//Chinas Autobauer kommt gewaltig: BYD auf dem großen Sprung

Chinas Autobauer kommt gewaltig: BYD auf dem großen Sprung

Der Autobauer BYD (Build Your Dreams) mit Wurzeln in der Akkubranche eilt von Erfolg zu Erfolg. Noch in diesem Jahr schickt sich BYD an, Tesla als Nummer eins der E-Auto-Welt zu verdrängen

Dass der chinesische Autohersteller BYD der etablierten Konkurrenz auf dem Weltmarkt eher früher als später zu Leibe rücken würde, ist seit 2023 klar. In jenem Jahr verdrängte das vergleichsweise junge Unternehmen den deutschen Autobauer Volkswagen von der seit Jahrzehnten gehaltenen Position als Marktführer in China. Ein Jahr später, 2024, steigerte BYD den Gewinn um stolze 34 Prozent auf umgerechnet 5,1 Milliarden Euro. Im Umsatz überschritten die Chinesen damit jetzt erstmals die 100-Milliarden-Euro-Grenze und zogen an dem E-Auto-Cham­pion Tesla aus den USA vorbei. Von den insgesamt 4,3 Millionen weltweit verkauften BYD-Fahrzeugen hatten 1,6 Millionen einen vollelektrischen Antrieb. Das waren nur 30.000 Stromer weniger als von Tesla. Selten ist sich die Fachwelt so einig wie in der Einschätzung, dass das chinesische Unternehmen noch im laufenden Jahr die Führungsposition beim E-Auto-Absatz übernehmen wird.

Absatzziel 2025 weltweit: 5,5 Millionen Fahrzeuge

Als Absatzziel für 2025 hat Konzernchef und BYD-Mitgründer Wang Chuanfu 5,5 Millionen Fahrzeuge ausgegeben. Allein im Ausland sollen die Verkaufszahlen auf 800.000 Modelle hochgeschraubt werden – das wäre eine Verdoppelung gegenüber 2024. Besonders in Lateinamerika und Südostasien geht Wang von guten Verkaufschancen aus, weil die dortigen Regierungen und Verbraucher aufgeschlossen gegenüber chinesischen Marken und Produkten seien. Wegen der zunehmenden Spannungen mit der US-Regierung plant Wang aktuell jedoch keine Autos in Nordamerika zum Kauf anzubieten.

Breite Produktpalette, erschwingliche Preise

Der im Jahr 2003 von gleichnamigen chinesischen Mischkonzern gegründete Autobauer BYD setzte bis 2020 jährlich höchstens 500.000 Fahrzeuge ab, bis er 2022 erstmals mit reinen Elektroautos groß herauskam. Eine starke Position auf dem Heimatmarkt, wo die Nachfrage nach Stromern auf vollen Touren läuft, stellt die Basis für die Expansion ins Ausland dar. Der Autobauer aus der aufstrebenden Metropole Shenzhen im Süden des Landes kann eine breite Produktpalette vorweisen, die auch Modelle zu erschwinglichen Preisen umfasst. Dadurch sind die Chancen gut, neue Kunden für sich zu gewinnen. Das Einstiegsmodell Seagull kostet umgerechnet weniger als 10.000 US-Dollar. Dabei handelt es sich nicht um ein Brot-und-Butter-Auto, denn auch die preisgünstigen BYD-Modelle sind ansprechend ausgestattet und verfügen über gehobene Technologie, auch im Bereich der automatisierten Fahrfunktionen. Die sind bei chinesischen Autokäufern sehr beliebt, um entspannter durch den überaus dichten und stockenden Verkehr der Millionenstädte zu kommen.

Immer einen Schritt voraus

Dem Autohersteller zugute kommt, dass der Mutterkonzern seinen Ursprung in der Batterieentwicklung und -produktion hat. Experten schätzen, dass chinesische Akkuhersteller technologisch bis zu zehn Jahre gegenüber den Wettbewerbern in Europa voraus sind. Inmitten der weltweiten Transformation zur Elektromobilität ist das ein klarer strategischer Vorteil. Was das bedeutet, zeigte BYD kürzlich erst. Mit dem neuen Ladesystem „Super-E-Plattform“ will BYD Schnelladen mit 1.000 kW ermöglich. Das soll in nur fünf Minuten eine Reichweite von 400 Kilometern erlauben. Wenn das zutrifft, würde BYD die Leistungsfähigkeit von Teslas „Supercharger“-Ladesäulen, die bislang als „state of the art“ gelten, um nicht weniger als das Doppelte übertreffen. Das Laden von Elektroautos nähme damit kaum mehr Zeit in Anspruch als das Tanken von Verbrennern – und einer der großen Vorteile von Benzin- und Dieselautos fiele damit weg.

Europa fest im Blick

Bei der Expansion von BYD in ausländische Märkte hat Wang Chuanfu auch Europa im Blick. Hier ist das Unternehmen seit gut vier Jahren aktiv und investiert kräftig, unter anderem in die Errichtung von Fabriken in Ungarn und der Türkei. Auch die neuen Ladesäulen, von denen zunächst 4.000 Stück in China errichtet werden sollen, will man hier in den kommenden Jahren aufstellen.

Produktionsstätte in Deutschland geplant

In Deutschland, wo die chinesische Automarke ihren Marktanteil im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum verdreifachen konnte (1.230 Pkw ergeben einen Marktanteil von 0,2 Prozent), baut BYD derzeit sein Händlernetz aus und prüft Medienberichten zufolge auch, eine Produktionsstätte in Betrieb zu nehmen. Die jährliche Kapazität soll bis zu 500.000 Fahrzeuge für den europäischen Markt betragen.

Der Konzern BYD – BYD ist ein Akronym für „Build Your Dreams“, was so viel wie „Baue Deine Träume“ heißt –  wurde 1995 als Batterieproduzent gegründet, stieg Anfang des Jahrhunderts ins Autogeschäft ein und lernte schnell durch die Adaption von Modellen etablierter ausländischer Hersteller. Das Unternehmen nutzt sein Know-how und die Erfahrung aus der Batterieentwicklung und Produktionsoptimierung. Die Mehrheitsaktionäre sind neben Wang Chuanfu der zweite Konzerngründer, Xiang Yang Lu. Beide Privatpersonen verfügen zusammen über gut 30 Prozent der Aktien. Nennenswerten Einfluss als Aktionäre mit einem Anteil von einem bis fünf Prozent am Konzern haben außerdem der Staatsfonds China Investment sowie die US-Invest­mentgesellschaften Blackrock und Berkshire Hathaway. Letzterer ist ein Unternehmen des Milliardärs Warren Buffett.

Autor: Kristian Glaser (kb), Abbildung: Pixabay / distelAPPrath