//Automarkt-Bilanz 2020: Globales Krisenjahr

Automarkt-Bilanz 2020: Globales Krisenjahr

2020 ist ein schweres Krisenjahr für die internationale Automobilwirtschaft gewesen. Die Lockdown-Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie verschärften die sich Ende 2019 ankündigende globale Absatzflaute auf den Automärkten. Folge: Die Nachfrage ging teils noch stärker zurück als in der Banken- und Finanzkrise zehn Jahr zuvor. 

Eine Ausnahme bildet China, wo das Coronavirus derzeit unter Kontrolle zu sein scheint. Obwohl es sich dort bereits seit Anfang 2020 verbreitete, verlor der Markt für Pkw und Lkw im Gesamtjahr nur zwei Prozent. Schon im Dezember wurde mit 2,8 Millionen abgesetzten Autos ein Verkaufsplus von über fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gemeldet.

China konnte 2020 seine Position als größter Automarkt der Welt ausbauen. Dort werden innerhalb von fünf Wochen etwa so viele neue Personen- und Lastwagen verkauft wie in Deutschland im ganzen Jahr. Speziell für die drei großen deutschen Autokonzerne BMW, Daimler und Volkswagen ist das Reich der Mitte das wichtigste Absatzgebiet.

In den Vereinigten Staaten wurden 2020 nach ersten Schätzungen insgesamt 14,5 Millionen Autos verkauft, das ist ein Rückgang zu 2019 von 15 Prozent und das niedrigste Niveau seit acht Jahren. BMW schnitt hier schlechter als der Gesamtmarkt ab und verkaufte 18 Prozent weniger Autos. Bei Mercedes-Benz und Volkswagen sieht es nicht ganz so schlimm aus, doch auch sie haben zweistellige prozentuale Rückgänge zu verkraften. Die Wolfsburger können aber für das vierte Quartal ein Plus von elf Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum vorweisen, vor allem durch die starke Nachfrage nach großen SUV. 

Ähnlich sieht es bei den US-amerikanischen Autobauer auf ihrem Heimatmarkt aus. General Motors (GM) schließt 2020 mit einem Absatzminus von zwölf Prozent ab, kann aber für den Zeitraum Oktober bis Dezember eine Steigerung von fünf Prozent melden. Schlechter ging das Jahr für Fiat-Chrysler und Ford zu Ende. Sie verloren gegenüber 2019 im US-Absatz 16 bis 17 Prozent. Nicht viel anders ging ihr Schlussquartal aus.

Der Pkw-Absatz in Westeuropa (einschließlich Großbritannien, Island, Norwegen und der Schweiz) schrumpfte 2020 massiv um ein Viertel auf 10,8 Millionen Autos. Der Absturz in der Bankenkrise 2009/10 oder in der Schuldenkrise 2013 war nicht heftiger. Am härtesten traf es Griechenland, Spanien und Portugal mit Einbrüchen von rund einem Drittel aus. Auch die Nachfrage in den starken Autoländern Frankreich, Großbritannien und Italien ging ausgeprägter zurück als im westeuropäischen Durchschnitt: um bis zu 29 Prozent. 

Im Vergleich dazu verlief das soeben beendete Autojahr in Deutschland fast glimpflich. Die Zahl der Pkw-Neuzulassungen rutschte um 19 Prozent auf unter drei Millionen ab. Im Dezember verbesserten sich die Verkaufszahlen um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Dabei müssen allerdings Vorzieheffekte berücksichtigt werden. Wegen der auslaufenden Mehrwertsteuersenkung verlegten viele Verbraucher den Autokauf in den Dezember vor.

Marktführer in Deutschland bleibt Volkswagen mit einem Marktanteil von 18,0 Prozent. Jedoch schmolz der große Abstand zum Wettbewerb etwas, weil die Wolfsburger ein Fünftel weniger Pkw auf ihrem Heimatmarkt verkauften als 2019 und damit schlechter als der Gesamtmarkt abschnitten. Im letzten Monat 2020 erreichten sie jedoch eine satte Verbesserung zum Dezember 2019 um 22 Prozent.

