Die Motoren der DTM-Boliden wurden mit sehr viel Verspätung in die Saison 2020 am Nürburgring zum ersten Mal in dieser Saison angelassen. Das Virus Covid-19 hat auch im ‚Deutschen Tourenwagen Masters‘ – der DTM – massiv Einzug gehalten und dadurch den kompletten Rennkalender durcheinander gewirbelt. Die ‚Interessengemeinschaft Tourenwagen Rennen‘ – der Dachverband der DTM – hatte in dieser Saison Großes vor. Beginnend mit Testfahrten sowie einem Rennen im italienischen Monza, verschiedenen Läufen, neben Deutschland auch im übrigen Europa, alles hörte sich traumhaft an. Das weltweit grassierende Virus Covid-19 machte im Frühjahr den Verantwortlichen rund um Gerhard Berger, den Boss der höchst dotierten Tourenwagen-Rennserie, einen dicken Strich durch die Rechnung.
Trotz all dieser Widrigkeiten stellte die ITR GmbH einen respektablen Terminkalender auf die Beine. Die obligatorischen Testfahrten waren – wie auch ein Rennen in Monza (Italien) geplant. Doch das Virus Covid-19 grassierte schon sehr heftig und zwang die ITR GmbH zur Absage. Bei jedem weiteren Schachzug musste der DTM-Dachverband parallel zur Entwicklung der Seuche arbeiten. Geplante Großveranstaltungen wurden per Regierungsbeschlüssen abgesagt. Nicht nur die Welt des Motorsports stand Kopf, als ein neuer DTM-Rennkalender veröffentlicht wurde. Der Startschuss sollte Anfang Juli am Norisring in Nürnberg fallen. Just einen Tag vor der Bekanntgabe der Termine verweigerte die Stadtverwaltung Nürnberg ihre Genehmigung. Nach dem heutigen Stand startet die diesjährige DTM-Saison auf dem belgischen Ardennen-Kurs von Spa-Franchorchamps am ersten Wochenende des August.
Die offiziellen Testfahrten fanden Anfang Juni auf dem Nürburgring statt. Deren Durchführung war nur gestattet, wenn die Vorgaben zu Corona strikt eingehalten wurden. Harte Regeln bezüglich des Infektionsschutzes prägten die vier Testtage ungemein. Den Teams wurden einzelne und markierte Abschnitte im Fahrerlager zugewiesen. Um Begegnungen der beiden noch in der DTM verbliebenen Hersteller mit dem Reifenlieferanten Hankook, den Ingenieuren, Fahren und Teammitgliedern zu ermöglichen, wurden Unterzonen eingerichtet, in denen permanent OP-Schutzmasken zu tragen waren. Audi und BMW standen jeweils eigene Hygienebeauftragte zur Verfügung. Die spärlich zugelassenen Journalisten hatten ihre Interviews mit den Piloten in der ‚ITR-Zone‘ zu erledigen. Hierbei war das Tragen von Schutzhandschuhen sowie einer FFP 2- Maske strikt vorgeschrieben.
Physiotherapeuten, wie Alessio Erra und Isreal Sanchez von BMW, muteten in ihren Schutzanzügen wie Menschen vom Mond an, während sie ihre Arbeit mit den Werkspiloten verrichteten. Abstand halten aller involvierten Personen war Tagesordnung im Fahrerlager des Nürburgrings.
Im Übrigen wurde bei sämtlichen Personen, die an den Testfahrten beteiligt waren, täglich die Körper-Temperatur gemessen. Gaben das höchst präzise Thermometer oder auch spezielle Symptome Anlass zur Sorge, erlangten die Physiotherapeuten Sicherheit durch einen Schnelltest, mit dem bereits sich eingenistete Antikörper nachgewiesen werden konnten. Dadurch erhielt man schon nach rund acht Minuten die Gewissheit, ob das Corona-Virus akut vorhanden oder bereits überstanden ist. Durch dieses Handeln ist die DTM die erste Rennserie, die sich diesen Nachweis zu Nutze machen darf.
Lassen wir nun die Turbomotoren, die die Eifelrennstreck vier Tage bei wechselhafter Witterung beherrschten, mit ihrem faszinierenden Sound losfahren. Neben den reinen, von Audi Motorsportchef Dieter Gass geleiteten, Werksteams aus Ingolstadt, die sich aus dem ‚Team Rosberg‘, ‚Team Phoenix‘ und dem ‚Abt-Team‘ rekrutierten, gesellten sich noch die beiden Kundenteams von ‚WRT‘ und ‚Art Grand Prix‘ dazu. Innerhalb der insgesamt dreißig absolvierten Teststunden saß Mike Rockenfeller (Team Phoenix) die längste Zeit hinter dem Minilenkrad des Audi RS 5 DTM-Boliden und spulte dabei 569 Runden ab. Eine Distanz von umgerechnet 2.064,901 Kilometern. „Nach der langen Pause waren wir alle hochmotiviert, wieder an die Rennstrecke zu kommen. Die ITR-Tests sind für die Teams und die Fahrer vor allem wichtig, um den Rhythmus für die Saison zu finden und alle nötigen Abläufe eines Rennwochenendes zu testen. Und genau das ist uns hier am Nürburgring wieder optimal gelungen. Ich freue mich jetzt schon sehr darauf, unsere DTM-Autos beim Auftakt in Spa durch die Eau Rouge fahren zu sehen“, sagte DTM-Projektleiter Andreas Roos.
