//Das Auto lernt hören: Den Straßenverkehr akustisch analysieren 

Das Auto lernt hören: Den Straßenverkehr akustisch analysieren 

Akustische Signale sind wichtig für die Orientierung im Straßenverkehr und um gefährliche Situationen gar nicht erst entstehen zu lassen. So kündigen die Sirenen ein Einsatzfahrzeug lange Zeit an, bevor man es sieht; das Geräusch spritzenden Wassers weist auf eine nasse Straße hin; ertönt von irgendwoher ein unerfindliches Klappern, sucht man tunlichst die nächste Werkstatt auf. Doch die Crux ist, dass die Insassen moderner Pkw diese Warnungen gar nicht wahrnehmen können. Denn Generationen von Ingenieuren tüftelten und tüftelten, um von den Fahrzeuginsassen möglichst jedes störende Geräusch fernzuhalten, und nun muss man feststellen, dass das gar nicht so gut ist, weil für die Sicherheit wichtige Informationen gleich mit weggedämmt werden.

Das hat das Fraunhofer-Institut für Hör-, Sprach und Audiotechnologie (HSA) in Oldenburg auf den Plan gerufen. Im Auftrag von Autoherstellern und Zulieferern entwickeln die Wissenschaftler nach eigenen Angaben Sensortechnologie und Algorithmen, mit deren Hilfe die Außengeräusche gezielt für die Fahrzeuginsassen aufbereitet werden. Darüber hinaus will man die akustischen Signale „von draußen“ gezielt einsetzen, um für Assistenz- und automatisierte Systeme die Umfelderfassung zu optimieren. Sogar die sprachliche Interaktion mit anderen Verkehrsteilnehmern aus dem Auto heraus will man ermöglichen. „Das hörende Auto“ (The Hearing Car) heißt das Projekt, mit dem die Wissenschaftler dem fahrbaren Untersatz die Sinne erweitern wollen.

Zu diesem Zweck müssen sie zuerst die für den Verkehr und die Verkehrssicherheit relevanten Geräusche bestimmen, herausfiltern und durch Algorithmen detektierbar machen. Beispielsweise bei dem ungelösten Problem der Abbiegeunfälle von Lastwagen an Fußgänger- und Fahrradüberwegen. Eine „akustische Szenenanalyse“ durch Mikrofone, die in Spiegeln oder Kameraarmen integriert sind, könnte gegen den toten Winkel beim Abbiegen eingesetzt werden, ist man bei Fraunhofer überzeugt. Der Fahrer erhielte dann zusätzliche Informationen, die ihm das sichere Abbiegen vereinfachten. Oder man würde frühzeitig informiert, aus welcher Richtung der Krankenwagen angefahren kommt oder dass das Klappern von einem Rad kommt und schleunigst behoben gehört.

Damit nicht genug: Das Prinzip der akustischen Warnung könnte für das schwer einsehbare Rückwärtsfahren eingesetzt werden, etwa beim Parken, Rangieren oder Ankoppeln eines Anhängers. Akustische Signale wären hier „eine große Hilfe“, weiß man beim Fraunhofer-HSA, und geht so weit, dass ein Autofahrer über Mikrofone und intelligente Software mit anderen Verkehrsteilnehmern interagieren könnte, „ohne die Fenster öffnen zu müssen“.

Kristian Glaser (kb)
Foto: Fraunhofer-Institut für Hör-, Sprach und Audiotechnologie (HSA)