Der Motorsport stand bei der Essener Motor Show dereinst im Vordergrund. Die Messe war eine Zusammenfassung der motorsportlichen Ereignisse am Ende des Jahres mit Blick in die Zukunft. Heute ist die Essern Motor Show immer noch ein großes Ereignis in der Motorsport-Szene, doch die Tendenz geht mehr in Richtung „Tuning“. Hinzu kamen in den letzten beiden Jahren Einschränkungen durch die Corona-Pandemie: weniger Autos und weniger Besucher. Gleichwohl ein Kompliment an die Essener Messe, dass unter den schwierigen Bedingungen doch die Show als „Limited Edition“ stattfand.
Halle 3 – nur Motorsport
Kommt man durch den Eingang West in die Halle 3, so wird der Besucher von den vielen Rennfahrzeugen „erschlagen“. Da stehen edle Renner aus vielen Epochen und hier der erste Eindruck, dass alles größer geworden ist. Der kleine NSU-Prinz in Rennversion ist da ein bisschen verloren. Es gab viel Platz, so hatte das Walkenhorst Rennteam gleich zwei große Transporter mitgebracht mit einem BMW DTM-Renner aus dem Jahr 2020, einst gefahren von Marcus Wittmann. DTM-Renner aus dem Jahr 2021 habe ich allerdings nicht entdeckt.
Bemerkenswert der Stand von Daimler mit Rennboliden aus der jüngeren Vergangenheit, so ein „Baby-Mercedes“ 190E 2.3-16V mit dem einst das Liechtensteiner Idol Manfred Schurti 1984 das legendäre Eröffnungsrennen auf dem Nürburgring bestritt.
Dabei auch die „rote Sau“, ein Mercedes-Benz 300SEL 6.8. Die rote Sau raste vor 50 Jahren zur Sensation in Spa-Francorchamps. Das Exemplar in Essen ist ein Nachbau der legendären „roten Sau“, Klassensiegerin Spa 1971. Fahrer damals Hans Heyer und Clemens Schickentanz. Der Wagen entstand in Beratung mit Clemens Schickentanz und ist soweit wie möglich jedoch mit geringfügigen Modernisierungen, dem Original nachempfunden. Basis ist ein Serienfahrzeug Mercedes-Benz 300SEL 6.3 aus dem Jahr 1970. Nach kompletter Zerlegung wurde das Fahrzeug nach alten Plänen neu aufgebaut. Fahrwerk, Bremsanlage sowie Motor sind erheblich geändert und die Automatik durch ein Schaltgetriebe ersetzt worden.
Und ohne E-Antrieb geht es offensichtlich auch nicht. Auf dem Stand von Daimler waren zwei Fahrzeuge dieser Antriebsart zu sehen. Ein ganz neuer Mercedes EQS 450X mit 333 PS und 210 km/h Spitze. Dann ein alter ehemaliger Mercedes mit Verbrennungsmotor, dem man ein E-Paket verpasst hatte. Eigentlich unauffällig, wenn man nicht zufällig den Elektrostecker sah.
Beim belgisch-niederländischen Hersteller „Monceau Automobiles“ werden Mercedes-Klassiker mit einem hochmodernen Elektroantrieb ausgestattet. Beim großen Mercedes-Festival SCHÖNE STERNE 2021 feierte der eSLC seine Deutschland-Premiere. Die von Monceau umgebauten eSLC-Modelle werden mit einem vorne eingebauten, 40 kg leichten Axiafluss-Permanentmagnet-Elektromotor mit 550 Nm Drehmoment und 180 PS Leistung und einem Hinterrad-Direktantrieb versehen. Die Akkupacks mit insgesamt 50 kWh Kapazität sind im Heck installiert. Mit diesem Setup liegt der Aktions-Radius zwischen 250 und 300 Kilometer.
Auffallend großzügig der Stand der Nürburgring GmbH. Hier konnten sich Fans kostenlos auf Fahrsimulatoren austoben – natürlich ging es über die legendäre Nordschleife. Auffallend eingangs zum Nürburgring-Stand Stand ein Mercedes AMG GT4 mit der Strecke des Nürburgrings auf der Motorhaube.
Zubehör und mehr
Platz für mehr „Zubehör“. Die großen Firmen hatten „Platz gelassen“ und so konnten Anbieter von Zubehör, Büchern, Modellautos oder auch Gemälden von Rennszenen sich mehr ausbreiten. Vielleicht gab es auch einen Nachlass in der Standgebühr?
Zum Beispiel Conny Constantin, Galerist für spektakuläre Gemälde von Rennszenen von früher und heute. Conny Constantin war froh, nach der Corona-Pandemie mal wieder „unter Leute zu kommen“. „Einiger meiner Stammkunden waren gekommen und waren interessiert an neuen Bildern, die ich mitgebracht hatte.“, so Conny Constantin. Mit dem Geschäft an den ersten Tagen und dem Wiedersehen mit seinen Stammkunden war Conny Constantin zufrieden.
Tuning noch in?
Geschwindigkeitsbegrenzung auf deutschen Autobahnen? Dank FDP konnte das bei der derzeitigen Regierungsneubildung noch vermieden werden. Die Essener Motor Show 2021 zeigte gerade in diesem Jahr, wie gehobene Automobilität auch praktiziert werden kann.
Nahezu alle Spielarten des Tunings präsentierte die Sondershow tuningXperience im Rahmen der Essener Motor Show. Vom Daily Driver über den Rennboliden bis zum detailverliebten High End Showcar war so ziemlich alles dabei, was die Herzen der Fans höherschlagen lässt. Nachdem die Szene lange Zeit auf größere Events verzichten musste, markierte die Essener Motor Show für viele die lang ersehnte Rückkehr zum persönlichen Kontakt mit Gleichgesinnten. Rund 100 private Fahrzeuge zogen in Halle 5 die bewundernden Blicke der Besucher auf sich.
Klassik Autos und museale Raritäten
Ein Pflichttermin ist die Essener Motorshow ebenfalls für Klassik-Connaisseurs: Im Classic & Prestige Salon des Veranstalters S.I.H.A. in den Hallen 1 und 2 präsentierten Händler auserlesene klassische Automobile zum Verkauf, darunter viele Sport- und Rennfahrzeuge. Im Mittelpunkt des ältesten Klassiker-Verkaufs-Salon Deutschlands standen u.a. die Jubiläen zu 100 Jahren AVUS und 60 Jahren Jaguar E-Type.
Als besondere Raritäten hatten das Einbecker Museum „PS-Speicher“ einen Borgward Rennsportwagen 1500 RS aus dem Jahre 1959 mitgebracht und das Technik Museum Speyer das Rennungetüm BRUTUS mit 12 Zylinder und 47 Liter Hubraum und einer Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h. Übrigens, der BRUTUS wurde 1907 gebaut.
Für Oldtimer werden immer noch horrende Preise gezahlt, so ging aus einer Pressemitteilung der Essener Motor Show hervor, dass bei einer Versteigerung ein Ferrari 250 GT etwa zehn Millionen Dollar gebracht hat.
Resümee
Auch die „Limited Edition“ war trotz Corona wieder mal ein besonderes Ereignis für die Motorsportfans. Ein Dankeschön an die Veranstalter, die es gewagt haben, die Show trotz aller Widrigkeiten stattfinden zu lassen.
Text und Fotos: Klaus Ridder