//Goodwood Revival 2017 bei „Schietwetter“

Goodwood Revival 2017 bei „Schietwetter“

Das Wetter war so scheußlich wie noch nie seit dem von mir erstmals im Jahr 1999 erlebten regnerischen 1. „Revival International Car Race Meeting“. Damals schrieb ich, „von den kräftigen Regenschauern ließ sich niemand ernsthaft beeindrucken; allenfalls tauschten die Damen die Pumps mit Gummistiefeln“. Statt Sturzflüge bei den „air displays“ gab es heftigste Sturzregen dieses Jahr. Daher standen viele Füße von Anfang an in Gummistiefeln, weil die Schuhe bereits beim Weg von den Parkflächen auf den durchweichten Wiesen bis zum Eingang ruiniert waren und viele Autos am Ende des Tages mit einem Traktor aus dem Schlamm der Parkflächen gezogen werden mussten.

An allen drei Nachmittagen hieß es immer wieder: „The rain is coming up quite heavily“, „the heaviest rain just came down 10 minutes ago“, „the rain returnes“, „the rain is still coming in over the race course“.

Auch wenn Derek Bell im Interview sagte, dass man bei so schlechtem Wetter hier noch nie gestartet sei, ließen sich die Offiziellen und Akteure nicht von den Rennen abhalten, die auf der nassen Fahrbahn noch spektakulärer waren als auf trockener Piste. Das gilt natürlich auch für den sich verbal überschlagenden Streckensprecher: „They are swinging and sliding, a lot of cars are going out at the spin, look how wet the condition is, absolutely brilliant“(!)

Höhepunkt sind immer wieder die Rennen der Boliden AC Cobra, Ford GT 40 und Konsorten der 60iger Jahre, zumal wenn diese von den Heißspornen Frank Stipler, Tom Kristensen und anderen Rennfahrern pilotiert werden. Im Rennen der Vorkriegsboliden der Baujahre 1925 – 1939 stiehlt „The Owlett“ = „Das Eulenjunge“, ein Frazer Nash Saloon von 1928 mit einem 1,5 Liter 4-Zylinder Motor und die spektakuläre Fahrweise seines Fahrers allen die Show. Er ist der absolute Publikumsliebling und läßt die Bentley Blower und Konsorten so langsam aussehen, dass man gar nicht glauben kann, dass an dem 1,5 Liter Motörchen mit Sidepipes wirklich alles original ist. Egal, es brachte wieder total viel Spaß, die urige Karosserie auf den schmalen Reifen um die Schikane (Weather/Track: Cloudy/Dry) driften zu sehen.

Das Goodwood Revival bot auch dieses Jahr wieder erstaunliche (Jubiläums-) Überraschungen:

  • 60 Jahre Platz 1 + 2 in Le Mans 1957: Parade von 25 Rennwagen in der besonderen Farbe „Saltire Blue“ nebst Renntransporter der „Ecurie Ecosse“ = „Scottish Stable“, dem berühmten Schottischen Rennstall, für den auch Sir Jackie Stewart fuhr und natürlich vor Ort war.
  • 60 Jahre 5. Formel 1 Sieg des „El Maestro“ Juan Manuel Fangio beim Großen Preis von Deutschland am 4.8.1957 auf dem Nürburgring: Parade von 10 Rennwagen jener Zeit in Anwesenheit der Söhne von Fangio, die seit 30 Jahren zum ersten Mal Argentinien verlassen haben.
  • 60 Jahre Fiat 500: Parade von 150 Fiat 500/Steyr-Puch 500 in allen Variationen.
  • Im BMW Pavillon steht völlig unspektakulär das wunderschöne Einzelstück „BMW 3200“ von Michelotti mit einer Vignale Karosserie, der als Nachfolger des BMW 507 im Jahr 1958 einfach zu spät dran war.
    Eine Ausstellung in der „Earls Court Motor Show“ von 17 und dem ersten 1949 gebauten TVR einschließlich Weltpremiere des neuen TVR Griffith der revitalisierten Marke.
  • Flugenthusiasten konnten u.a. die einzige in Europa stationierte flugfähige Lockheed P-38 Lightning mit doppelten Leitwerksträgern und zwei V-12 Kolbentriebwerken mit Turbolader von 1944 bestaunen und, wenn es nicht regnete, fliegen hören.

Wenn man Glück hatte, konnten einem auch Sir Jackie Stewart, David Coulthart, Jochen Mass und viele andere Motorsportberühmtheiten hautnah über den Weg laufen, wenn man sich nicht in einem der Zelte lieber der Musik zuwandte, wo der Regen nur von unten langsam den Boden aufweichte.

Ganz sicher werden auch beim 21. Goodwood Revival vom 7.-9.9.2018 wieder 150.000 Besucher dieser weltweit einzigartigen Kultveranstaltung für ein schnelles „sold out“ der nur im Internet zu kaufenden Eintrittskarten sorgen.

Wer ein besonderes Auto sein Eigen nennt, kann sich beim Earl of March auch um eine Einladung bewerben. Der entscheidet jedes Jahr auf’s Neue, welche Autokategorien und wessen Autos an welchen Rennen teilnehmen dürfen und lädt seine Gäste – nicht nur die prominenten- regelmäßig zu einer sagenumwobenen Feier ein.

Holger Odemann