//Die Infrastruktur wird „intelligent“

Die Infrastruktur wird „intelligent“

  • Straßenlaternen machen dem Notarzt Licht
  • Autofahrer werden vor Stauende gewarnt

In der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf hat ein Modellprojekt mit neuartigen Straßenlaternen begonnen. Unter der neudeutschen Überschrift „Smart City“ (intelligente Stadt) soll ausprobiert werden, wie sich moderne Technologien zur Verbesserung des Straßenverkehrs einsetzen lassen. Die multifunktionalen Straßenlaternen helfen bei der Parkplatzsuche, sammeln Wetter-, Umwelt- und andere Daten zur besseren Steuerung des Verkehrs oder dimmen bei Dunkelheit das Licht für Einsatzfahrzeuge hoch.

Das Modellprojekt wird von der Stadt, den Stadtwerken und vom Telekommunikationskonzern Vodafone getragen und durchgeführt. Auf einem Straßenabschnitt des Fürstenwalls in der Düsseldorfer Innenstadt nahe des Landtags wurden 42 mit Technologie vollgestopfte Laternen – jede acht Meter hoch – aufgestellt. Ihre Sensorik erfasst, ob die circa 170 Parkplätze am Straßenrand des Bereichs frei oder belegt sind. Die Informationen werden auf einer digitalen Anzeigetafel am Straßenrand und zusätzlich im Internet zugänglich gemacht. Ebenso erfährt man, ob die auf der Strecke befindlichen Ladestellen für E-Autos besetzt sind. Mit diesem Ansatz soll das ewige Herumkurven auf der Suche nach einem Park- oder Ladeplatz überflüssig gemacht werden, das nicht nur nervenaufreibend ist, sondern in einem hohen Maße auch die Straßen verstopft und die Umwelt belastet.

Die intelligenten Straßenlaternen verfügen sogar über Wärmebildkameras, die datenschutzrechtlich unproblematisch sind, um die vorbeifahrenden Pkw, Lkw und Fahrräder zu zählen. Damit sollen Staus und andere Beeinträchtigungen rechtzeitig erkannt und vorbeugende Maßnahmen getroffen werden können. Weitere Laternen-Sensoren erheben Umwelt- und Wetterdaten, mit deren Hilfe die Verkehrsprognosen präzisiert und auftauchende Probleme für den Verkehr schneller und besser identifiziert werden können. Darüber hinaus erkennt das System, wenn eine Feuerwehrzufahrt zugeparkt wurde (in dem Testgebiet befindet sich ein Krankenhaus), später soll es auch registrieren, wenn ein Auto in der zweiten Reihe abgestellt wird – was im engen und vielbefahrenen Fürstenwall regelmäßig ein Verkehrschaos zur Folge hat.

Die Laternen nehmen nicht nur Informationen auf, sie geben auch etwas ab. Strom zum Beispiel. An fünf der Projekt-Laternen können E-Autofahrer „tanken“, und eine Laterne verfügt – erstmals in Deutschland – über eine „Small-Cell“-Antenne für den ultraschnellen Mobilfunkstandard 5G. Gegenüber einem herkömmlichen 5G-Mast, der auf einem Dach platziert wird, deckt die 5G-Laterne zwar nur ein kleineres Gebiet ab, liefert dafür aber stabilere Verbindungen mit mehr Bandbreite.

Intelligente Straßenlaterne, Foto: Stadtwerke Düsseldorf

Auch in ihrer eigentlichen Funktion als Lichtspender bieten die „smarten“ Laternen interessante Neuerungen. Nicht nur, dass sie im Unterschied zu ihren rötlich leuchtenden Vorgängern ein angenehm helles und verbrauchsarmes LED-Licht liefern. Zudem kann die Leuchte, wenn nachts wenig los ist auf der Straße, zusätzlich energiesparend gedimmt werden. Der Clou ist aber: Sind Notarzt, Feuerwehr oder Polizei in einem Einsatz unterwegs, können einzelne Leuchten gezielt angesteuert und heller eingestellt werden, um für eine bessere Beleuchtung zu sorgen.

Den Abschnitt des Fürstenwalls mit den eingezeichneten Parkplätzen kann jedermann unter https://duesseldorf.cleverciti.com einsehen. Auf der digitalen Straßenkarte sind auch Straßennamen, Ampeln, Haltestellen, Geschäfte und Einrichtungen ausgewiesen. 

Beim Start des Modellprojekts am 20. April sagte Düsseldorfs Oberbürgermeister, Stephan Keller (CDU): Die neuartigen Laternen zeigten, „wie uns die Digitalisierung helfen kann, Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit zu finden“. Das Vorhaben soll einen Beitrag zur Luftreinhaltung und zum Klimaschutz leisten, die Lebensqualität der Einwohner erhöhen und die Nutzung der Straßeninfrastruktur verbessern. Die Funktionen, die sich in der einjährigen Testphase bewähren, sollen auch in anderen Stadtteilen Düsseldorfs zum Einsatz kommen.

Stauende-Alarm auf Autobahn in Baden-Württemberg

Ein weiteres Modellprojekt zur intelligenten Infrastruktur wurde dieser Tage in Baden-Württemberg gestartet: der Stauende-Alarm. Er soll Auffahrunfälle auf der Autobahn verhindern oder in ihrem oftmals tödlichen Ausgang abmildern helfen. Denn Kollisionen am Ende eines Staus gehen fast immer schlimm aus, vor allem, wenn ein schwerer Lastwagen involviert ist. Nach Angaben des Verkehrsministeriums in Stuttgart sind vier von fünf Menschen, die bei einem Lkw-Unfall ums Leben kommen, in einen Stauende-Unfall geraten.

Moderne Sensorik warnt vor Stauende, Foto: Verkehrsministerium Baden-Württemberg

In der nun gestarteten Erprobungsphase wird der Stauende-Alarm an einer Baustelle auf der A 8 bei Pforzheim eingesetzt. Radarsystemen und Induktionsschleifen ermitteln die aktuellen Verkehrsdaten. Nach einer Auswertung durch einen Computer sollen die Autofahrer dann mit einer Genauigkeit von 250 Metern und mit einem Vorlauf von einer Minute vor einem gefährlichen Stau gewarnt werden, entweder per App, Routenplaner oder Navi.

Nach der zweijährigen Erprobung soll das System an staureichen Autobahnstellen zum Einsatz kommen. Beteiligt sind neben dem baden-württembergischen Verkehrsministerium die Verkehrstelematik-Firma AVT Consult und ITS-United, ein Experte für Verkehrsmanagement. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sagte: „Neben der Expertise und den innovativen Ideen aus der Praxis braucht es auch eine vorausschauende Gestaltung der Rahmenbedingungen und gemeinwohlorientierte Impulse.“ Diese Rolle nehme das Ministerium wahr.

Kristian Glaser (kb)
Titelfoto: Stadtwerke Düsseldorf