Für uns Motorjournalisten und -journalistinnen war das vergangene Jahr mehr als spannend. Welche Fahrverbote konnte die DUH wieder durchsetzen? Welche Sau hat der Bundesverkehrsminister wieder durchs Dorf getrieben? Ist der Elektroantrieb wirklich der Weisheit letzter Schluss? Und welche Mobilitätsform wird sich letztlich durchsetzen? Eines ist aber klar: Fragen, die sich 2019 aufwarfen, werden uns auch in diesem Jahr beschäftigen. Weitere Fahrverbote stehen jetzt schon an: seit Jahresanfang dürfen beispielsweise in Stuttgart Euro-5 Diesel gewisse Straßenzüge, darunter eine wichtige Aus- und Einfallstraße, nicht mehr nutzen. Ein Wahnsinn: Denn wer Stuttgarts geografisch schwierige Kessellage kennt, weiß, dass jetzt der Ausweichverkehr unumgänglich ist. Hier wird, wie schon vor geraumer Zeit in Hamburg, der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben.
Wer über Elektroantrieb spricht, muss auch über Energiegewinnung sprechen. Dass wir uns von der Kohleverstromung aus Umweltgesichtspunkten verabschieden, ist nachvollziehbar. Dass Atomstrom vielen Menschen zu unsicher ist, kann man auch verstehen – auch wenn einige Anrainerstaaten weiterhin auf Kernenergie setzen. Dass aber die alternative Energiegewinnung so schleppend voran kommt, dass kann man nicht fassen. Und wer über Elektroautos nachdenke, muss auch die Ladeinfrastruktur in Betracht ziehen. Von „lückenlos“ kann hier noch lange nicht die Rede sein.
Wer über Mobilität philosophiert, wird zukünftig nicht um Alternativen zum Auto herumkommen. Besonders das Fahrrad scheint eine regelrechte Boomwelle ausgelöst zu haben. Städte und Kommunen ringen um Fahrradwege, Autostraßen und Parkplätze werden geschrumpft. Und auf den Weg zur „fahrradfreundlichsten Stadt“ haben sich fast alle Bürgermeister gemacht. Das Auto, so scheint es, ist mehr als out. Wer allerdings mal in die Provinz schaut, sieht schnell, dass da mit Fahrrad oder dem ÖPNV selten ein Blumentopf zu gewinnen ist – zumindest nicht als Pendler auf dem Weg zur Arbeit oder als Mensch mit Handikap auf dem Weg zum nächsten Facharzt.
Mit leichtem Argwohn darf man im gerade genannten Zusammenhang auch zur Kenntnis nehmen, dass Automobilunternehmen wie Daimler und BMW ihre jüngste Kooperation in Sachen Mobilitätsangeboten schon wieder eingeschränkt haben. In vielen kleineren Städten sind einige der Angebote weggefallen. Wer nämlich nur auf die Ballungszentren setzt, macht etwas falsch.
Für dieses Jahr (und das jetzt angebrochene Jahrzehnt) sollten wir auf Klarheit hoffen, vor allem aus Regierungskreisen: was wird aus Andi Scheuers Mautdebakel, kommt das Tempolimit auf Autobahnen oder nicht und wie könnten Fördermaßnahmen für vernünftige Mobilitätslösungen aussehen? Sagen auch Sie uns gerne Ihre Meinung – was sind Ihre Ideen für 2020 und danach?
Ein Kommentar von Werner Bicker
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