Die Porsche Holding trägt sich mit dem Gedanken, ins Rüstungsgeschäft einzusteigen. Hintergrund ist das schlecht laufende Automobilgeschäft – eine Ausrichtung, die nicht zuletzt angesichts der Geschichte des VW Mutterkonzerns Risiken birgt.
Die Porsche Automobilholding SE beabsichtigt, verstärkt ins Militärgeschäft einzusteigen. Laut einer schriftlichen Erklärung zur Vorstellung der Halbjahresergebnisse sagte der Vorstandsvorsitzende Hans Dieter Pötsch, das Unternehmen wolle sich stärker diversifizieren und in die Bereiche Verteidigung und Sicherheit investieren. Der „grundsätzliche Fokus auf Mobilitäts- und Industrietechnologie“ bleibe unverändert. Über die Porsche-Holding verwaltet die deutsch-österreichische Milliardärsfamilie Porsche-Piëch ihre Unternehmensbeteiligungen. Sie darf nicht mit der Porsche AG gleichgesetzt werden, dem Sportwagenhersteller aus Stuttgart. Die Holding ist mit 32 Prozent der Aktien der weitaus größte Anteilseigner des Volkswagen-Konzerns, der wiederum der Hauptaktionär an der Porsche AG ist. Darüber hinaus hält der Porsche-Piëch-Clan direkt 13 Prozent der Anteile an dem Stuttgarter Sportwagenbauer.
Verstärktes Rüstungsengagement in zwei Schritten
Pötsch zufolge soll das verstärkte Rüstungsengagement in zwei Schritten erfolgen. Im ersten Step werde eine Plattform für Investitionen „in aufstrebende Technologieunternehmen im Defense-Bereich“ aufgebaut. Dazu wolle man weitere Partner gewinnen. Gedacht wird dabei in erster Linie an Beteiligungsgesellschaften begüterter europäischer Familien, um die gewünschte Höhe an Wagniskapital zu erreichen. In Medienberichten werden „Insider“ zitiert, die den Zielbetrag auf 500 Millionen Euro beziffern. Der zweite Schritt soll aus direkten Unternehmensbeteiligungen bestehen, etwa zu Satellitenüberwachung, Aufklärungs- und Sensorsystemen, Cybersicherheit sowie Logistik- und Nachschubsystemen. Der Hintergrund für die Änderung der Strategie ist das schlecht laufende Automobilgeschäft. In den ersten sechs Monaten des Jahres brach der Nettogewinn der Porsche-Holding von 2,1 Milliarden Euro auf 0,3 Milliarden Euro im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres ein. Die Nettoverschuldung – eine Hypothek aus der Übernahmeschlacht um die Porsche AG vor rund 15 Jahren – wurde von 5,2 Milliarden Euro Ende Dezember auf 4,9 Milliarden Euro Ende Juni reduziert. Ihre Gewinnziele für 2025 musste die Holding auf eine Spanne zwischen 1,6 Milliarden und 3,6 Milliarden Euro herabstufen. Bislang war man von 2,4 Milliarden bis 4,4 Milliarden Euro ausgegangen.
Das miserable Ergebnis ist direkte Folge der Gewinneinbrüche bei Volkswagen und Porsche (kb 3536 vom 3. August 2025). Dafür nennt Pötsch drei Ursachen: die hohen Importzölle der USA, der Konkurrenzdruck auf dem chinesischen Markt und die schleppende E-Auto-Nachfrage. Eigene Fehler oder des Managements von VW oder Porsche thematisierte Pötsch nicht. Der Holding-Chef hob hervor, dass das Unternehmen bereits auf Erfolge mit Beteiligungen im Militär- und Dual-Use-Bereich blicken könne. Mit „Dual Use“ (doppelte Verwendung) sind Produkte gemeint, die sich sowohl zivil als auch militärisch nutzen lassen. So ist die Porsche Holding seit 2021 Miteigentümerin von Isar Aerospace, einem Spezialisten für Satellitenraketen, und seit 2024 von dem Drohnenhersteller Quantum Systems. Zur Begründung, warum gerade der Militärsektor für die Diversifizierung ausgesucht wurde, verweist Pötsch auf Rußlands Ukrainekrieg, die Spannungen in Asien und die Bedrohung von kritischer Infrastruktur. Die Familie Porsche-Piëch wolle helfen, so Pötsch weiter, „unsere Werte, Demokratie und Freiheit“ zu verteidigen.
Ein Manöver nicht ohne Risiko
Dennoch ist das militärische Engagement heikel. Kann es doch dazu führen, dass in der Öffentlichkeit von der Porsche-Holding auf deren Töchter geschlossen wird und VW wie auch Porsche in den Ruch des Kriegsgeschäfts geraten. Empfindliche Kratzer am Image wären die Konsequenz. Dies zeigte sich bereits vor Monaten, als allein öffentlich gewordene Überlegungen der VW-Spitze, überflüssig gewordene Produktionskapazitäten einem Rüstungsunternehmen anzubieten, betriebsintern und öffentlich zu Unruhe führten.Die VW Gruppe ist seit langem für das Militär aktiv. So zählt die Lkw-Tochter MAN zu einem der weltweit wichtigsten Anbieter von Nutzfahrzeugen in Tarnfarbe. Zudem werden umgebaute SUV, Pick-ups und Transporter mit VW Logo an die Armee verkauft. Jedoch wurde dieses Engagement bislang nie an die große Glocke gehängt. Wohl mit Bedacht. Denn viele Besitzerinnen und Besitzer von T-Roc, Golf und Co. wollen ein durch und durch ziviles Produkt und beim Autokauf nichts mit Militärischem zu schaffen haben. Und für die Liebhaber der edleren VW Marken wie Audi, Bugatti oder Porsche wird zwar die Faszination für Technik eine Rolle spielen, jedoch wird man auch hier nicht unbedingt eine Verbindung zu Kriegsgerät bejubeln.
VW: Gründung des NS-Regimes
Besonders aufgeladen wird die Sache durch die Geschichte des 20. Jahrhunderts. VW ist letztlich eine Gründung des diktatorischen NS-Regimes in den 1930er Jahren gewesen, und Ferdinand Porsche sowie das nach ihm benannte Ingenieurbüro, die heutige Porsche AG, arbeiteten früh und eng mit den Nazis zusammen. Bekanntestes Produkt dieser Mesalliance war der „KdF-Wagen“, der spätere Käfer. Mit dessen militärischer Ableitung, dem „Kübelwagen“, wurde im Zweiten Weltkriegs die Nazi-Wehrmacht für ihre brutalen Feldzüge ausgerüstet. In ihrer Unternehmensgeschichtsschreibung geben sich VW und Porsche viel Mühe, sich selbstkritisch und geläutert zu dieser dunklen Phase zu positionieren – und ihre zivile Ausrichtung zu betonen.
Autor: Kristian Glaser, kraftfahrt-berichter, Abbildung: pixabay