Elektroautos sind längst keine Seltenheit mehr. Allein im Mai kamen 27.000 batterieelektrische Pkw neu auf die Straßen in Deutschland. Mit der zunehmenden Zahl steigt allerdings auch das Risiko, dass ein solches E-Auto Feuer fängt. Das könnte zu einem größeren Problem werden, denn es fehlen noch die Erfahrungen im Umgang mit brennenden Akkus. Genauer gesagt: Die bestehenden Möglichkeiten für die Feuerwehrleute, ein in Flammen stehendes E-Auto zu löschen, sind alles andere als optimal. „Es ist eine neue Technik“, betont Rolf Erbe, zuständig für die Ausbildung bei der Berliner Feuerwehr- und Rettungsdienst-Akademie, und die bedeutet ein anderes Brandverhalten, als es Erbe und seine Kolleginnen und Kollegen gewohnt sind. Ihnen würde es daher helfen, „vor der Einführung der neuen Technik informiert und miteinbezogen zu werden“. Die Brandbekämpfer regten bei den Autoherstellern bereits an, Elektrofahrzeuge von vornherein so zu konstruieren, dass im Fall der Fälle das Löschen erleichtert wird. Doch damit wurden sie vom Verband der Automobilindustrie (VDA) bislang nicht gehört, kritisiert Erbe.
Ungelöste Probleme und konkrete Vorschläge
Der Feuerwehrausbilder hat auch einen konkreten Vorschlag zu machen: „Wenn bei einem Gerät ein Defekt vorliegt, zu Hause oder unterwegs, dann möchte man es ausschalten. Am besten, man hat einen Hauptschalter. Beim Elektrofahrzeug hätten wir auch gern einen Notausschalter.“ An sich ist das eine gute Idee, doch Erbe muss feststellen: „Das gibt es leider nicht.“ Der VDA hält einen solchen Notknopf für Missbrauchs anfällig. Unbefugte könnten einen Wagen komplett lahmlegen.
Ein aus Sicht der Feuerwehr weiteres ungelöstes Problem ist der Batterieblock. Der ist in einer unfallsicheren Box untergebracht, meistens im Unterboden des Fahrzeugs. Für die Brandbekämpfung kann die hermetische Abschottung aber zum Hindernis werden. „Eine bessere Möglichkeit als jetzt, um zum Löschen und Kühlen an die Batterie zu kommen, das wäre unser Wunsch“, erläutert Erbe.
Die Überlegung hat ihre Berechtigung, wenn man sich Aufbau und Funktionsweise einer Batterie genauer anschaut: Die für die Fortbewegung benötigte Energie ist im Inneren der einzelnen Batteriezellen gespeichert, die miteinander zu Packs verbunden sind. Fängt nur eine einzige der mehrere hundert zählenden Zellen zu brennen an, springt der Funke im wahrsten Sinne des Wortes auf die anderen über. Hitze und Feuer gehen dann „durch“, wie Experten es nennen. Ein solcher „Thermal Runaway“ wird nicht nur durch Feuer ausgelöst, sondern auch durch eine chemische Reaktion beispielsweise in Folge einer starken Deformation durch einen Unfall. Die Crashboxen gelten zwar als extrem belastbar und sicher, aber eine hundertprozentige Sicherheit wird es kaum geben können. Das sieht auch Erbe so und plädiert für vorbeugende Maßnahmen: „Da braucht es Ideen und neue Löscheinrichtungen“, fordert der Berliner Feuerwehrausbilder, etwa durch einen eingebauten Zugang zum Batterieblock, damit die Feuerwehrleute bei einem Unglück schnell und wirksam vorgehen können.
Vorkehrungen für eine effektive Brandbekämpfung sind generell wichtig. Bei E-Autos kommt noch eine Besonderheit hinzu, die Aufmerksamkeit und Sorgfalt verlangt: Brennt die Batterie erst einmal, kann es sehr lange dauern, bis die letzte Glut verloschen ist. Die Feuerwehr braucht dafür nicht nur Tausende Liter Wasser und zig Stunden. Selbst wenn die Gefahr gebannt zu sein scheint und kein Lodern mehr feststellbar ist, können chemische Prozesse im Batterieinneren noch Tage später das Feuer neu entfachen. Aus diesem Grund müssen havarierte Elektrofahrzeuge entweder in mit Wasser gefüllten Containern oder auf offenen „Quarantäneplätzen“ mit viel Platz abgestellt werden. Für Erbe und seine Kolleginnen und Kollegen ist das ein Argument mehr, die Vorsorge zu verbessern und den Feuerwehrleuten mit geeigneten Konstruktionen von vornherein die Löscharbeit zu erleichtern.
Kristian Glaser (kb)
Foto: Empa