//Alkohol am Steuer: Vorbereitungskurse zur MPU sind wirksam

Alkohol am Steuer: Vorbereitungskurse zur MPU sind wirksam

Jedem Autofahrer, der eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) machen muss, graust es vor diesem Gang. Die MPU ist oft aber der einzige Weg, den eingezogenen Führer-schein zurückzubekommen. Sonst ist nicht selten auch der Arbeitsplatz in Gefahr. Da steht also einiges auf dem Spiel.

Die MPU, auch Fahreignungsprüfung genannt, ist eine deutsche Spezialität. Sie wird angeordnet, wenn es für die Behörden darum geht zu beurteilen, ob jemand noch (oder wieder) in der Lage ist, ein Kraftfahrzeug zu führen. Jährlich schicken die Ämter 90.000 Autofahrer wegen Alkohols, illegaler Drogen oder weil sie im Verkehr auffällig oder straffällig wurden, zur psychologischen Begutachtung. Die Voraussetzung, den Führerschein zu behalten oder wiederzuerlangen, ist, dass die Betroffenen ihre Einstellungen und ihr Verhalten „problemangemessen und nachhaltig“ verändern, merken die Verkehrspsychologen Thomas Wagner, Thomas Pirke und Paul Brieler an. Die drei bei verschiedenen privaten MPU-Anbietern beschäftigten Autoren untersuchten in einer gemeinsamen Studie die Wirksamkeit verkehrspsychologischer Unterstützungsmaßnahmen, die vor der MPU angeboten werden, um Hilfesuchende professionell bei der Lösung ihrer Probleme zu unterstützen.

In der „verkehrspsychologischen Fahreignungsberatung“ werden mit dem Betroffenen im Vorfeld der MPU mögliche Schritte zur Problemlösung überlegt. Die Ansätze sind vielfältig: Es kann eine Drogenentwöhnung oder Suchtberatung sein, eine Psychotherapie oder psychologische Beratung. Auch die Kontaktaufnahme zu einem Rechtsanwalt, einem Verkehrsmediziner oder zur Fahrerlaubnisbehörde kommt in Frage.

Tiefer als die Fahreignungsberatung setzt die „verkehrspsychologische Intervention“ an. Die Teilnehmer sollen das zum Führerscheinverlust führende Verhalten erkennen und reflektieren, das „Bedingungsgefüge“ identifizieren und neue Verhaltensmuster erlernen, um sie „in Richtung eigener und regelkonformer Ziele auszurichten“. Sie sollen „wieder sicher am Straßenverkehr teilnehmen und dabei weitere Verkehrsdelikte vermeiden“, betonen Wagner, Pirke und Brieler in ihrer Untersuchung.

Im Verständnis von Psychologen sind Verkehrsauffälligkeiten oftmals Zeichen für eine „zumeist unbewusste Vermeidung innerer und äußerer Konflikte“. Nicht selten geht es um Überforderung, Frust oder Ohnmacht, die eigentlich aus anderen Lebensbereichen kommen. Sind die Ursachen der Probleme erkannt, beginnt ein Prozess der „Umfinalisierung“, also der Entwicklung neuer Ziele und Strategien. Das wird gegebenenfalls durch Informationen zur Stressreduzierung oder zu Fahrphysik und Verkehrsregeln begleitet. Auch solche Kenntnisse beugen Überforderung vor.

Bei ihrer Arbeit müssen sich die Berater möglicherweise mit der Abwehr des Betroffenen auseinandersetzen. Es kommt vor, dass diese die Probleme zu bagatellisieren oder zu leugnen versuchen. Oft wissen sie auch nichts von dem Risiko einer Alkoholabhängigkeit oder sind anfällig für kulturellen Druck ihrer sozialen Umgebung. Nicht selten muss das soziale Umfeld umgestaltet werden oder der Betroffene sich neue Freizeitaktivitäten suchen. Das kann sehr schwierig sein. Umso wichtiger ist, unterstreichen die Autoren, dass die Berater psychologisch qualifiziert sind.

Heikel ist es daher, dass sich geradezu ein Graumarkt an „MPU-Beratungen“ entwickelt hat, schreiben die Verkehrspsychologen. Dort wird ohne wissenschaftliche Qualifikation rein die Vorbereitung auf die MPU gepaukt, teils mit zurechtgelegten Biographien oder mit Trainings, um einfach nur die „richtigen“ Antworten zu geben. Solche Kurse locken mit „Erfolgsgarantie“ und machen mit der Not der Betroffenen viel Geld. „Hier wird versucht mit krimineller Intention, die Fahreignungsbegutachtung“, also die MPU, „zu unterlaufen“, was „das Ziel einer Erhöhung der Verkehrssicherheit konterkariert“, kritisieren die Autoren.

Die Autoren machen mit ihrer Untersuchung den Hilfesuchenden durchaus Mut. Denn sie konnten ermitteln, dass jede qualifizierte psychologische Vorbereitung „besser ist als keine“. Die von ausgebildeten Psychologen durchgeführten Kurse führen, etwa im Vergleich zur Suchtberatung, zu den besten Ergebnissen. Sie verfügen nämlich laut Wagner, Pirke und Brieler über „umfassende Kompetenzen in allen Teildisziplinen der Psychologie“ und greifen deutlich häufiger auf wissenschaftlich fundierte Konzepte wie Deliktverarbeitung, Motivationsförderung und Kompetenzaufbau zurück. Die Rückfallquote der Kurse für „alkoholauffällig“ gewordene Autofahrer liegt, wenn sie von Psychologen durchgeführt werden, bei nur sechs bis acht Prozent.

2016 kam es in Deutschland zu 225 Verkehrstoten und 4.500 Schwerverletzten durch Alkoholunfälle. Im gleichen Jahr verzeichnete das Flensburger Fahreignungsregister (FAER) 1,15 Millionen Fälle wegen Alkoholstraftaten und 105.000 wegen Alkoholordnungswidrigkeiten. Die Autoren der MPU-Untersuchung kommen zu dem Ergebnis, dass „die Notwendigkeit, die Verkehrssicherheit im Kontext von Alkoholauffälligkeiten mittels hochwertiger Interventionsangebote weiter zu erhöhen“, kaum bestritten werden könne.

Beate M. Glaser (kb)
Foto: DVR