Drastisch gesunkene Verkaufszahlen machen es erforderlich: Verbrenner werden bei Porsche länger als geplant gebaut und Stromer zeitlich nach hinten verschoben. Ein „Spagat zwischen Nachhaltigkeit und Kundenwünschen.
Ist Porsche gescheitert? Diesen Eindruck vermittelte jedenfalls der Vorstandsvorsitzende des Stuttgarter Autobauers, Oliver Blume, als er sich im Juli mit dramatischen Worten an die Belegschaft wandte. „Unser Geschäftsmodell, das uns über viele Jahrzehnte getragen hat“, schrieb er, „funktioniert heute nicht mehr in dieser Form. Die Rahmenbedingungen haben sich in kurzer Zeit massiv verschlechtert. Das alles trifft uns hart. Härter als viele andere Automobilhersteller.“ Jetzt, zwei Monate später, vollzieht der Porsche-Vorstand eine Kehrtwende in der Produktstrategie: Verbrenner werden länger als geplant gebaut und Stromer zeitlich nach hinten verschoben. Entschieden ist bereits, dass das speziell für die USA geplante Elektro-SUV oberhalb des großen Cayenne vorerst nur mit Benzinmotor und als Plug-in-Hybrid angeboten wird. Weitere Elektromodelle sollen später als angekündigt erscheinen. Aktuelle Baureihen wie der Cayenne und die Oberklasselimousine Panamera werden länger und bis weit in die 2030er als Verbrenner und Plug-in-Hybrid gefertigt. Zur Begründung führt Blume den schwachen Verkauf von Elektromodellen an.
Opfer des eigenen Erfolgs
Lange Zeit war Porsche wie vom Erfolg verfolgt. Vor drei Jahren erst war die mehrheitlich von Volkswagen und eigentlich vom Porsche-Piëch-Clan kontrollierte Sportwagenschmiede mit großen Erwartungen an die Börse gebracht worden. Doch mit einmal kommt der Fall. Im ersten Halbjahr 2025 sank der Umsatz um 6,7 Prozent, das operative Ergebnis brach um 67 Prozent ein. Die Gründe sind die gleichen wie für die gesamte Krise der Branche: Eine schleppende Weltkonjunktur hemmt die ohnehin herausfordernde Transformation, zusätzlich erschwert durch die hohen US-Importzölle und den härter werdenden Wettbewerb vor allem in China. Mehr oder weniger hausgemacht ist das Problem, dass es Porsche nicht gelingen will, die betuchte Kundschaft für Sportwagen mit Elektromotor zu begeistern. Das geht zwar auch anderen Edelmarken so, jedoch taten sich die Stuttgarter vor genau zehn Jahren mit dem „Mission E“, einem elektrischen Konzeptfahrzeug, geradezu als Vorreiter des alternativen Antriebs hervor. Noch im Frühjahr 2024 legten sie sich fest, über 80 Prozent ihrer Fahrzeuge ab 2030 mit reinem E-Antrieb anzubieten. So wurde Porsche zur Elektro-Avantgarde im VW-Konzern. Nun aber ließ Blume verlauten: „Aktuell erleben wir massive Umwälzungen im Umfeld der Automobilindustrie, deshalb stellen wir Porsche umfassend neu auf.“ Damit gehe man auf neue Marktrealitäten und Kundenbedürfnisse ein. Vielleicht wurde Porsche zum Opfer des eigenen Erfolgs, denn jahrzehntelang lebte das Unternehmen von dem selbstinszenierten (und vermarkteten) Mythos seiner distinguierten Flitzer, deren Motoren kraftvoll knurren, brabbeln und aufheulen „müssen“. Wer sich daran berauscht und viel Geld hinzublättern bereit ist, der läßt sich von einem Stromer eventuell nicht so leicht begeistern.
Mit dem Kurswechsel zurück zum Verbrenner steht Porsche nicht allein da. Viele Autohersteller haben vor, ihre E-Auto-Ziele zu kappen, oder taten es bereits. Nahezu alle geben sich dennoch als Vorreiter der Elektromobilität (so auf der diesjährigen IAA in München), betreiben aber gleichzeitig eine knallharte Lobbypolitik, um das von der EU im Kampf gegen den Klimawandel für 2035 beschlossene Verbrenneraus zu schleifen. Porsche-Chef Blume bezeichnet das als einen Spagat zwischen Nachhaltigkeit und Kundenwünschen. Die neue alte Strategie kostet viel Geld. Für Abschreibungen und Rückstellungen (etwa für die Abwicklung der eigenen Batteriezellenfertigung durch das Tochterunternehmen Cellforce) wird Porsches Gewinn allein in diesem Jahr um 1,8 Milliarden Euro und insgesamt um 3,1 Milliarden Euro minimiert werden. In der Folge musste der Porsche-Vorstand die operative Gewinnerwartung für 2025 auf maximal zwei Prozent reduzieren, nachdem man bislang von fünf bis sieben Prozent ausgegangen war. Das mittelfristige Ziel wurde von 20 auf 15 Prozent gestutzt. Dadurch musste der Volkswagen-Konzern den Wert seiner Porsche-Beteiligung um drei Milliarden Euro nach unten korrigieren. Unter Einschluss einer Kostenanpassung für ein gemeinsames Fahrzeugprojekt beläuft sich die Belastung auf fünf Milliarden Euro. Die eigene Renditeerwartung mußte VW von bislang vier bis fünf Prozent auf jetzt zwei bis drei Prozent absenken.
Sparpaket zu Lasten der Beschäftigten
Für den teuren Schwenk in der Produktstrategie werden nach dem Willen des Porsche-Vorstands auch die Beschäftigten zur Kasse gebeten. Mit einem ersten Sparpaket zu Jahresanfang war beschlossen worden, die Kostenstruktur auf die Produktion von 250.000 Fahrzeugen jährlich auszurichten. Bis dahin war man von mindestens 300.000 Einheiten ausgegangen. Bis 2029 sollen circa 15 Prozent der Arbeitsplätze am Stammsitz in Stuttgart-Zuffenhausen und im nahegelegenen Entwicklungszentrum in Weissach abgebaut werden. Das betrifft 3.900 Stellen. Der Jobabbau soll etwa über Alterszeitprogramme erfolgen. Zudem werden die Sonderzahlungen gestrichen. Eine Standortsicherung schließt betriebsbedingte Kündigungen bis 2030 aus. Für ein zweites Sparpaket möchte der Vorstand mit dem Betriebsrat über die Streichung weiterer Sonderleistungen aus geltenden Betriebsvereinbarungen verhandeln. Die Gespräche sollen bald beginnen.
Autoren:. Olaf Walther/Kristian Glaser (kb); Abbildung: pixabay