//Ich sag mal so… – Der rasende Irrsinn

Ich sag mal so… – Der rasende Irrsinn

Da hat einer viel Geld, sehr viel Geld, offenbar so viel Geld, dass er sich einen Bugatti Chiron leisten kann. Wow – ich bin zugegebener Maßen beeindruckt: Das ist schon eine geile Karre; ein Prachtstück der Ingenieurskunst, ein Highlight deutsch-französischen Automobilbaus ein Superlativ der Mobilität und dennoch völlig sinnfrei, weil kein Mensch so ein Auto braucht, um von A nach B zu kommen, also auto-mobil im übertragenen Wortsinn zu sein. 

Mangels wirklicher Notwendigkeit muss sich unser reicher Chiron-Besitzer, angeblich ein tschechischer Milliardär, also selbst ein bisschen Rechtfertigung für sein Supergefährt schaffen. Politur des Egos ist da nicht unbedingt falsch und so folgt er seiner Lust, mal auszutesten, wo denn die Grenze seines Vehikels ist. Eine deutsche Autobahn – in diesem Fall die A 2 zwischen Berlin und Hannover – guckt er sich als persönliche Teststrecke aus und donnert an einem Sonntagmorgen bei aufgehender Sonne mit bis zu 417 km/h über die Piste. Das Ergebnis dieser Lustfahrt findet sich zwar zum Glück nicht in einer Unfallstatistik wieder, doch auf Umwegen gelangt der filmische Beweis der Irrfahrt ins Internet und wird bei Youtube über drei Millionen Mal geklickt. 

Zugegeben: Ich habe mir das Filmchen auch angeschaut und natürlich ist auch mir die Spucke weggeblieben und ich schwankte zwischen Faszination und Entsetzen. 

Natürlich hat der Mann nichts Verbotenes getan. Das Auto ist zugelassen und legal, die Autobahn ist auf diesem Abschnitt nicht tempolimitiert und er hat sich – soweit man es dem Clip entnehmen kann, auch brav an § 1, 2 der StVO gehalten, ist also so gefahren, dass „kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.“ Und: „… es ist ja nichts passiert…!“

Also alles paletti?

Ich meine: nein, nichts ist paletti. Da stellt einer seinen persönlichen Lustgewinn über das Wohl und Wehe aller anderen Autobahnbenutzer. Wir diskutieren derzeit heftig über ein Tempolimit von 130 km/h und ein wesentliches Argument der Befürworter ist die Reduktion der Differenzgeschwindigkeiten und dann fegt einer mit dem mehr als dem dreifachen der Richtgeschwindigkeit über die Piste. Damit kann und muss keiner rechnen. Selbst der Porsche-Fahrer, der mit gepflegten 220 km/h über die Autobahn schnürt, wäre da überrascht.

Es ist nicht die Furcht vor möglichen Unfällen und ihren Folgen, sondern die Hemmungslosigkeit und der Narzissmus, die sprachlos machen. Wer meint, nur weil etwas nicht verboten ist, sei es auch erlaubt, hat den Sinn und Wert des Begriffs Freiheit einfach nicht verstanden.

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