Für Menschen mit einer starken körperlichen Beeinträchtigung ist der Weg zum Führerschein nicht einfach. Zuerst muss die Führerscheinbehörde gefragt werden und ein Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis eingereicht werden. Daraufhin wird geprüft, ob die Eignung zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs gegeben ist, wie es im Beamtendeutsch sachlich heißt. Dabei wird auch festgestellt, welche technischen Hilfsmittel notwendig sind. Klar ist jedenfalls: „Ein Handicap ist kein Grund, keinen Führerschein zu erhalten“, macht der Ausrüster Paravan Betroffenen Mut. Das schwäbische Unternehmen ist eine Tochter des Automobilzulieferers Schaeffler und hat sich auf technische Lösungen für behinderte Autofahrer spezialisiert. Paravan ist nach eigenen Angaben der weltweit größte Ausrüster auf diesem Gebiet.
Hat ein behinderter Führerscheinaspirant die behördliche Genehmigung in der Tasche, kommt die nächste Hürde: die Suche nach einer geeigneten Fahrschule. Denn nicht alle Ausbilder haben rollstuhl- und behindertengerechte Fahrzeuge mit Hand-Gas- und Hand-Brems-Vorrichtung in ihrem Fuhrpark. Das ist bei der hauseigenen Paravan-Fahrschule in Pfronstetten nahe Reutlingen anders. Seit vielen Jahren können hier Menschen selbst mit schwerer Behinderung den Führerschein machen. Ganz gleich, welcher Art das Handicap ist, es gibt bei Paravan die entsprechenden Fahrschulwagen, verspricht das Unternehmen. Und betont gleichzeitig, dass man die Ausbildung auch im eigenen Wagen absolvieren kann.
Paravans Angebot an Fahrschulautos ist breit gefächert. Es reicht von einfachen Handgeräten bis zu modernsten Ausbildungsfahrzeugen, die mit verschiedenen Eingabegeräten ausgerüstet sind. Dazu zählen Joystick, Fußlenkung und das Fahr- und Lenksystem „Space Drive“. Es ist in dritter Generation auf dem Markt und wird sogar im Motorsport getestet und eingesetzt. Paravan-Gründer Roland Arnold entwickelte die bahnbrechende Technik vor genau zwanzig Jahren.
Space-Drive ist das weltweit erste digitale Steuerungssystem mit Straßenzulassung, so der Umrüster, und funktioniert nicht mechanisch mit üblichen Pedalen und Lenkrad, sondern mit einem gut zu handhabenden elektronischen System nach dem „Drive-by-wire“-Prinzip. Das ermöglicht auch Menschen ohne Arme oder ohne Beine, ein Auto zu steuern. Die doppelt gegen technischen Ausfall gesicherte Innovation hat laut Paravan bislang über 10.000 Menschen mit Handicap zu individueller Automobilität verholfen. Seit kurzem ist auch ein modernes Kamerasystem mit integrierter Umfelderkennung an Bord eines Fahrschulwagens von Paravan. Damit werden Menschen mit einer Sichtfeldeinschränkung in die Lage versetzt, „ganz entspannt die Fahrprüfung zu absolvieren“, wirbt Paravan.
Die Fahrschüler, die wegen einer körperlichen Behinderung zu Paravan kommen, machen die theoretische Führerscheinprüfung meistens an ihrem Heimatort und kommen dann für die praktische Ausbildung nach Pfronstetten auf der schwäbischen Alp oder in die Heidelberger Zweigstelle des Unternehmens. Unterkünfte gibt es laut Paravan in nahegelegenen barrierefreien Hotels.
Beate M. Glaser (kb)
Titelfoto: PARAVAN