Auch in Österreich sind die flotten Elektro-Scooter umstritten und prägen wie in Deutschland vielerorts das Straßenbild der Innenstädte. Zwar gelten seit 2019 auch in unserm Nachbarland für E-Scooter-Nutzer einheitliche Regeln, doch die stattliche Anzahl von 1.200 Fahrern, die vor zwei Jahren in der Alpenrepublik „spitalsreif“ verunglückten, schreckte schon damals das österreichische Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) auf.
Anhand offizieller Statistiken ermittelten die Unfallexperten, dass die meisten E-Roller-Crashs selbstverschuldete Alleinunfälle waren und dass die Hauptunfallursachen in zu hohem Tempo, Ablenkung, „Rotlichtmissachtung“, Fehleinschätzung der Bodenbeschaffenheit, Alkoholkonsum und Selbstüberschätzung zu finden waren. In einer Folgestudie wollte das KFV im vergangenen August herausfinden, „wie gut sich das Verkehrsmittel E-Scooter inzwischen in den öffentlichen Straßenverkehr integriert hat“ und führte Vor-Ort-Beobachtungen in vier österreichischen Städten durch. Das Ergebnis zeigt, wo die Sicherheitsrisiken liegen.
15 Prozent der erfassten E-Scooter-Fahrer waren verbotenerweise auf Gehwegen unterwegs. Damit ist der Anteil der „Gehsteigfahrer“ gegenüber 2019 laut KFV zwar um mehr als die Hälfte zurückgegangen, „jedoch immer noch deutlich zu hoch“. Dabei muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass vor allem dort der Bürgersteig benutzt wird, wo keine Radinfrastruktur vorhanden ist, wie das Kuratorium konstatiert. Ist ein Radweg vorhanden, fahren nur noch neun Prozent illegalerweise über den Gehweg. Überdies ist aus Deutschland bekannt, dass sich hier eine übergroße Mehrheit der E-Scooter-Fahrer unsicher fühlt, wenn sie auf der Fahrbahn mit Autos unterwegs sind. Das ergab eine repräsentative Befragung im Auftrag des Deutschen Verkehrssicherheitsrates vom März dieses Jahres. Klaus Robatsch, Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit im KFV, kommt zu dem Schluss: „Das Vorhandensein einer sicheren Radinfrastruktur ist auch für E-Scooter-Fahrer essenziell – idealerweise in Form eigener Radfahranlagen oder einer Reduktion der Kfz-Geschwindigkeit auf maximal 30 km/h.“
Ganz traurig sieht es beim Handzeichen als Ersatz für den Blinker aus. Nur sehr wenige Elektrorollerfahrer, gerade einmal zwei Prozent, signalisierten nach den KFV-Beobachtungen in Österreich ihre Richtungsänderung durch ein – gesetzlich vorgeschriebenes – Handzeichen. Auch die Helmquote ist nach wie vor gering. Nur zwei Prozent der E-Scooter-Fahrer in Österreich tragen einen Kopfschutz. Das ist noch ein Prozentpunkt weniger als vor zwei Jahren. Zum lässig-hippen Herumkurven passt es offenbar nicht, an die eigene Sicherheit zu denken. Bei weiteren zwei Prozent der Fälle befand sich der KFV-Analyse zufolge eine zweite Person auf dem Kleinstgefährt. Der Anteil könnte in deutschen Innenstädten vor allem an Wochenenden höher ausfallen.
„Ungeordnet“ abgestellte E-Scooter sind ein großes Ärgernis für Fußgänger und eine gefährliche Stolperfalle. „Unsere Begehungen haben ergeben“, stellt Robatsch fest, „dass mehr als die Hälfte aller Elektroroller im städtischen Bereich auf Gehsteigen abgestellt werden.“ Das sei zwar grundsätzlich erlaubt, allerdings war jeder fünfte E-Scooter auf einem schmalen Gehsteig abgestellt worden, was nach österreichischem Recht nicht erlaubt ist. Zehn Prozent der geparkten Elektroroller stellten nach der KFV-Erhebung ein Problem für andere Verkehrsteilnehmer dar. „Ganz besonders für seh- und gehbehinderte Personen sind Hindernisse dieser Art ein ernstzunehmendes Sicherheitsrisiko“, betont Robatsch. „Hier ist mehr Rücksichtnahme der Verkehrsteilnehmer untereinander gefragt.“
Die rechtliche Lage in Deutschland
In Deutschland dürfen Elektroroller ab einem Alter von 14 Jahren genutzt werden. Ansonsten gilt rechtlich im Prinzip das gleiche wie für Radfahrer. So liegt die Alkoholgrenze bei 0,5 Promille, und man muss auf einem Fahrradweg oder -streifen fahren. Ist keiner vorhanden, hat man auf die Fahrbahn zu wechseln. Gehwege oder Fußgängerzonen sind tabu. Es sei denn, sie sind ausdrücklich freigegeben. Abstellen darf man einen E-Scooter am Straßenrand oder auf dem Gehweg, sofern kein Fußgänger oder Rollstuhlfahrer behindert wird.
Wie für das Fahrrad, so gibt es auch für E-Scooter keine Helmpflicht. Sicherheitsexperten empfehlen jedoch, einen Kopfschutz zu tragen. Angesichts der kleinen Räder, der schmalen Aufstandsfläche und des kurzen Lenkers ist ein E-Scooter recht instabil und kann leicht umkippen. Daher empfehlen Unfallforscher vor der ersten Fahrt im Straßenverkehr: üben, üben, üben!
Beate M. Glaser (kb)
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