Die bisherigen Werksfahrer von BMW, nämlich Marco Wittmann, Timo Glock, Philipp Eng aus Österreich sowie Sheldon van der Linde (Südafrika) und den Teams ‚RMB‘ und ‚RMG‘ nutzten ebenfalls die Testtage, um sich an ihren BMW M4 DTM-Rennwagen zu gewöhnen. Neu hinzugekommen sind der Österreicher Lucas Auer und der Südafrikaner Jonathan Aberdein, der in der vergangenen Saison noch in einem Audi am Start war. Die BMW Piloten rasten zusammen 1.725 Runden oder 6.260 Kilometern um den Nürburgring. Jens Marquardt (BMW Group Motorsport Direktor) meinte im Anschluss an die viertägige Session: „Die vergangenen Monate waren für uns alle schwierig. Keiner von uns hat eine solche Situation zuvor erlebt, weder im privaten noch im beruflichen Bereich. Und so war es großartig, dass wir dank all der ergriffenen Sicherheitsmaßnahmen in der Lage waren, mit dem DTM-Test auf dem Nürburgring auf die Rennstrecke zurückzukehren. Ein großer Dank geht an die ITR, die es uns mit ihrem Sicherheitskonzept möglich gemacht hat, hier zu sein. Alles dafür zu tun, dass die Sicherheit und Gesundheit aller gewährleistet ist, steht an erster Stelle, und die ITR und alle Beteiligten haben in dieser Hinsicht einen großartigen Job gemacht. Es ist fantastisch, den Sound der Motoren wieder zu hören und zu sehen, wie die Fahrer und die Teams arbeiten – auch wenn die Arbeitsweise für uns alle nun ganz anders ist als wir es bisher kennen. Doch wir haben uns sehr schnell daran gewöhnt. Es kehrt eine gewisse Normalität ein, wenngleich auch eine andere als bisher. Aber wir sind zurück und freuen uns nun umso mehr auf den Saisonstart im August in Spa-Francorchamps. Bis dahin haben wir noch etwas Arbeit vor uns, aber ich denke, dass wir auf einem guten Weg sind. Wir möchten den Fans, die ebenfalls lange warten mussten, am TV und im Stream tolle Rennaction bieten.“
Der polnische Ex-Formel-1-Fahrer Robert Kubica, der am Ring mit knapp 2.000 gefahrenen Kilometern einer der fleißigsten Testfahrer war, greift mit einem BMW M4 DTM des Teams ‚Art Grand Prix‘ nach Punkten in der DTM 2020. Ebenso wie Harrison Newey (GBR), der Sohn des Formel-1-Designers Adrian Newey, der für ‚WRT‘ startet.
Bestzeiten aller Fahrer an den Testtagen
01. Ferdinand Habsburg (AUT), Audi RS 5 DTM, 1.18,911 Min.
02. Nico Müller (SUI), Audi RS 5 DTM, 1.18,944 Min.
03. René Rast (GER), Audi RS 5 DTM, 1.19,028 Min.
04. Jamie Green (GBR), Audi RS 5 DTM, 1.19,037 Min.
05. Sheldon van der Linde (RSA), BMW M4 DTM, 1.19,070 Min.
06. Timo Glock (GER), BMW M4 DTM, 1.19,157 Min.
07. Philipp Eng (AUT), BMW M4 DTM, 1.19,204 Min.
08. Robin Frijns (NED), Audi RS 5 DTM, 1.19,214 Min.
09. Jonathan Aberdein (RSA), BMW M4 DTM, 1.19,230 Min.
10. Mike Rockenfeller (GER), Audi RS 5 DTM, 1.19,286 Min.
11. Lucas Auer (AUT), BMW M4 DTM, 1.19,476 Min.
12. Robert Kubica (POL), BMW M4 DTM, 1.19,493 Min.
13. Fabio Scherer (SUI), Audi RS 5 DTM, 1.19,511 Min.
14. Marco Wittmann (GER), BMW M4 DTM, 1.19,581 Min.
15. Loïc Duval (FRA), Audi RS 5 DTM, 1.19,587 Min.
16. Harrison Newey (GBR), Audi RS 5 DTM, 1.19,761 Min.
Termine 2020 (ohne Gewähr)
1. 02.08.2020 Spa-Franchorchamps/Belgien
2. 16.08.2020 Lausitzring 1
3. 23.08.2020 Lausitzring 2
4. 06.09.2020 Assen/Niederlande
5. 06.09.2020 Nürburgring 1
6. 20.09.2020 Nürburgring 2
7. 11.10.2020 Zolder 1/Belgien
8. 18.10.2020 Zolder 2/Belgien
9. 08.11.2020 Hockenheim
Text: Eberhard Strähle (VdM)
Fotos: Audi, BMW, Orlen, ITR GmbH und Eberhard Strähle
Comments
Comments are closed.