//E-Auto-Boom bei weiter rückläufiger Gesamtnachfrage

E-Auto-Boom bei weiter rückläufiger Gesamtnachfrage

Die für den Umweltbonus zuständige Behörde bekommt die Flut der Anträge offenbar nur schwer in den Griff. Nach Angaben des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gingen allein im Oktober 32.000 Anträge von Käufern neuer Elektro-, Plug-in-Hybrid- und Wasserstoff-Pkw ein. Das entspricht einer Verdreifachung gegenüber dem Vorjahresmonat. Im Juli lag die Zahl der Förderbegehren noch bei 20.000, im August bei 22.000 und im September schon bei 27.000. Damit wurden seit Juli über 100.000 Anträge eingereicht, mehr als im gesamten vergangenen Jahr. Die BAFA mußte die Zahl der zuständigen Mitarbeiter bereits um vierzig Prozent erhöhen, um mit der Bearbeitung hinterherzukommen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kommentierte diese Entwicklung als einen „vollen Erfolg“, der das steigende Interesse der Bevölkerung an E-Autos zeige und ein gutes Signal für den Klimaschutz sei.

Die staatliche Kaufförderung emissionsarmer oder gänzlich emissionsfreier Pkw begann im Juni 2016 mit der Einführung des Umweltbonus durch die Bundesregierung. Die Fördersumme betrug anfangs bis zu 4.000 Euro pro Neuwagen, jeweils hälftig finanziert durch die öffentliche Hand und die Autohersteller.

Dreiklang: Konjunkturbelebung, Umbruch der Branche, Klimaschutz

Weil die gewünschte Wirkung auf die Nachfrage ausblieb und die Verbraucher von dem Umweltbonus kaum Gebrauch machten, wurde der Zuschuß im November 2019 auf bis zu 6.000 Euro erhöht. Als Antwort auf die durch den Corona-Lockdown verschärften wirtschaftlichen Probleme hob die Bundesregierung im vergangenen Juni ihren Anteil an dem Kaufanreiz erneut an. Seitdem werden Käufern bis zu 9.000 Euro ausgezahlt. Die von Teilen der CDU unterstützte Forderung der Automobilhersteller, die Prämie auf Autos mit Verbrennungsmotor auszuweiten, fand keine Zustimmung im Bundeskabinett. Insbesondere die SPD stemmte sich dagegen, weil sie die Stärkung der Autonachfrage enger mit den Erfordernissen des Klimaschutzes und dem Umbau der Autoindustrie verbinden wollte. Daher wurde der Umweltbonus in „Innovationsprämie“ umbenannt.

Spätestens seit diesem Zeitpunkt erhöht sich der Absatz von E-Autos deutlich. Im Oktober stieg die Zahl der Neuzulassungen batterieelektrischer Pkw im Vergleich zum Vorjahresmonat um 365 Prozent. Laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) machten 23.200 Stromer einen Anteil am Neuwagenmarkt von 8,4 Prozent aus. Fast genauso stark boomen die Plug-in-Hybriden. Ihre Verkaufszahlen verbesserten sich um rund 260 Prozent auf 24.900 Autos. Das entspricht einem Marktanteil von 9,1 Prozent. Die „Steckdosen“-Hybriden stehen jedoch in der Kritik, sich in der Praxis nicht wie gewünscht auf den Klimawandel auszuwirken, weil die Autofahrer den Wagen selten von außen aufladen. Deshalb muß der Verbrenner um so mehr leisten, mit der Folge, daß Plug-in-Hybrid-Pkw eher mehr als weniger Kraftstoff verbrauchen und Treibhausgase ausstoßen.

Auch in Europa sind die Stromer im Kommen. 600.000 neue Elektroautos in diesem Jahr bedeuten nahezu eine Verdoppelung gegenüber 2019. Damit habe Europa sogar den chinesischen E-Auto-Markt überholt und mehr Elektro-Pkw als die USA auf der Straße, sagte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie.

Während Elektromobile immer beliebter werden, sind die Verkaufszahlen von Autos mit Verbrennungsmotor anhaltend und stark rückläufig. Benziner stürzten im Oktober um 30 Prozent ein und machten einen Anteil von 42 Prozent am Gesamtmarkt aus. Bei den Selbstzündern, denen die Kunden bereits seit dem Dieselskandal im Jahr 2015 den Rücken zuwenden, betrug das Minus 19 Prozent, Marktanteil: 26 Prozent. Der durchschnittliche CO2-Ausstoß aller neugekauften Personenwagen in der Bundesrepublik minimierte sich im Vergleich zum Oktober 2019 um 15,4 Prozent und macht nun 131,4 g/km aus. Das entspricht 5,7 Liter Benzin oder 5,0 Liter Diesel auf 100 Kilometer.

Insgesamt schwächelt der deutsche Automarkt immer noch, belastet durch die weltweit rückläufige Konjunktur, die Umbruchphase der Branche und die Coronakrise. Im bisherigen Jahresverlauf schrumpfte der Pkw-Absatz insgesamt um nahezu ein Viertel gegenüber den ersten zehn Monaten 2019. Im Oktober wurden laut KBA 3,6 Prozent weniger Pkw neu zugelassen als im Vorjahresmonat. Von den insgesamt 274.000 Neu-Pkw gingen 62 Prozent auf gewerbliche Käufer zurück, neun Prozent weniger als im Oktober 2019. Die Neuzulassungen durch Privatpersonen stiegen dagegen um sieben auf 38 Prozent.

Die Bundesregierung plant nun, die Innovationsprämie weiter auszubauen. Ab Mitte November soll sie mit anderen Förderprogrammen von Bund, Ländern und Kommunen kombiniert werden können. Das war im Juni noch am Widerstand des Wirtschaftsministeriums gescheitert. Die Hoffnung: Eine weitere Verbesserung der E-Auto-Nachfrage könnte sich als Motor sowohl für die Autokonjunktur als auch für den Klimaschutz auswirken.

Kristian Glaser (kb)

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Mit dem Renault ZOE ist erstmals ein Elektro-Pkw unter den Top 10 der meistverkauften Pkw

Mit 5.014 Zulassungen hat der elektrische Renault ZOE im Oktober nach vorläufigen Zahlen auf dem deutschen Markt erstmals seit seinem Marktstart vor sieben Jahren mehr als 5.000 Neuzulassungen in einem Kalendermonat erreicht. Das ist auch markenübergreifend ein neuer Rekord für ein Elektromodell. Mit diesem Ergebnis platziert sich der Renault ZOE im Oktober auf Rang 7 der Pkw-Zulassungen und damit unter den Top 10 aller verkauften Modelle auf dem deutschen Markt. Im Privatkunden-Markt gelang dem ZOE der Sprung auf Platz zwei knapp hinter dem VW Golf.

Renault/so