Verkehrsminister tragen in Bund und Ländern ein wichtiges Amt mit großer Verantwortung. Sie bestimmen die Richtlinien in ihren Zuständigkeitsbereichen, und für ihre direkten Mitarbeiter in ihren Ministerien und für ihr politisches und behördliches Spitzenpersonal ist ihr Wille Gesetz. Das schafft Abhängigkeiten, aber auch Chancen. Wichtig ist in jeder Phase ihres Amtes, dass sie den Hauptzweck ihrer Tätigkeit, das Streben nach Verkehrssicherheit ihrer Mitbürger, nie aus den Augen verlieren.
Wir wird man in Deutschland Verkehrsminister(-in) bzw. Verkehrssenator(-in)?
Artikel 33 des Grundgesetzes lautet:
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
Um das politische Amt eines Verkehrsministers kann man sich, im Gegensatz zum Amt eines Ministerpräsidenten, nicht öffentlich bewerben. Ein Kabinettsposten wie der eines Verkehrsministers wird nicht öffentlich ausgeschrieben, sondern nach einer Landtags- oder Bundestagswahl nach Gusto des jeweiligen Regierungschefs, gegebenenfalls nach einem parteiinternen intransparenten Bewerbungsverfahren, an aus Sicht des Regierungschefs geeignete Personen vergeben.
Artikel 64 Abs. 1 des Grundgesetzes lautet:
(1) Die Bundesminister werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten ernannt und entlassen.
Artikel 52 Abs. 2 der Landesverfassung Nordrhein-Westfalens lautet:
(3) Der Ministerpräsident ernennt und entlässt die Minister.
Auch eine Ausbildung zum politischen Amt und Beruf eines Verkehrsministers existiert nicht. Wer dieses Amt bekleidet, muss sich sein Arbeitsfeld inhaltlich zwangsläufig selbst erarbeiten. Alle Verkehrsminister erhielten über innerparteiliche Auswahlwege nach eher indifferenten fachlichen Kriterien ihre Ämter, das heißt keiner wurde als Fachexperte von außen in sein Amt berufen. Das exklusive und inhaltlich komplexe Berufsfeld eines Verkehrsministers kann man nur nach dem Grundsatz „learning by doing“ erlernen. Volljuristen eignen sich wegen der Hauptarbeitsfelder der kommunalen Angelegenheiten und der Sicherheit, bedingt durch die breitbandige Ausbildung, das juristisch vielseitige Referendariat und die über viele Jahre erlernte juristische Methodik, fachlich wohl am besten für die Tätigkeit.
Verkehrsminister führen ihre Ressorts in eigener Verantwortung und in Verantwortung vor dem Landtag als politischem Souverän.
Art. 51 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Bayern lautet:
(1) Gemäß den vom Ministerpräsidenten bestimmten Richtlinien der Politik führt jeder Staatsminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung gegenüber dem Landtag.
Sie haben als politische Beamte erfahrungsgemäß keine Kündigungsfrist, aber Minister dürfen, ebenso wie ihre Regierungschefs zum Beispiel gemäß Artikel 62 Absatz 1 Landesverfassung NRW jederzeit zurücktreten.
Vielfach müssen Verkehrsminister, wenn sie gleichzeitig als Abgeordnete gewählt wurden, auch am Wochenende parteipolitische Pflichttermine in ihren Wahlkreisen bewältigen, weil sie neben ihrem Ministeramt auch noch die Pflichten als Volksvertreter aus ihrem Abgeordnetenmandat zu erfüllen haben. Sie sind also gleichzeitig, insoweit verfassungsrechtlich problematisch, stets parallel in zwei Staatsgewalten tätig, in der Legislative und als Spitzenpersonen der Exekutive, haben also die schwierige Aufgabe, sich – staatsorganisatorisch bedingt – selbst kontrollieren zu müssen.
Nicht immer ist es der erklärte politische Traumjob für die Kandidatinnen und Kandidaten, aber schließlich lockt das Amt auch mit einem hohen politischen Renommee und einem pensionsfähigen Spitzengehalt für Beamte.
Was man mitbringen sollte
Eingebunden in die jeweilige Parteidoktrin treffen sie politische Entscheidungen nach Notwendigkeit und Kalkül. Nach einem für Ministerinnen und Minister amtsüblichen 13-Stunden-Tag und einer 60-Stunden-Arbeitswoche folgen nur selten ruhige, wirklich arbeitsfreie Wochenenden. Man möchte mit keinem von ihnen tauschen und sollte grundsätzlich Achtung vor ihren persönlichen Leistungen haben. Dennoch sind einige wenige inhaltliche Wünsche angebracht.
Wünschenswert wären Verkehrsminister, die auf einer fachlich hoch qualifizierten Basis ein Berufsethos pflegen und nicht nur einer Parteidoktrin folgen, ja deren Berufsethos tiefer gegründet ist als es politische Leitlinien je können. Sie sollten sich viel Zeit nehmen, um Probleme gründlich zu durchdenken.
