//17. Autorechtstag auf dem Petersberg: E-Mobilität im Fokus

17. Autorechtstag auf dem Petersberg: E-Mobilität im Fokus

Hoch oben auf dem geschichtsträchtigen Petersberg bei Bonn, mit Blick auf den Rhein, tagt alljährlich der Deutsche Autorechtstag (nicht zu verwechseln mit dem Verkehrsgerichtstag in Goslar), um sich mit juristischen Fragen der Mobilität zu befassen. Es geht alljährlich darum, die Entscheidungen der VI. und VIII. Kammer des Bundesgerichtshofs (BGH) aufzuarbeiten und über neue Entscheidungen der ordentlichen Gerichte zu informieren.

Der Deutsche Autorechtstag tagt seit vielen Jahren im geschichtsträchtigen Hotel Petersberg im Siebengebirge bei Bonn, Foto: Ridder

Der Deutsche Autorechtstag wird vom ADAC, Bundesverband freier Kfz.-Händler (BVfK) und Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) veranstaltet und von Prof. Dr. Ansgar Staudinger (Uni Bielefeld), Rechtsanwalt Dr. Kurt Reinking und dem Vorsitzenden Richter am BGH a.D. Wolfgang Ball geleitet und fand am 17. Und 18.März 2024 statt.

Mit künftigen und noch jungen Rechtsfragen befassten sich die Vorträge in diesem Jahr zur Haftung beim autonomen Fahren und zur E-Mobilität. Zur E-Mobilität gab es am ersten Arbeitstag eine interessante Podiumsdiskussion.

Rechtsfragen zur E-Mobilität

Matthias Vogt aus dem ADAC-Technikzentrum erläuterte technische Grundlagen für die Bewertung von Rechtsfragen rund um die E-Mobilität. Durch Software-Updates können Kunden durch Fehlerbehebungen oder neue Funktionen profitieren. Doch wie werden Fälle behandelt, in denen nach einem Software-Update erst Fehler oder Probleme auftauchen? „Der Umgang mit Software Updates wird in der Zukunft sehr wichtig werden“, prognostizierte Vogt. 

Die Batterien der Elektroautos hingegen zeigten sich bisher sehr haltbar. Hersteller gewährten zudem großzügige Garantien von meist 8 Jahren bzw. 160.000 km. Bei nachlassender Leistung sei jedoch nicht klar definiert, ob die Garantie tatsächlich eingreife. Daneben seien Meinungsverschiedenheiten bei der Reichweite von Elektroautos vorprogrammiert. Die für die Hersteller verpflichtende Reichweitenangabe werde in der Realität in der Regel nicht erreicht. Tests zeigten Abweichungen von bis zu ca. 20 Prozent. Im Winter reduziere sich die Reichweite sogar noch deutlicher. BVfK-Jurist Matthias Giebler nahm anschließend den Ball auf und beleuchtete die rechtliche Seite des Themenkomplexes. Insbesondere rund um die teure Hochvoltbatterie der Elektroautos könnten sich zukünftig Rechtsstreitigkeiten entzünden. Hier sei noch ungeklärt, welche Standards der Käufer in Bezug auf Reichweite, Kapazität, Verbrauch und Ladeleistung erwarten dürfe. Er warf insbesondere die Frage auf, ob sich die vom BGH aufgestellte Abweichungsgrenze von zehn Prozent bei Neufahrzeugen ohne Weiteres auf batteriebetriebene Fahrzeuge übertragen lasse, obwohl äußere Umwelteinflüsse eine weitaus größere Rolle spielen könnten als bei Verbrennern. Beim Verkauf gebrauchter Elektroautos rücke die Frage in den Vordergrund, welchen Kapazitäts- und Ladeleistungsverlust der Käufer tolerieren müsse. „Die Fahrzeugbatterie wird vermutlich häufiger Streitgegenstand in Gewährleistungsfällen sein“, erwartet Giebler. 

