//eCall ab 31. März in neuen Automodellen Pflicht

eCall ab 31. März in neuen Automodellen Pflicht

  • Automatisches eCall-Notrufsystem im Fahrzeug wählt nach schwerem Verkehrsunfall automatisch die 112
  • Einfache eCall-Nachrüstlösung von Bosch und GDV
  • Ziel ist es, Leben zu retten und Verletzungen schnell zu versorgen

Todesfälle und Schwerverletzte im Straßenverkehr zu reduzieren, ist seit langem ein wichtiges Ziel des Europäischen Parlaments. Die Abgeordneten haben am 28. April 2015 das eCall-Einsatzgesetz verabschiedet. Ab dem 31. März 2018 müssen nun alle neuen Modelle von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen mit diesen lebensrettenden Notrufsendern ausgestattet werden.

Leben retten

Durch eCall wird die Reaktionszeit der Notfalldienste in ländlichen Gebieten um 50 Prozent und in städtischen Gebieten um 40 Prozent reduziert. Das wird pro Jahr schätzungsweise rund 1.500 Leben retten, berichtet das Europäische Parlament in einer Pressemeldung. 

Hintergrund

Laut Statistiken der EU-Kommission starben in der EU im Jahr 2016 rund 25.500 Menschen im Straßenverkehr, weitere 135.000 wurden schwer verletzt. Damit lag die Anzahl der tödlichen Verkehrsumfälle 2016 19 Prozent unter dem Wert von 2010. Dieser Rückgang genügt jedoch nicht, um die Zahl der Verkehrstoten EU-weit wie geplant zwischen 2010 und 2020 zu halbieren. In Deutschland sank die Zahl der Todesfälle nach Verkehrsunfällen zwischen 2010 und 2016 um 12 Prozent.

Im Jahr 2016 ereigneten sich die meisten Verkehrsunfälle mit Todesfolge (55%) auf Landstraßen. Im Durschnitt fanden nur etwa acht Prozent der tödlichen Unfälle auf Autobahnen und 37 Prozent in städtischen Gebieten statt. Der größte Anteil der Verkehrsopfer entfällt auf Autoinsassen (46%) und entspricht den addierten Opferzahlen von Fußgängern, Radfahrern und Motorradfahrern, die besonders häufig in städtischen Gebieten von Unfällen betroffen sind.

Schnelle Hilfe in Serie

Bei einem Unfall stehen viele Menschen unter Schock. Ein noch größeres Schreckensszenario ist es, wenn die Fahrzeuginsassen nach einem Unfall bewusstlos oder eingeklemmt sind und selbst keine Hilfe rufen können. Genau in diesen Situationen wird der eCall zum unverzichtbaren Lebensretter. Denn er weiß genau, wo sich der Unfall ereignet hat – egal ob nachts auf einer verlassenen Landstraße oder der Autobahn – und sendet die Informationen automatisch an den Rettungsdienst. „Der eCall alarmiert den Notruf schneller, als ein Mensch es könnte, und startet damit die lebenswichtige Rettungskette“, sagt Dr. Dirk Hoheisel, Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH. Im Fahrzeugcockpit wird zudem ein SOS-Knopf verbaut, mit dem Insassen den Notruf auch manuell auslösen können. In beiden Fällen wird zunächst eine Sprachverbindung zwischen Fahrzeug und lokalem Rettungsdienst aufgebaut, um weitere Unfalldetails durchzugeben. Reagiert der Fahrer nicht, fahren die Rettungskräfte direkt zum Unfallort. Dank der präzisen Ortsangabe mit GPS-Koordinaten wissen die Einsatzkräfte sogar, in welcher Fahrtrichtung sich der Unfall ereignet hat. Das spart wertvolle Zeit, denn sie müssen beispielsweise nicht erst an der nächsten Autobahnanschlussstelle wenden, um zum Unfallort zu kommen. Durch das automatische Notrufsystem sind Rettungskräfte damit in der Stadt 40 Prozent schneller am Unfallort, in ländlichen Gegenden benötigen die Einsatzkräfte sogar nur die Hälfte der sonst üblichen Zeit.

Eine Vernetzungs-Box, die Leben rettet

Erste Automobilhersteller bieten ihren Kunden den eCall bereits seit einigen Jahren als Teil des Navigations- oder Infotainmentsystems an. Dann ist im Auto keine Standard-eCall-Box verbaut, sondern eine zusätzliche Steuereinheit, mit der ein vernetztes Fahrzeug mit seiner Außenwelt kommuniziert. Bei Bosch heißt diese Steuereinheit Connectivity Control Unit, kurz CCU. Sie ist das Herzstück für die vernetzte Mobilität und Kommunikationszentrale für den eCall und weitere Funktionen und Services. Die CCU erkennt, dass es gerade gekracht hat, wenn im Auto die Airbags oder Gurtstraffer ausgelöst werden. Dann alarmiert sie in nur wenigen Sekunden den Rettungsdienst oder die Bosch-Notrufzentrale, damit die Rettungskräfte gezielt und schnell zum Unfallort kommen können. Die CCU kann aber noch mehr: Sie ist mit weiteren Sensoren im Fahrzeug vernetzt und weiß beispielsweise, wie viele Sicherheitsgurte geschlossen sind und damit, wie viele Menschen im Auto sitzen. Damit kommen Rettungskräfte auch besser vorbereitet zum Unfallort, weil mehr Rettungswagen angefordert werden können.

Schutzengel „to go“

Eine Lösung für alle Autofahrer, die jetzt schon auf schnelle Rettung nicht verzichten wollen, hat Bosch gemeinsam mit dem GDV entwickelt. Der „Unfallmeldedienst“ kann im Ernstfall Lebensretter sein und ist doch einfach und ohne Werkstattbesuch nachzurüsten. Ein Autofahrer benötigt lediglich einen sogenannten Unfallmeldestecker und die dazugehörige Unfallmelde-App. Diesen „Schutzengel to go“ haben bereits viele KFZ-Versicherungen im Angebot.

Der Stecker wird in den 12-Volt-Anschluss (Zigarettenanzünder) des Autos gesteckt. Mit der dazugehörigen Android- oder iOS-Smartphone-App verbindet sich das Smartphone des Fahrers via Bluetooth mit dem Stecker. Dieser verfügt über verschiedene Beschleunigungssensoren, die die Schwere der Kollision bestimmen. Der Unfallmeldestecker sendet nach einer Kollision die Fahrzeugposition, den Unfallzeitpunkt und den Fahrzeugtyp an die Notrufzentrale des GDV in Hamburg, die sofort eine Sprechverbindung zum Fahrer aufbaut. Meldet der Stecker eine starke Kollision oder antwortet der Fahrer nicht, werden sofort Rettungskräfte zum Unfallort geschickt. Im Falle einer Panne kann der Fahrer auch manuell Hilfe anfordern.

Auch für Motorräder

Motorradfahrer gehören zu den am meisten gefährdeten Verkehrsteilnehmern: Das Risiko bei einem Unfall getötet zu werden, ist für Motorradfahrer 18-mal höher als für Pkw-Fahrer. Daher denkt Bosch beim eCall nicht nur an Autos, sondern entwickelt den digitalen Ersthelfer auch für Biker. Eine spezielle CCU für Motorräder erfasst die Betriebsdaten des Bikes und kann so Unfälle erkennen. Dank eines integrierten GPS-Moduls wird anschließend die genaue Position des Unfalls an die Notrufzentrale des Rettungsdienstes übermittelt. 

(Europäisches Parlament/Bosch/Deutsche Verkehrswacht/so)