Die Automobilhersteller unternehmen einiges, um nach der schrittweisen Bewältigung der Corona-Pandemie die zwischenzeitlich gedrosselte oder ganz stillgelegte Arbeit Schritt für Schritt wiederaufnehmen zu können. Vor allem die Werke in Europa und den USA stehen weitgehend still.
Die Produktionslinien werden umgerüstet, damit die Beschäftigten besser den Mindestabstand einhalten können, wenn es wieder losgeht. Gesichtsmasken werden gestellt, und Desinfektionen durchgeführt, um die Gesundheit der im Werk tätigen Menschen zu schützen. Änderungen in den Arbeitsabläufen werden vorbereitet, um Kontakte von vornherein zu vermeiden. Alles läuft auf einen baldigen Neustart der Produktion unter verschärften Bedingungen hinaus.
Dies war auch Thema bei einer Telefonkonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und einigen Ministern ihres Kabinetts mit führenden Vertretern deutscher Automobilhersteller und des Verbands der Automobilindustrie (VDA). Auch der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann war daran beteiligt. Danach erklärte VDA-Präsidentin Hildegard Müller, dass es um die Eingrenzung der ökonomischen Folgen der Corona-Pandemie gegangen sei, was Priorität habe. Ein Datum für den Wiedereintritt in die Produktion wurde nicht festgelegt.
Sorgen bereiten den Automobilherstellern die Lieferketten. Sie verlaufen in der Regel über Landesgrenzen hinweg. Daher sei es erforderlich, sich zumindest innerhalb der Europäischen Union zu koordinieren, fordert Müller. Die Autoindustrie drängt darauf, die Öffnung der Grenzen in den Blick zu nehmen. Länder wie Italien und Spanien, die besonders hart von den Folgen der Pandemie betroffen sind und in denen wichtige Unternehmen ansässig sind, sollten unterstützt werden.
Entgegen teilweise erhobenen Forderungen nach Abschwächung der CO2-Vorgaben, um die Wirtschaft zu entlasten, bekannte sich Hildegard Müller ausdrücklich zu den Zielen der EU, den Verkehr bis spätestens 2050 klimaneutral umzugestalten. Sie dementierte, dass die Autowirtschaft versuche, beschlossene CO2-Grenzwerte zu lockern oder deren Einführung zu verzögern. Sie riet jedoch ab, Diskussionen über nochmals verschärfte Schadstofflimits für die Zeit nach 2030 jetzt zu führen: „Wir müssen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronakrise erst seriös bewerten, bevor wir über mögliche zusätzliche Belastungen sprechen.“ Die Automobilindustrie befinde sich ohnehin in einem schwierigen Transformationsprozess, betonte die VDA-Präsidentin.
Autohersteller wollen wichtige Zulieferer stützen
Aufhorchen lassen Medienberichte, wonach auch die finanzielle Liquidität der Unternehmen Gegenstand der hochrangigen Telefonkonferenz war. Demnach bereiten sich die Autohersteller darauf vor, strategisch wichtige Zulieferer zu stützen. Die großen Hersteller haben eher kein Liquiditätsproblem, jedoch kommen die Zulieferer in Bedrängnis, da sie bereits vor Ausbreitung des Coronavirus durch die Umbrüche im Automobilsektor und durch konjunkturelle Probleme in wirtschaftlich schwieriges Fahrwasser geraten waren. Anders als in anderen Ländern sind die deutschen Hersteller und Zulieferer organisatorisch und eigentumsrechtlich weitgehend voneinander getrennt.
Für den Neustart der Automobilproduktion ist die Nachfrageseite von besonderer Bedeutung. Allein im März brach der deutsche Markt mit neuen Personenwagen um knapp 40 Prozent ein. VDA-Präsidentin Müller fordert nun von der Bundesregierung, die Nachfrage zu unterstützen. „Unbürokratische Lösungen“ mahnt sie an, damit die Kfz-Händler wieder Neu- und Gebraucht-wagen verkaufen können. Die Zulassungsstellen sollten ihre Arbeit fortsetzen. Zum Schutz gegen das Coronavirus könnten Schleusen eingerichtet werden, über die sich die Fahrzeugdokumente kontaktlos übergeben ließen. Andernfalls würden die Kunden Autos ohne Zulassung nicht kaufen, unterstrich Hildegard Müller. Darüber hinaus solle die Politik einen Weg finden, damit die Autos an die Käufer übergeben werden können. Unter Berücksichtigung der „sozialen Distanz“ seien die räumlichen Voraussetzungen in den Autohäusern gegeben.
Die Autohersteller ihrerseits prüfen, zur Unterstützung des Gesundheitswesens Atemschutz-masken, Beatmungsgeräte und andere medizinische Produkte herzustellen. Ein systematisch abgestimmtes Vorgehen von Politik, Wirtschaft und Gesundheitswesen sei sinnvoll, um die Coronavirus-Pandemie so gut und so schnell wie möglich zu bewältigen und um schrittweise das gesamte gesellschaftliche Leben wiederherzustellen. Kooperativ und Hand in Hand werde diese Krise am besten überwunden.
Olaf Walther/Kristian Glaser (kb)
Foto: VW