Politisch sollten sie nicht aus der Hüfte schießen, sondern stets wohl abgewogene, ja weise Entscheidungen treffen, damit sie sich nicht alle paar Jahre korrigieren müssen, sondern die Zeit ihre Erfolge zeigen wird. Ja, entscheidungsfreudige Verkehrsminister, die auch den Mut zu unbequemen Entscheidungen haben, wären prima. Dabei wünscht man ihnen den Mut zu ehrlichen Beratern, deren Motivation nicht das nächste Beförderungsamt ist, sondern die konstruktiv und kritisch über den Tellerrand denken dürfen, jenseits aller ministerial üblicherweise erwünschten Stromlinienform.
Bürgernahe und bürgerfreundliche Verkehrsminister, die ihre Bürger und Mitarbeiter in den Dienststellen und gegebenenfalls auch im täglichen Einsatz vor Ort bei Wind und Wetter besuchen, die sich Zeit für echte Gespräche nehmen, abseits von laufenden und klickenden Kameras, ohne ein atmosphärisch störendes Blitzlichtgewitter.
Ehrliche Verkehrsminister, die offen sprechen und lieber einmal schweigen als sich selbst zu widersprechen, um einen Widerspruch dann als „alternativlos“ zu überdecken.
Verkehrsminister, die ihren Mitarbeitern auf allen Ebenen den Rücken stärken und ihnen nicht in den Rücken fallen, indem sie mehr Arbeit auf weniger Leute verteilen und autoritäre Führungsstile ihrer Spitzenbeamten widerspruchslos tolerieren und dadurch Unmenschlichkeiten ignorieren. Das wäre wünschenswert.
Wie man arbeitet und was man erreichen kann
In Bund und Ländern amtieren ständig 17 Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister, mehr nebeneinander als miteinander.
Wer Verkehrsminister sein will, benötigt fachlich qualifizierte Berater, weil niemand dazu in der Lage ist, sämtliche Facetten seiner Tätigkeit vollends zu beherrschen. Wer ein guter Verkehrsminister sein will, hört auf den Rat seiner Fachleute und macht keine juristischen und politischen Alleingänge.
Beraterkreise gibt es in Bund und Ländern. Jede Partei verfügt über einen in der Regel ehrenamtlich geführten verkehrspolitischen Arbeitskreis, der sowohl im Bund, als auch in allen Bundesländern existiert und oft auch über die Legislaturperioden hinweg arbeitet. Verkehrsminister sind dort qua Amt Mitglieder und können sich von anderen Verkehrspolitikern ihrer Parteien, aber auch externen Experten unterschiedlichster Qualifikation, denen sie vertrauen, politisch beraten lassen. In diesem Arbeitskreis sind regelmäßig alle ausgewiesenen Verkehrspolitiker einer Partei, d. h. die Mitglieder des Verkehrsausschusses des Parlaments, vertreten.
Verkehrsminister beraten sich zudem in der exklusiven Ständigen Konferenz der Verkehrsminister auch untereinander. Sie werden dabei beraten durch deren ständige Arbeitskreise und Unterausschüsse, deren Mitglieder durch Beamte aus der Bundesverwaltung und den Ländern gestellt werden. Zweimal jährlich trifft sich dieser illustre Kreis, hauptsächlich um politische Absichten auszutauschen und Prüfaufträge zu verteilen, viel zu selten, um konkrete Vereinbarungen zu treffen, die zu zählbaren Erfolgen führen.
Wenn ein Verkehrsminister darüber hinaus über echte Freunde und ein offenes Ohr gegenüber ihren Auffassungen verfügt, um auf diese Weise neben dem fachlichen auch ab und zu einen menschlichen Rat zu erhalten, könnte das sehr hilfreich sein.
Nicht zu unterschätzen ist die Rolle der jeweiligen persönlichen Referenten, die nicht nur den Terminkalender führen und die Aktenkoffer tragen, sondern auch den besten Überblick über den aktuellen fachlichen Stand ihrer Minister haben sollten. An dieser Stelle sind nicht willfährige Personen, sondern qualifizierte und vor allem loyale Mitarbeiter mit strategischem Weitblick gefragt, die einem Minister unter vier Augen auch einmal einen kritischen Vorschlag machen dürfen.
Die Abhängigkeiten eines Verkehrsministers
Ein Verkehrsminister ist auf vielfache Weise von anderen Menschen abhängig und kann nahezu kaum eine Entscheidung unbeeinflusst von komplexen Erwägungen treffen. Politisch ist er vollständig abhängig von seinem Chef, dem Ministerpräsidenten/der Ministerpräsidentin beziehungsweise im Falle des Bundesverkehrsministers von der Bundeskanzlerin/dem Bundeskanzler. Jederzeit ist der Regierungschef dazu in der Lage und auch befugt, die Kabinettsräson einzufordern und im Risikofall einen Minister auch von einem auf den anderen Tag auszutauschen, wenn das Maß aus Sicht des Regierungschefs voll ist. Abhängig ist ein Verkehrsminister in gewisser Weise auch von seiner Partei, deren verkehrspolitische Leitlinien und Beschlüsse er füglich umsetzen sollte, wenigstens sichtbare Initiativen in diese Richtung ergreifen müsste, um politisch auf lange Sicht zu überleben. Ein Verkehrsminister ist politisch und persönlich nie alternativlos, steht also beständig unter dem Leistungsdruck, sich beweisen und politisch zählbare Erfolge vorweisen zu müssen, die insbesondere im Wahlkampf von der Wählerschaft durch Stimmabgabe goutiert werden.
