//Deutsche Kreuzfahrtschiffe in Russland

Deutsche Kreuzfahrtschiffe in Russland

Auf einer Flußkreuzfahrt unterwegs auf russischen Kanälen, Seen und Flüssen

Schon Peter der Große (1672-1725) träumte von einer durchgängigen Wasserstraße durch sein Reich von St. Petersburg bis ins Schwarze Meer. Auch die Wikinger trieben schon Handel mit dem damaligen Konstantinopel/Byzans (heute Istanbul) und benutzten dabei Newa, Swir, Wolga, Don und Dnepr. Seit 1937 ist Moskau eine Hafenstadt mit Zugang zur Ostsee und zum Schwarzen Meer.

In den Sommermonaten herrscht reger Verkehr zwischen St. Petersburg und Moskau, vor allem sind das große Touristenschiffe mit etwa 200 bis 300 Personen an Bord, einst hergestellt in der DDR. Aber auch seefähige Frachtschiffe (sog ‚Kümos‘) und Binnenfrachtschiffe sind unterwegs. In den Wintermonaten wird der Schiffsverkehr eingestellt, weil Seen und Flüsse zugefroren sind, etwa von November bis April.

Touristen bringen Geld ins Land
Russland hat nach der Wende schnell erkannt, dass Touristen Geld ins Land bringen. Das fängt schon mit der Visa-Gebühr von über 100 Euro pro Person an! Die Preise im Land sind in etwa so wie bei uns, zumindest in den Touristengebieten. Anderswo sicher billiger, aber da gibt es auch keinen Cappuccino.

Höhepunkt für die „normalen“ Touristen sind St. Petersburg und Moskau. Allein der Winterpalast, wo heute die Eremitage untergebracht ist, lohnt eine Reise nach St. Petersburg. Kanäle durchziehen die Stadt, die auch „Venedig des Nordens“ genannt wird, und eine Fahrt mit einem flachen Kanalschiff, am besten auch noch abends, lohnt sich. Die prächtigen Paläste spiegeln sich dann im Wasser.

Nicht nur die vorgenannten Millionenstädte sind interessant, es gibt an den Binnenwasserwegen tolle Sehenswürdigkeiten, angefangen von ‚Kunsthandwerkersiedlungen‘, Kirchen bis hin zu Städten, die das Prädikat ‚Weltkulturerbe‘ tragen.

Flüsse, Seen und die Wolga
Die Wolga ist mit 3.530 km der längste Fluss Europas und die größte Wasserstraße Russlands. Das Einzugsgebiet umfasst eine Fläche von 1.369 Mio. qkm: das entspricht der Fläche von Deutschland, Frankreich, Italien und England zusammengenommen. Auf diesem Gebiet leben ca. 59 Mio. Menschen (ca. 40 % der Bevölkerung Russlands). An der Wolga befinden sich 40 große Städte und noch 1.000 weitere kleinere Städte und Ortschaften. Die Wolga entspringt im Gebiet Twer, auf den Waldai-Höhen, schlängelt sich hinauf zum Rybinsker Stausee, ändert dort ihre Richtung und fließt schließlich ins Kaspische Meer. Der Fluss ist normalerweise von März bis Mitte November befahrbar. In den frühen Sommermonaten gibt es viele Überflutungen, während im Spätsommer der niedrige Wasserstand Untiefen und Sandbänke zum Vorschein bringt.

In den letzten rund 100 Jahren gab es zahlreiche Wasserbaumaßnahmen an der Wolga. Ein Strom im eigentlichen Sinne des Wortes ist die Wolga nicht mehr, vielmehr eine Aneinanderkettung kleiner Meere: der Wolga Stausee (Moskauer Meer), der Stausee Uglitsch, der Rybinsker Stausee und andere. Die Wolga ist die wichtigste Verbindungs-ader Russlands. Die Wolga ist mit der Ostsee durch die Wolga-Ostsee-Wasserstraße verbunden, mit dem Weißen Meer durch den Weißmeer-Ostsee-Kanal, mit dem Asowschen und Schwarzen Meeren durch den Wolga-Don-Kanal, mit dem Moskwa-Fluss durch den Moskwa-Wolga-Kanal.

Wichtig ist die Stromgewinnung an den Staustufen, das war auch mit ein Grund für den Ausbau der Binnenwasserstraßen in den 30iger Jahren unter Stalin.

