Trotz der eCall-Pflicht für neue Fahrzeugmodelle wird es fast ein Jahrzehnt dauern, bis auch nur die Hälfte aller Autos mit dem automatischen Notrufsystem ausgestattet ist. Eine flächendeckende Verbreitung ist nach Berechnungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) nicht vor dem Jahr 2035 zu erwarten. „In zehn Jahren wird es immer noch rund 19 Millionen Autos ohne ein solches System geben – wer auf einen automatischen Notruf nicht verzichten will und keinen mit eCall ausgestatteten Neuwagen kauft, bleibt also noch lange auf Nachrüstlösungen angewiesen“, sagt Tibor Pataki, Leiter der Abteilung Kraftfahrtversicherung im GDV. Ein Grund für die langsame Verbreitung ist, dass die Deutschen ihre Autos immer länger fahren. Aktuell sind die Pkw in Deutschland im Schnitt 9,3 Jahre alt.
Ab dem 31. März 2018 ist ein serienmäßig eingebautes eCall-System Voraussetzung für eine neue EU-Typgenehmigung. Aktuelle Modellreihen dürfen aber weiterhin ohne eCall gebaut und verkauft werden – es wird also vorerst noch viele Neuwagen geben, die keinen eCall an Bord haben.
eCall soll jedes Jahr europaweit bis zu 2.500 Leben retten
Die Abkürzung „eCall” steht für „emergency call”, ein elektronisches Not-rufsystem für Kraftfahrzeuge. Mithilfe von Sensoren erkennt das Auto einen schweren Unfall und löst automatisch und unverzüglich einen Notruf aus. Da-zu greift das Fahrzeug auf Ortungs- und Telekommunikationstechnik zurück, die fest im Auto eingebaut ist. Das Auto sendet den Unfallort an die zuständige Rettungsleitstelle und baut gleichzeitig eine Sprechverbindung auf. Die Europäische Union geht davon aus, dass der eCall die Zeit zwischen einem Unfall und dem Eintreffen der Rettungskräfte in Städten um 40 Prozent, in ländlichen Gebieten sogar um 50 Prozent reduzieren kann. Da die Überlebenschancen schwerverletzter Unfallopfer je größer sind, desto schneller die Rettungskräfte vor Ort sind, geht die EU davon aus, mit dem eCall jährlich bis zu 2.500 Leben retten zu können.
eCall-Alternative für Gebrauchtwagen nutzt Stecker und Smartphone
Die Versicherungswirtschaft bietet seit 2016 eine Nachrüstlösung für Gebrauchtwagen an und hat mittlerweile über 100.000 Kunden gewonnen. Kernstück des Unfallmeldedienst genannten Notruf-Systems ist ein Stecker für den Zigarettenanzünder. Beschleunigungssensoren im Stecker erkennen eine Kollision und die Schwere des Crashs. Die dazugehörige App auf dem Smart-phone des Autofahrers meldet den Unfall dann sofort an eine Notrufzentrale. Seit der Markteinführung im April 2016 hat der Unfallmeldedienst bei über 600 schweren Unfällen schnelle Hilfe organisiert. (GDV)