Mercedes-Benz, der ewige Zweite auf dem deutschen Automarkt, baute 2020 seinen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz im Premiumbereich mit einem vergleichsweise moderaten Minus von elf Prozent und einem erhöhten Marktanteil von zehn Prozent aus. Im Dezember verkauften die Stuttgarter immerhin ein Viertel mehr Pkw. BMW fand 14 Prozent weniger Autokäufer im Gesamtjahr und kommt auf einen Marktanteil von 8,3 Prozent, und Audi schnitt um 20 Prozent schlechter als 2019 ab und erreicht nun einen Anteil von 7,3 Prozent.

Starke Importeure

Für Ford und Opel schloss 2020 mit insgesamt rund einem Drittel weniger Verkäufe in der Bundesrepublik. Nur zwei Autobauer schafften es hier, im Krisenjahr mehr Autos an den Mann oder die Frau zu bringen als 2019, nämlich Fiat mit plus 0,2 Prozent (Marktanteil 3,1 Prozent) und Tesla mit plus 56 Prozent (0,6 Prozent).

Stärkster Autoimporteur in Deutschland ist nach wie vor Škoda. Die tschechische VW-Tochter setzte unterdurchschnittliche 13 Prozent weniger Pkw ab und zieht im Gesamtvergleich mit einem Anteil von 6,2 Prozent an Opel vorbei. Der zweitstärkste Importeur ist Renault, gefolgt von Seat. Beide verbesserten ebenfalls ihre Marktanteile.

Das beliebteste Auto in Deutschland bleibt mit 134.000 Auslieferungen im vergangenen Jahr der VW Golf. Auf die Plätze zwei und drei kommen Tiguan und Passat, ebenfalls von Volkswagen.

Das Coronajahr 2020 ist auch das Jahr des Elektroauto-Durchbruchs. 194.000 neuzugelassene reine Stromer in Deutschland bedeuteten eine Verdreifachung zu 2019. Bereits jeder vierte neue Pkw war 2020 mit Hybrid- oder Elektroantrieb ausgestattet. Das gilt auch für den Weltmarkt. So konnte Mercedes seinen internen Elektroanteil im internationalen Verkauf – von einem niedrigen Niveau aus – verdreifachen, und BMW verkaufte zusammen mit Mini dreimal mehr elektrifizierte Autos als im Vorjahr. 2021 werden die Stuttgarter die Weltpremieren von gleich vier vollelektrischen Modellen feiern (EQA, EQB, EQE, EQS), und bei den Münchenern kommen zu i3 und iX3 heuer iX und i4 dazu. Volkswagen meldet, dass der Golf-Nachfolger ID.3, der spät im Jahr startete, gut angelaufen sei. Im Dezember war der Elektro-Kompaktwagen das meistverkaufte Auto in Schweden und der beliebteste reine Stromer in Deutschland. 2021 wird VW das E-SUV ID.4 folgen lassen.

Insgesamt kamen die drei größten deutschen Autohersteller unterschiedlich durch das Krisenjahr. BMW und Mercedes setzten sieben und zehn Prozent weniger Autos ab, während VW Pkw 15 Prozent weniger Autos verkaufte. Die relativ guten Verkaufszahlen in China verhinderten bei allen dreien, dass es noch schlechter ausging. Von BMW und Mercedes wird inzwischen mehr als jedes dritte Fahrzeug im Reich der Mitte verkauft, bei VW ist es mehr als jedes zweite.

Unterm Strich zeigt sich, dass jene Länder wirtschaftlich am besten durch die Coronakrise kamen, welche die Pandemie am wirksamsten aufzuhalten wussten. Während die Pkw-Verkaufszahlen in Europa und den USA 2020 stark schrumpften, kann China zum Jahresende bereits wieder positive Verkaufszahlen im Automobilsektor melden. 

Es wäre leichtfertig, die Ursache für die Autokrise allein auf die Pandemie zurückzuführen. Die Probleme im Verkehrs- und Automobilbereich reichen tiefer. Daher ist interessant, dass im vergangenen Jahr auch der E-Auto-Boom einsetzte, unterstützt durch staatliche Kaufsubventionen. Auf diese Weise geben sich öffentliche Investitionen zur Krisenbewältigung einerseits und andererseits zur Verbesserung der Luftqualität die Hand.

Kristian Glaser (kb)
Foto: Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK)