 105
8. Marco Wittmann 98
9. Kelvin van der Linde 90
10. Dennis Olsen 89
11. Maximilian Götz 74
12. Maro Engel 65
13. Nick Cassidy 64
14. Philipp Eng 64
15. Ricardo Feller 63
DTM – Hersteller-Wertung 2022
1. Audi 441 Punkte
2. Mercedes 413
3. BMW 327
4. Porsche 234
5. Lamborghini 130
6. Ferrari 129
Text & Bilder: Eberhard Strähle