Klaus Ridder erinnert zum 50. Geburtstag von Michael Schumacher an dessen Erfolge und die seines Bruders auf dem Nürburgring.
Wenn ich heute an das Schicksal von Michael Schumacher denke, dann werde ich traurig. Michael Schumacher hat über 20 Jahre erfolgreich die Geschichte des Nürburgrings mitgeprägt, aber auch sein Bruder Ralf hat 2003 im Williams BMW den Großen Preis von Deutschland gewonnen. Und im letzten Jahr war es Sohn Mick Schumacher, der Rennen um die Europa Formel 3-Meisterschaft gewann. Man spricht von der „Ära Schumacher“, die 1989 begann. Ich habe die Ära Schumacher 30 Jahre am Ring verfolgt – ein Rückblick.
Erfolgreiches Brüderpaar
Den Aufstieg der Schumachers zum erfolgreichsten Brüderpaar der Formel 1-Geschichte habe ich von Anfang an live mit verfolgen können. 1989 war ich beim ersten Start von Michael Schumacher in der Formel 3 dabei und sah auch, wie er sich auf der Avus in Berlin ein sagenhaftes Rennen mit Frentzen, Wendlinger, Krämer und Kaufmann lieferte. Ein Jahr später erlebte ich Michael, wie er im Mercedes-Juniorteam sehr erfolgreichen einen Gruppe-C-Sportwagen fuhr. 1995 bejubelte ich seinen Sieg beim kampfbetonten Großen Preis von Europa auf dem Ring und sah im selben Jahr seinen Bruder Ralf zum ersten Mal in einem Formel-3-Rennwagen am Start. Unvergesslich blieb mir auch der Zwischenfall von 1997 (Ralf war in diesem Jahr in die Formel 1 aufgestiegen), als sich die Brüder im Castrol S gegenseitig von der Strecke schubsten. Nachdem Michael in der Formel 1 bereits dreimal auf dem Ring siegte (1995, 2000 und 2001), war Ralf im Juni 2003 auf Williams BMW erstmals hier erfolgreich. Ergänzend hier noch das Jahr 2018, hier siegte der Sohn von Michael Schumacher, Mick (19) in Läufen zur Europa Formel 3-Meisterschaft und durfte einen DTM-Rennwagen Probe fahren. Angesicht der grandio-sen Erfolge spricht man heute durchaus zu Recht von der „Ära Schumacher“, die auch untrennbar mit dem Nürburgring verbunden ist.
Michael und Mercedes
Im Jahr 1990 experimentierte Mercedes-Rennleiter Jochen Nerpasch mit jungen Fahrern wie Michael Schumacher, Heinz-Harald Frentzen, Fritz Kreuzpointer und Karl Wendlin-ger. Michael Schumacher fuhr 1990 zusammen mit dem erfahrenen „Fahrlehrer“ Jochen Mass und sie belegten bei einem Rennen der Gruppe C Rennsportwagen einen guten zweiten Platz. Wendlinger und Schumacher bildeten 1991 ein Team. Während 1990 Mercedes noch Weltmeister mit Schlesser/Baldi geworden war, verlief die Saison 1991 nicht so erfolgreich. Am Nürburgring fielen Schumacher/Wendlinger aus.
Aber das war ja das Jahr, wo Michael mit Mercedes-Geldern und der Unterstützung von Jochen Nerpasch in die Formel 1 zu Eddi Jordan kam und beim Großen Preis von Belgien auf Anhieb vom 8. Platz startete, aber in der ersten Runde mit Kupplungsschaden ausfiel.
Bei Spitzensportlern erlebt man immer wieder einen „Rücktritt vom Rücktritt“. Bei Ferrari trat Michael Schumacher nach erfolgreichen Jahren (5x Weltmeister) zurück, konnte wohl das „Rentnerdasein“ nicht ertragen und ließ sich vom damaligen Mercedes Renn-leiter Norbert Haupt zu einer Rückkehr in die Formel 1 überreden. Teamkollege war der junge Nico Rosberg, dessen Vater Keke 1982 auch schon mal Weltmeister geworden war.
Es musste in dem neuen Team viel Entwicklungsarbeit geleistet werden. Hierfür war die Erfahrung von Michael Schumacher natürlich gefragt. Doch die Erfolge blieben aus, weil dem Team auch das große Geld fehlte. Oftmals war der viel jüngere Nico Rosberg auch schneller. Es war die Zeit der überlegenen Red Bull und eines Sebastian Vettel, der seinen „Lehrmeister“ Michael auch schon mal überrundete. Für Michael Schumacher ei-gentlich eine traurige Zeit – nur einmal auf dem Podest.
Am Nürburgring wurde Michael Schumacher 2011 Achter hinter Teamkollege Nico Rosberg.
Für mich ein absolutes Highlight war eine Runde von Michael Schumacher 2013 auf der Nordschleife mit einem Mercedes Formel 1-Rennwagen. Stundenlang harrte ich am „Schwalbenschwanz“ aus, um einen Mercedes-Rennwagen auf der Nordschleife zu fo-tografieren. Erst kamen ein Mercedes GT3 Flügeltürer mit Bernd Schneider und ein Mercedes Safety Car mit Bernd Mailänder und dann der Sound eines Formel 1 Rennwagens. Dann war er da und lenkte in die überhöhte Innenkurve der letzten Schwalbenschwanzbiegung ein. Ich habe nur auf den Auslöser gedrückt und es wurden wohl in den wenigen Sekunden 20 Bilder. Wow, war das ein Erlebnis! Die Auswertung der Bilder war ein weiteres Erfolgserlebnis, sie waren alle gut geworden.
