//Alles bleibt anders – Retro Classics wechselt Besitzer

Alles bleibt anders – Retro Classics wechselt Besitzer

Die Pressekonferenz zur RetroClassics 2023 begann mit einem Paukenschlägchen: Karl Ulrich Hermann, Gründer und langjähriger Geschäftsführer der Veranstaltung, geht in den Ruhestand und hat seine „Erfindung“ an den Messeveranstalter AFAG, Nürnberg, verkauft.  

So richtig überrascht war trotz der emotionalen Abschiedsrede von Hermann keiner der anwesenden Journalisten, denn die Botschaft war ja längst publik gemacht und insofern nicht neu: Ab 1. März 2023 heißen die Macher der Retro Classics Henning und Thilo Könicke, Cousins aus Nürnberg. Sie bringen als Geschäftsführer des Familienunternehmens AFAG langjährige Erfahrung in der Messebranche mit. Man darf gespannt sein, ob es den neuen Herren gelingt, die Retro Classics wieder in stabiles Fahrwasser zu lenken.

Denn nach Corona-bedingtem Ausfall (2021) und einer „Notveranstaltung“ im letzten Jahr zeigten sich die Hallen, allen euphorischen Beteuerungen zum Trotz, doch sehr gelichtet. Zwei Hallen waren gar nicht bespielt und in den übrigen taten sich große Lücken auf, teils notdürftig mit hastig reingestellten Oldtimern, verbreiterten Gängen oder einigen als Fremdkörper empfundenen Ausstellern bestückt. Die massiv gestiegenen Preise (Inflation, Energiekosten!) hielten manchen potenziellen Messebeschicker vom Engagement in Stuttgart ab. Ulrichs Abgang wurde dann auch recht unterschiedlich kommentiert: „Der Lotse geht von Bord“, bedauerten die einen, „Der Kapitän verlässt das sinkende Schiff“, lästerten andere – man wird sehen.

Das Publikum, am Eröffnungstag zahlenmäßig noch recht zurückhaltend, kam dann angeblich doch noch in erhofftem Maß. Rund 82.000 Besucher meldeten die Veranstalter und zeigten sich gleichermaßen überrascht wie zufrieden; auch wenn‘s nicht, wie lautstark verkündet, ein Rekordergebnis war. Immerhin hatte man vor drei Jahren bereits über 90.000 Besucher gezählt.

Sei’s drum, wer kam, kam auf seine Kosten. Vom klapprige Fahrrad mit Hilfsmotor bis zum HighTech-Renner von Porsche reichte das Spektrum der ausgestellten und angebotenen Fahrzeuge. Zwar rümpfte mancher Besucher angesichts brandneuer Exponate die Nase – doch die Retro Classics ist eben keine reine Oldtimer-Veranstaltung, sondern firmiert ausdrücklich als „Messe für Fahrkultur“ – das lässt genügend Interpretations-Spielraum. So präsentierten internationale Premium-Händler edles Räderwerk und das, was sie unter Fahrkultur-Lifestyle verstehen. Restaurierungsbetriebe zeigten ihr handwerkliches Geschick und mitunter auch neue Verfahren für altes Blech. Marken-Clubs inszenierten ausgefallene Stände und Sonderschauen und in der Verkaufsbörse wie auch im Teilemarkt wechselten zahlreiche alte und neue Schätzchen ihre Besitzer.

Ein paar ungewöhnliche Highlights seien noch erwähnt: Porsche zelebrierte „75 Jahre Sportwagenbau“. BMW hielt mit „100 Jahre BMW-Motorrad“ dagegen. Aston Martin zeigte sein erstes Hypercar „Valkyrie“. Höchst modern ging’s am Stand von SimRacing zu, der mit professionelle Simulatoren das Rennfieber von Jung und Alt schürte. Ganz originell auch die Idee einen Jahrgang zu feiern: 1953. Dort versammelten sich die 70jährigen vom Schlage Ford Comète, Mercedes-Benz 170 S, Opel Kapitän oder NSU Quickly. Nostalgiker („Ja- weißt-Du-noch-so-sah-unsere-Tanke-früher-auch-aus“) freuten sich über eine originalgetreue FINA-Tankstelle im Stil der biederen 60er-Jahre. Statt der üblichen Hochglanz-Fotos von Edelkarossen à la Mercedes 300 SL, Porsche 911 oder Jaguar E-Type deshalb in der Fotogalerie ein Streifzug mit Fokus auf die Mauerblümchen.

Text und Fotos: /fps

Aufmacher: Die neuen Retro-Macher Henning (li) und Thilo (re) Könicke mit dem Gründer Karl Ulrich Herrmann