Podiumsdiskussion: Rund um die E-Mobilität

 Unter Leitung von Prof. Dr. Staudinger stand die Podiumsdiskussion, an der sich auch die zugeschalteten Online-Teilnehmer beteiligten, ebenfalls im Zeichen der rechtlichen Besonderheiten rund um Elektrofahrzeuge. Rechtsanwältin Eva Hettwer sieht in der Praxis bisher insbesondere einen Anwendungsbereich im Unfallschadensrecht. „In Haftungsfragen gibt es jedoch keine relevanten Unterschiede zwischen Elektrofahrzeugen und Verbrennern“, so Hettwer. Kontrovers wurde im Anschluss an eine BGH-Entscheidung aus dem letzten Jahr diskutiert, wie weit die Haftung des Schädigers bzw. der hinter ihm stehenden Versicherung gehen kann, wenn im Zusammenhang mit der Reparatur eines Elektrofahrzeugs ein Werkstattbrand verursacht wird. Rechtsanwalt Dr. Kurt Reinking, Mitglied im Vorstand des Autorechtstages und VdM-Mitglied, treiben insbesondere die Themen Software-Updates und Antriebsbatterie um. „Die Ungewissheit in Bezug auf die Leistung und Lebensdauer der Batterie ist ein enormer Hemmschuh im Gebrauchtwagengeschäft“, machte Reinking deutlich. Verlässliche Test zur aktuellen Leistungsfähigkeit der Batterie seien unersetzlich. Ansgar Klein, geschäftsführender Vorstand des BVfK und auch VdM-Mitglied, sieht im Handel mit gebrauchten Elektrofahrzeugen große Herausforderungen. Insbesondere die Batterie stellte ein erhebliches Kostenrisiko dar, da ihre Erneuerung den Zeitwert regelmäßig überschreite. Er forderte eine Normierung der Antriebsbatterien, Öffnung des Marktes für freie Batterieproduzenten und Einbaulösungen, die einen schnellen Austausch ermöglichen. Damit würde auch ein erweiterter Verwendungskreislauf möglich, der zur Wertsteigerungen von alten Batterien sorge, die für den Betrieb im Auto nicht mehr geeignet seien. Er richtete einen Appell an die Politik, für die entsprechenden Rahmenbedingungen zu sorgen. ADAC-Techniker Matthias Vogt ergänzte unterstützend: „Gebrauchte Fahrzeugbatterien sind nicht wertlos!“ Der Ausbau einer Batterie sei trotz ihres Gewichts überdies technisch nicht kompliziert oder aufwändig. 

Vogt machte einen Ausblick auf Norwegen. Dort sei die Förderung für Elektrofahrzeuge vor etwa sieben Jahren eingestellt worden. Danach habe der Markt zunächst eine Talsohle durchschritten. Nunmehr liege der Anteil der Elektrofahrzeuge bei den Neuzulassungen dort bei 80 bis 90 Prozent. Infolgedessen ist eine Zunahme an Gewährleistungsfällen bei Elektrofahrzeugen zu erwarten. Bislang sind noch nicht viele Streitfälle bekannt. BVfK-Jurist Matthias Giebler hierzu: „Die BVfK-Rechtsabteilung bearbeitet wöchentlich 30 bis 40 Mitgliederanfragen. Hierunter sind noch kaum Angelegenheiten, die Elektrofahrzeuge betreffen.“ Klein stellte abschließend die für ihn in diesem Zusammenhang entscheidende Frage: „Muss der Verkäufer eines gebrauchten Elektrofahrzeugs mit seinem Kunden ausdrücklich vereinbaren, dass bei der Leistungsfähigkeit der Batterie wegen der Vornutzung Abstriche gemacht werden müssen, oder ist das gar nicht erforderlich, weil es der üblichen Erwartung entspricht, dass eine Batterie mit zunehmendem Gebrauch an Leistung verliert.

Resümee

Die Vorträge zur E-Mobilität sowie die anschließende Podiumsdiskussion haben gezeigt, dass in Sachen E-Mobilität auch auf der juristischen Seite noch viele Unsicherheiten zu erwarten sind.

Klaus Ridder
Titelfoto (Ridder): Gruppenfoto mit Vorstand und Referenten. In der Mitte Prof. Dr. Ansgar Stauginger (Uni Bielefeld), 2.v.l. Dr Kurt Rheinking (VdM) und ganz rechts Ansgar Klein (BfBVfK/VdM)