Deutschland ist Weltmeister im Parkplatzsuchen. Vor drei Jahren ermittelte die Firma INRIX, ein Anbieter von Verkehrsanalysen, dass die Kosten für zusätzliche Zeit, Kraftstoff und Luftverschmutzung schätzungsweise 701 Millionen Euro allein in Frankfurt betragen. Das waren pro Fahrer 1.410 Euro. Demnach verplemperte 2017 jeder Autofahrer der Mainmetropole im Schnitt 65 Stunden für die Parkplatzsuche – und seitdem ist es nicht besser geworden. Man weiß um diese Problematik und packt auf die von seinem Navigationsgerät geschätzte Fahrtdauer wie selbstverständlich noch etliche Minuten für die Parkplatzsuche drauf.
„Durch die fehlenden Angaben, wie lange es dauern wird, einen Parkplatz zu finden, erscheint die Attraktivität des Autos im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln höher als sie tatsächlich ist“, merkt Tobias Hagen an. Der Professor für Volkswirtschaftslehre und Quantitative Methoden an der Frankfurter Hochschule für angewandte Wissenschaften (UAS) will zusammen mit seinem Team ein Modell für bestehende Navi-Apps entwickeln, mit dem sich die benötigte Zeit für die Parkplatzsuche ermitteln lässt.
Mit dem Forschungsprojekt „start2park – Parksuche erfassen, verstehen und prognostizieren“ wollen die Wissenschaftler nicht nur erreichen, dass sich ohnehin gestresste Autofahrer ein realistisches Bild von der Gesamtdauer ihrer Reise machen können. Es sollen damit auch die „Stellschrauben“ zur Reduzierung von unnötigem Parkverkehr identifiziert werden. Das Vorhaben basiert auf einem Vorgängerprojekt, mit dem sich die Wissenschaftler bereits einen umfassenden Überblick über die verfügbaren und relevanten Daten zum Parken verschafft haben sowie zur Parkqualität und zu möglichen Hindernissen.
Mit diesem Vorverständnis beginnen Tobias Hagen und seine Kolleginnen und Kollegen nun mit der Testfahrten-Phase. Dabei werden mit Hilfe von GPS-Ortung die Suchfahrten von tausend Testpersonen erfasst. Vereinzelt werden die Forscher Interviews mit den Probanden durchführen, um ein tieferes Verständnis für den Prozess der Suche, seine Bedingungen und vor allem für die auftauchenden Probleme zu entwickeln. Die erhobenen Daten sollen dann mit bereits bestehenden großen Datenbanken verbunden werden, zu denen nach Angaben der UAS auch die Trackingdaten von sechs Prozent aller Verkehrsteilnehmer in Deutschland gehören. „Daraus können mittlere Parksuchzeiten nach Stadtteiltypen und Uhrzeiten ermittelt werden“, sieht der Plan der Forscher vor.
Die Arbeit an dem Prognosemodell, das vom Bundesverkehrsministerium mit 1,5 Millionen Euro gefördert wird, wurde eben erst begonnen. Ob es am Ende wirklich in bereits bestehende Navi-Apps integriert wird oder nicht doch besser in einer gesonderten Anwendung eingesetzt wird, wollen die Wissenschaftler erst im weiteren Verlauf entscheiden. Klar ist aber, dass sie nicht nur abbilden und prognostizieren wollen. In drei Jahren, wenn das Projekt abgeschlossen sein soll, wollen sie Politikern und Stadtplanern ihre gesammelten Daten und Erkenntnisse zur Verfügung stellen, damit diese das Parkraummanagement und die Verkehrsplanung so verändern können, dass der Parksuchverkehr minimiert wird – zur Entlastung der überfrachteten Straßen, zur Verbesserung der Luftqualität und zur Schonung der genervten Anwohner.
Beate M. Glaser (kb)
Foto: Minki Cho, Pixabay