Ferrari am „Ring“
Der Name Ferrari ist eng mit dem Nürburgring verbunden; Alberto Ascari, J.M. Fangio, John Surtees, Niki Lauda, Michele Alboreto, Jacky Ickx und Michael Schumacher siegten auf Ferrari. Ferrari ist kein gewöhnlicher Rennstall, es ist halt „Ferrari“. Und für Ferrari Rennen zu fahren, das ist etwas Besonderes und die Krönung vieler Rennfahrer in ihrer Rennfahrerlaufbahn.
In der Zeit der Erfolge mit Michael Schumacher wurden auch „Ferrari-Tage“ am Nürburgring veranstaltet. Wohl um die 40.000 Besucher kamen, man wollte natürlich Michael Schumacher sehen und erleben.
Zunächst wurden ältere Ferrari-Renn- und Rennsportwagen auf die Grand-Prix-Strecke gelassen – war ganz schön. Gegen Mittag kam der „große Meister“ mit dem Hubschrauber angeflogen und landete auf der Rennstrecke vor dem Dorint Hotel. Nürburgring Geschäftsführer Dr. Walter Kafitz holte Michael Schumacher, der in Freizeitkleidung ankam, persönlich ab. Michael Schumacher verschwand nach einem Grußwort an die Fans in der Ferrari-Box – langes Warten. Doch dann ging es los.
Zunächst ein paar Donuts (kreiseln um die eigene Achse) mit einem Ferrari-Sportwagen und dann ging es auf die Strecke mit einem Ferrari F1, dem Weltmeisterwagen des letzten Jahres. Im Uhrzeigersinn wurde gefahren – aber auch in entgegengesetzter Richtung. Die Fans waren begeistert. Für die Journalisten gab es noch ein Foto mit der Mannschaft. Das Wetter war herrlich und so waren die Fans begeistert. Sie hatten einen Michael Schumacher erlebt, ganz locker und den Fans zugeneigt. Eine vorgesehene Autogrammstunde musste aus Sicherheitsgründen abgebrochen werden.
Ralf Schumacher
Während Michael Schumacher 1995 den Großen Preis von Europa auf dem Ring gewann, bemühte sich sein Bruder Ralf in einem Formel 3-Rennen, Jarno Trulli zu besiegen. Doch am Nürburgring lag Trulli bei seinem ersten Einsatz auf dem Grand-Prix-Kurs vor Ralf. Die deutsche Formel 3-Meisterschaft 1995 ging schließlich an den Argentinier Norberto Fontana, der beide Rennen auf dem Ring gewann. Ralf Schumacher wurde wie sein Bruder Michael von Willi Weber gemanagt, der ihn 1997 in die Formel 1 brach-te. Bei dem turbulenten Rennen auf dem Nürburgring 1999 lag Ralf in Führung (Michael konnte verletzungsbedingt nicht teilnehmen), bekam aber einen Reifendefekt und wurde nur Vierter. 2003 glückte ihm auf Williams BMW endlich sein erster Sieg auf dem Ring.
Mit dem Ausstieg von Toyota aus der Formel 1 endete auch die Formel 1-Karriere von Ralf. Er bekam ein Cockpit in einem DTM-Rennwagen von Mercedes. Man braucht in dieser Serie bekannte Namen, und übernimmt gerne auch „ausgediente“ Formel 1-Fahrer wie Mika Häkkinen, Jean Alesi, Heinz-Harald Frentzen oder aktuell Timo Glock. Aber diese Formel 1-Fahrer tun sich in der DTM schwer, so auch Ralf Schumacher. Seine besten Resultate waren ein dritter und ein zweiter Platz.
Michael wurde 50
Ein Moment beim Skifahren, der am 29.Dezember 2013 alles veränderte. An sich ein „belangloser“ Sturz, der aber zu einer schweren Kopfverletzung führte. Michael Schumacher ist seit dieser Zeit ein Pflegefall, die Familie schirmt ihn von der Öffentlichkeit ab – das ist auch gut so. Für die Fans wird er so, wie er bei seinen Rennen und auch privat war, in guter Erinnerung bleiben. Am 3. Januar 2019 wurde Michael Schumacher 50 Jahre alt.
Resümee
Die Ära Schumacher hat 30 Jahre die Geschichte des Nürburgrings geprägt und es gibt einen weiteren deutschen Rennfahrer, der Nürburgringgeschichte geschrieben hat: Rudolf Caracciola. Nicht zu vergessen Stefan Bellof, der leider früh in seiner zukunftsweisenden Karriere tödlich verunglückte und der den während einer Rennveranstaltung gefahrenen Rundenrekord der klassischen Nordschleife aufstellte.
Nach allen drei Rennfahrern wurde eine Kurvenpassage benannt: Das „Rudolf-Caracciola-Karussell“, die „Bellof-Passage“ vorm „Schwalbenschwanz“ ‚und das „Michael-Schumacher-S“ auf dem Grand Prix Kurs. Die Erinnerung an diese großartigen Rennfahrer wird bleiben.
Klaus Ridder