Die Missachtung einer roten Ampel zählt zu den „populärsten Verkehrsvergehen auf Österreichs Straßen“ und gilt als eine der Hauptunfallursachen in dem Alpenland, „leider mit steigender Tendenz“, wie das nationale Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) feststellen musste. Also machten sich die Experten an eine großangelegte Untersuchung, um zu ermitteln, welche Verkehrsteilnehmer am meisten rote Ampeln ignorieren, warum dieser „fatale Trend“ zu Rot überhaupt besteht und mit welchen Folgen für die Verkehrssicherheit er verbunden ist. Zu diesem Zweck wurden die Daten aller Unfälle im Land zwischen 2017 und 2021 analysiert, es wurde Videomaterial von zehn markanten Kreuzungen ausgewertet und eine repräsentative Befragung durchgeführt.
Die Ergebnisse bestätigen die unrühmliche Beliebtheit der „Rotlichtmissachtung“. Von zehn Befragten gaben vier an, in den vorangegangenen fünf Jahren mindestens einmal eine rote Ampel nicht beachtet zu haben. Besonders unter den Fußgängern, Radfahrern und E-Scooter-Fahrern gibt es viele, denen das rote Licht egal zu sein scheint. Allein 15 Prozent der befragten Fußgänger und zehn Prozent der E-Scooter-Fahrer erklärten, mindestens zwei- bis dreimal pro Woche eine Straße bei Rot zu überqueren. Bei den Pkw-Fahrern ist es nur jeder fünfzigste, wie die Auswertung der Videoaufzeichnungen ergab. Dabei kam auch heraus, dass der typische Rotlicht-Sünder männlich und im Alter zwischen 19 und 39 Jahren ist.
Auch wenn sich Autofahrer nahezu immer an die Signalanlagen halten, die Wirkung bei einem Verstoß ist um so gravierender. Das KFV fand heraus, dass es bei zwei Drittel der untersuchten Unfälle ein Pkw-Fahrer war, der sich nicht an das rote Leuchtzeichen gehalten und die Kollision verursacht hatte. Immerhin kommt es in Österreich im Schnitt zu jährlich 525 Rotlicht-Unfällen mit Personenschaden. 774 Menschen werden verletzt.
Warum sich jemand nicht an eine rote Ampel hält, dafür gibt es vielerlei Gründe. Die KFV-Befragung ergab, dass Fußgänger, Rad- und E-Scooter-Fahrer in der Regel mit Absicht eine rot anzeigende Ampel missachten. Etwa weil weit und breit niemand auf der Straße zu sehen ist oder weil ihnen die Wartezeit zu lang vorkommt. Auffällig ist auch, dass viele Fußgänger in der Nähe von Haltestellen das rote Licht nicht berücksichtigen.
Gleichzeitig stellte sich heraus, dass Pkw- und Motorradfahrer das Stopp-Gebot bei Rot in den seltensten Fällen willentlicht übertreten. Ihnen ist das Risiko durchaus bewusst. Wenn sie trotzdem weiterfahren, sind sie in der Mehrzahl unaufmerksam oder sonst abgelenkt.
„Sicherheit beginnt im Kopf“
Um die Sicherheit an Kreuzungen zu verbessern, schlagen die befragten Personen mehrheitlich vor, die Wartezeiten an Ampeln zu verkürzen und eine Ankündigung zu installieren, wann wieder mit grünem Licht zu rechnen ist, beispielsweise durch eine Anzeige mit den verbleibenden Sekunden. Mehr Überwachung und härtere Strafen wurden ebenfalls als geeignete Mittel zur Reduzierung von Rote-Ampel-Unfällen genannt. Allerdings beginne Sicherheit „im Kopf“, heben die KFV-Fachleute hervor. Nur wenn das Risiko, bei einem Rotlichtverstoß zu verunglücken, von den Verkehrsteilnehmern erkannt und auch beachtet werde, könne mehr Sicherheit geschaffen werden.
Das KFV schlägt den Einsatz bedarfsorientierter Ampelschaltungen und standortspezifischer Signalprogramme vor, um die Rotphasen zu verkürzen, ohne den Autoverkehr stärker zum Stocken zu bringen. Darüber hinaus wird angeregt, die erlaubte Höchstgeschwindigkeit an unfallträchtigen Kreuzungen zu reduzieren und die Strecken, die Fußgänger zur Überquerung einer Straße zurücklegen müssen, zu verkürzen.
Beate M. Glaser (kb)
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