//Unfallprävention: Wie schützt man Radfahrer vor Rechtsabbiegeunfällen?

Unfallprävention: Wie schützt man Radfahrer vor Rechtsabbiegeunfällen?

Abbiegeunfälle zwischen Auto- und Fahrradfahrer enden oft sehr tragisch und schlagen in der Öffentlichkeit hohe Wellen. In der Regel kommt es zu einem solchen Zusammenstoß, weil der abbiegende Pkw- oder Lkw-Fahrer den von rechts kommenden und vorfahrtsberechtigten Radler nicht sah. „Die Ursache für solch einen Unfall liegt häufig in einer fehlerhaften Blickstrategie der Autofahrer, die aufbauend auf einer falschen Erwartungshaltung dazu führt, dass die Radfahrer nicht wahrgenommen werden“, stellen Frauke Luise Berghöfer und Anja Katharina Huemer, Psychologinnen an der Universität Braunschweig, fest. Weshalb Autofahrer diese unbewusste Erwartung an Kreuzungen und Straßeneinmündungen einnehmen und welche wirksamen Gegenmaßnahmen zur Verhütung von Rechtsabbiegeunfällen es gibt, haben die Wissenschaftlerinnen in einer Studie untersucht.

Sie ließen gut 70 Versuchspersonen im Alter von 18 bis 34 Jahren in einem Fahrsimulator verschiedene Einbiegesituationen nachfahren. Dabei war wie im realen Verkehrsgeschehen die Sicht auf den Kreuzungsbereich unterschiedlich gut, und die Radwege waren verschieden markiert.

Neben der „visuellen Unaufmerksamkeit“ machen die Forscherinnen gleich zwei Arten von Blickfehlern aus, die einen Unfall maßgeblich begünstigen. Zum einen schauen rechtsabbiegende Autofahrerinnen und Autofahrer sehr viel seltener nach rechts als nach links. Zum anderen kommt es gar nicht so selten vor, dass beim Rechtsabbiegen zwar zum Radweg geschaut wird, der Fahrer einen herankommenden Radfahrer trotzdem nicht wahrnimmt. Verkehrssicherheitsexperten nennen dieses Phänomen „geschaut, aber nicht gesehen“.

Die Ursache für diese psychologische Erscheinung liegt in einer falschen Erwartungshaltung. So weiß man, „dass Menschen ihre Aufmerksamkeit unter anderem dorthin lenken, wo sie häufig und für sie wichtige Reize erwarten“, erläutern Berghöfer und Huemer. Das ist gleichzeitig auch die Erklärung für solch skurril anmutende Alleinunfälle, bei denen ein aus der Spur geratenes Fahrzeug auf den einzigen Baum weit und breit zusteuert und erst durch den Aufprall auf den Stamm gestoppt wird: Der Fahrer lenkte den Wagen genau dorthin, wohin er schaute. Das gleiche kann Autofahrern passieren. Wenn sie rechts abbiegen, fixieren sich optisch vor allem auf die Fahrzeuge, die von links kommen. Die Konsequenz: „Radfahrende von rechts werden in der visuellen Suche nicht adäquat berücksichtigt“, konstatieren die Autorinnen der Untersuchung.

Es liegt jedoch nicht immer allein am Autofahrer, wenn beim Rechtsabbiegen ein Radler angefahren wird. Ein solcher Unfall kann auch damit zu tun haben, dass die Sicht auf den Radweg von der Fahrbahn aus eingeschränkt ist, etwa durch eine Hecke. Jedenfalls wird das Unfallrisiko dadurch „erheblich“ erhöht, warnen die Wissenschaftlerinnen.

Aus den gewonnenen Erkenntnissen stellt sich die Frage, was zur Verhinderung von Rechtsabbiegeunfällen getan werden kann. Die Braunschweiger Psychologinnen schlagen vor, weiße und rote Markierungen auf Radwegen anzubringen. Wenn der Radstreifen rot eingerahmt und mit weißen Linien kenntlich gemacht ist oder wenn die Fahrradfurt durch einen kräftig rot leuchtenden Belag von der Fahrbahn abgegrenzt wird, schauen Autofahrer deutlich häufiger und länger nach rechts, als wenn der Radweg nicht markiert wäre. Das konnte ebenfalls in der Untersuchung nachgewiesen werden. Dann nähern sich die Autofahrer auch deutlich langsamer einem kreuzenden Radweg. Neben farblichen Markierungen kann auch eine aufrüttelnde Aufpflasterungen mehr Sicherheit für Radler bringen.

Derartige Schritte erhöhen die visuelle Aufmerksamkeit der Autofahrerinnen und Autofahrer gegenüber dem Radweg und lenken den Blick auf eventuell passierende Radler. Auf jeden Fall „sind an Einmündungen Radfahrende von rechts einem hohen Unfallrisiko ausgesetzt, was es zu senken gilt“, betonen die Wissenschaftlerinnen resümierend. Da Autofahrer ihr Verhalten bei der Annäherung nicht unbedingt an die Sichtbedingungen der Kreuzung anpassen, sollte an Einmündungen stets „ausreichend Sicht zur Verfügung stehen“, mahnen Frauke Luise Berghöfer und Anja Katharina Huemer.

Beate M. Glaser (kb)
Titelfoto: Mit dem abbiegenden Lkw wird es für Radfahrer besonders kritisch, Foto: ADFC Juliane Mostertz