//Hitze und Rauch: Wie gefährlich ist ein E-Auto-Brand im Tunnel?

Hitze und Rauch: Wie gefährlich ist ein E-Auto-Brand im Tunnel?

Schweizer Forschungsinstitut führt Versuch mit brennendem E-Auto im geschlossenen Raum durch.

Benzin ist brandgefährlich, doch die Autofahrer haben sich im Laufe der Jahrzehnte an die entzündliche Flüssigkeit und den Umgang mit ihr gewöhnt. Sie sind beim Tanken umsichtig und werden durch Sicherheitstechnik unterstützt. Doch wie sieht die Sache bei Elektroautos aus? Die erhalten die benötigte Energie nicht von flüssigem Kraftstoff aus dem Tank, sondern von Strom aus der Lithium-Ionen-Batterie. Und wenn die in Brand gerät, ist sogar mancher Feuerwehrmann ratlos. Denn die Batteriezellen müssen im engeren Sinne nicht gelöscht, sondern vielmehr gekühlt werden, um das „thermische Durchgehen“ zu stoppen: Sind die Zellen einmal überhitzt, entflammen sie sich immer wieder gegenseitig. Daher benötigt die Feuerwehr riesige Mengen an Wasser. Und viel Geduld, denn es kann bis zu 24 Stunden dauern, bis die letzte Zelle Ruhe gibt. Deshalb werden scheinbar ausgebrannte E-Autos vorsichtshalber in einem Wasserbehälter verwahrt, bis man ganz sicher sein kann.

Wie gefährlich der Brand eines E-Autos in einem geschlossenen Raum wie einer Tiefgarage oder einem Tunnel ist, wusste man bislang nicht. Das ist nicht gut, sagte man sich bei der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa), denn die Zahl der E-Autos wächst stetig, und damit auch das Brandrisiko. Also machte sich das Schweizer Forschungsinstitut an ein Experiment und versammelte Batterieforscher, Korrosions- und Tunnelexperten sowie Fachleute für Brandschäden.

In einem Versuchsstollen setzten sie einen Elektrokleinwagen mit vollgeladenem Lithium-Ionen-Akku in Brand, um ein Feuer in einem geschlossenen Parkraum mit gut 30 Quadratmeter Fläche zu simulieren. Danach wurden die Test-Oberflächen und das Löschwasser chemisch analysiert und die Rostentwicklung mehrere Monate lang beobachtet. Man wollte zudem in Erfahrung bringen, wie sich der Ruß auf die Schutzanzüge von Feuerwehrleuten absetzt, wie giftig die Rückstände sind und wie sich alles reinigen lässt.

„Ein trockener Knall“, so beschreibt die Empa den kontrollierten Brand, „dann zischen meterlange Stichflammen durch den Raum und erzeugen gewaltige Mengen an dickem, schwarzem Ruß“. Die Experten sind merklich beeindruckt. „Die Sicht in dem zuvor hell erleuchteten Tunnelabschnitt geht rasch gegen null.“ Nach dem Brand ist der gesamte Raum voll mit Ruß und Asche.

„Wir haben bei unserem Experiment vor allem an private und öffentliche Betreiber von kleinen und großen Tiefgaragen oder Parkhäusern gedacht“, sagt Projektleiter Lars Derek Mellert. Für die Betreiber stelle sich zunehmend die Frage: „Was tun, wenn solch ein Auto Feuer fängt?

Welche gesundheitlichen Gefahren entstehen für meine Beschäftigten? Welche Effekte hat solch ein Brand auf den Betrieb meiner Anlage?“ Mellert kann zunächst beruhigen. Es habe sich gezeigt, dass ein brennendes Elektroauto in Bezug auf die Hitzeentwicklung nicht gefährlicher ist als ein in Flammen stehender Benziner oder Diesel. Das bedeutet aber keine Entwarnung, denn: „Die Schadstoffemissionen eines Fahrzeugbrands waren schon immer gefährlich und unter Umständen tödlich“, heißt es in dem Abschlussbericht zum Versuch. Unabhängig von der Frage Elektro oder Verbrenner sei das oberste Ziel, dass sich alle Personen möglichst schnell aus der Gefahrenzone begeben. Entscheidend ist nämlich nicht, ob sich eine Batterie oder ein Tank entzündet, sondern was für ein Material in Brand geraten ist, und hier spielt Kunststoff die entscheidende Rolle. Der wird in modernen Fahrzeugen erheblich stärker eingesetzt, im Autoinnenraum, unter der Motorhaube und auch für breitere Reifen.

Hochgefährliche Flusssäure?

Im Vorfeld des Experiments hatten die Fachleute vor der Entstehung von Flusssäure Respekt, einer hochgefährlichen Substanz. Im Versuchsstollen blieb die Konzentration jedoch im harmlosen Bereich. Gut ist auch, dass eine moderne Tunnellüftung sowohl mit dem Brand eines Verbrenner- wie auch eines Elektroautos zurande kommt. Mit erhöhten Korrosionsschäden ist auch nicht zu rechnen. „Ein Problem stellt dagegen das Lösch- und Kühlwasser dar“, mussten die Schweizer Forscher feststellen. Dessen Belastung durch Chemikalien überstieg die schweizerischen Grenzwerte um das 70- bis 100-fache.

„Es ist wichtig“, rät das Institut, „dass dieses hochbelastete Wasser nicht ohne fachgerechte Vorbehandlung in die Kanalisation läuft“. Das ist jedoch einfacher gesagt als getan, denn wie sollen Feuerwehrleute, die sich einer in Hitze und dichten Schwaden eingehüllten Brandstelle nähern, das Löschwasser auffangen? Diese Frage bleibt vorläufig offen.

Die Empa rät Laien dringend ab, eine solche Brandstelle selbst zu reinigen. Im Ruß wurden Schwermetalle wie Kobaltoxid gefunden, und die können auf menschlicher Haut starke allergische Reaktionen hervorrufen.

Besitzer von E-Autos müssen sich im Übrigen keine Sorgen machen, dass ihr Wagen bei einem Unfall leicht in Flammen aufgeht. Praxistests des ADAC zeigten, dass die durch die Crashsensorik des Fahrzeugs ausgelöste automatische Abschaltung des Hochvoltsystems genauso gut funktioniert, wie die verstärkte Rahmenkonstruktion der Batterie vor Deformationen durch eine Kollision schützt. „Aktuelle Elektroautos“, resümierte der ADAC, „sind bei einem Unfall genauso sicher wie herkömmliche Autos“.

Beate M. Glaser (kb)
Foto: Empa