Eine weitere politische Abhängigkeit besteht gegenüber den politischen Spitzenorganisationen wie Städtetagen, Gemeindetagen und Landkreistagen, Gewerkschaften und Hauptpersonalräten, die allesamt spezifische Klientelforderungen stellen und direkte Einflüsse auf das Wahlvolk haben. Sie können von Fall zu Fall ein beschleunigendes Getriebeöl oder hartnäckiger Sand im Getriebe sein.
Abhängig ist ein Minister auch von seinem ihm nachgeordneten Bodenpersonal, den Mitarbeitern in seinen dem Ministerium zugeordneten Behörden. Speziell abhängig ist ein Verkehrsminister von seinen Ministerialbeamten, die jeden Tag seine Direktiven in amtliches Handeln umsetzen und für seine politischen Entscheidungen den Kopf hinhalten müssen.
Jede seiner Personal- und Sachentscheidungen oder deren Unterlassen beeinflusst die Qualität der Arbeitsergebnisse und die Motivation seiner Mitarbeiter. Ministerielle Fehlentscheidungen gehen direkt zu Lasten seines Personals und führen nicht selten zu nachhaltiger Unzufriedenheit.
Wichtige Ausnahme von den Abhängigkeiten: Ein Verkehrsminister trifft Personalentscheidungen über sein Spitzenpersonal (Staatssekretär, Abteilungsleiter, Referatsleiter, Leiter ihrer Oberbehörden) höchstpersönlich und kann dadurch Karrieren direkt ermöglichen oder verhindern. Diese Ausnahme ist durch die unbedingte Vertrauensbasis und Loyalitätszwänge einerseits gerechtfertigt, andererseits riskant. Denn durch diese Entscheidungen begibt sich ein Minister in neue Abhängigkeiten von diesem in der Regel kraft Beförderung ihm persönlich und damit quasi feudalistisch ergebenen Spitzenpersonal. Wenn ein Minister auf dieser Ebene über kein fachlich hochqualifiziertes, im besten Sinne strategisch handelndes und über den eigenen fachlichen Tellerrand hinausdenkendes Personal verfügt, ist er komplett aufgeschmissen und muss stets darum bemüht sein, politische Scherben zu kitten und Intrigen abzuwehren.
Der politische Gestaltungsspielraum
Ein Verkehrsminister verfügt nur über vergleichsweise geringe finanzpolitische Gestaltungsspielräume, weil seine finanziellen Spielräume durch den Finanzminister in Zeiten einer verfassungsrechtlich gebotenen Schuldenbremse eng gesteckt werden. Doch diese finanzielle Abhängigkeit kann durch aktuelle politische Entwicklungen – wie die viel gepriesene Klima- und Verkehrswende beweist – vollkommen ungeplant durch äußere Umstände ins Gegenteil verkehrt werden. Vergleichsweise große Spielräume bietet sein fachlicher Aufgabenkreis, den er durch innerdienstliche Erlasse und Weisungen selbst gestalten (lassen) kann, um eigene politische Erfolge bestmöglich zu organisieren. Die praktischen Erfolge verschafft ihm allerdings nur sein Personal.
Ein Minister ist dabei ständig in der verfassungsrechtlichen und menschlichen Verantwortung, sein Handeln nach außen zu erklären und zu rechtfertigen. Geschönte Bilanzen hätten dabei als verbriefte Lügen nur kurze Beine, blieben aber bei unkritischen Medien und fehlender politischer Opposition ohne Gegenwind und Gefahr für sein Amt.
Fazit
Ein Verkehrsminister ist kein unabhängiger Alleinunterhalter, sondern fest eingewoben in ein politisches und bürokratisches Netzwerk, mit Maschen, die ihn tragen oder durchfallen lassen. Benötigt werden für dieses wichtige Amt charakterlich grundehrliche, fleißige und fachlich souveräne Menschen mit Verantwortungsbewusstsein und Stehvermögen auch in schwierigen Zeiten. Wenn sie den menschlichen Kontakt zu ihren Mitarbeitern und ihrem Volk nie verlieren, deren erste Diener sie sind, können sie unverzichtbare Stützen ihres Staates sein.
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Professor Dr. Dieter Müller ist Verkehrsrechtsexperte und Träger des Goldenen Dieselrings des VdM. An der Hochschule der Sächsischen Polizei (FH) lehrt er Straßenverkehrsrecht mit Verkehrsstrafrecht. Zudem ist er Gründer und Leiter des IVV Instituts für Verkehrsrecht und Verkehrsverhalten sowie unter anderem Vorsitzender des juristischen Beirats des DVR. An dieser Stelle kommentiert der Fachmann Aktuelles zu Verkehrsrecht und Verkehrssicherheit.
Foto: BMDV