Mit 18 Schleusen auf 162 m
Zwischen Ostsee und dem Nordhafen in Moskau müssen 162 Höhenmeter überwunden werden, dabei sind 18 Schleusen, eine sogar mit 16,5 Meter Hub, zu überwinden. Es geht nicht immer bergauf, einmal machen die Kreuzfahrtschiffe einen Abstecher zur Stadt Jaroslawl, die das Prädikat ‚Weltkulturerbe‘ trägt. Hier geht es 14 Meter bergab auf die Wolga und später wieder bergauf auf derselben Schleuse. Vor der Schleuse ist eine riesige Figur ‚Mütterchen Wolga‘ zu sehen. Die Schleusen sind so groß, dass beispielsweise zwei große Kreuzfahrtschiffe gleichzeitig geschleust werden können (bis 270 m lang).

DDR-Technik in Russland
Die russischen Flusskreuzfahrtschiffe sind traditionell etwas anders gebaut als die Flusskreuzfahrtschiffe auf vielen anderen Flüssen Europas. Der Wechsel aus Kanälen, riesigen Strömen sowie großen Seen verlangt den russischen Flussschiffen einen geringen Tiefgang ab und die große Nachfrage nach Flussreisen in Russland bedingt große Kapazitäten.

Die sowjetische Flotte der Binnenfahrgastschiffe wurde in der DDR in den Werften in Wismar, Boizenburg und Roßlau gebaut. Allein dort wurden bis zum Fall der Mauer Schiffe der sogenannten Rodina-Klasse bzw. vom Typ 301/302 gefertigt. Und sie fahren bis heute. Die damals sowjetischen und heute russischen Schiffsbesatzungen nennen ihre Schiffe liebevoll die „Deutschen“. Generalüberholt und auf den neuesten Stand gebracht, tun sie unverwüstlich ihren Dienst.

Die Flusskreuzfahrtschiffserie wurde von 1983 bis 1991 hergestellt. Der VEB Werften baute Schiffe nach eigenen Entwürfen, da in der UdSSR entsprechende Baukultur fehlte. Das letzte, das 28. Schiff, die ‚Vladimir Vysotskiy‘, wurde nicht mehr fertiggestellt. Mit 27 gebauten Einheiten zählt der Typ zu den erfolgreichsten Entwürfen dieser Art. Die Namensgebung war mit wenigen Ausnahmen auf Persönlichkeiten (wie Maxim Gorki, Lenin, usw) begrenzt. Eingesetzt werden die Schiffe heute in Russland, China sowie in der Ukraine auf Binnenwasserstraßen und dem Schwarzen Meer bis zur Donaumündung. Nach dem Zerfall der Sowjetunion sind die Schiffe in die Hände von russischen und ausländischen Privatfirmen gelangt. Die einzelnen Schiffe unterscheiden sich, je nach Variante durch kleinere Unterschiede in der Schiffsgröße, die Ausrüstung mit verschiedenen Motoren und anderen Besonderheiten mit denen sie auf den jeweiligen Einsatz abgestimmt wurden. Die Schiffe waren beim Bau mit Einzel- und Doppelkabinen sowie 1-, 2- und 3-Bettkabinen, alle mit Waschgelegenheit, versehen. Darüber hinaus stehen zwei Restaurants und zwei Gemeinschaftsräume zur Verfügung. Die Mehrbettenkabinen wurden später modernisiert, was zu einer Verringerung der Passagierkapazität und erhöhtem Reisekomfort führte. Dabei wurden einige Schiffe komplett modernisiert und für neue Verhältnisse umgebaut, wobei die Zahl der Passagierplätze beträchtlich reduziert wurde. Die Schiffe verfügen über einen Dieselantrieb mit drei sowjetischen Viertakt-Hauptmotoren mit Turbolader.

Resümee
Eine Flusskreuzfahrt auf russischen Seen, Flüssen und Kanälen ist unvergleichlich mit Kreuzfahrten auf anderen Flüssen in Europa und der Welt. Einfach mal mitmachen und eine Woche Ruhe mit einem bisschen Sightseeing genießen.

Text & Fotos: Klaus Ridder

Der DDR-Schiffstyp in Zahlen:

Länge 129 m
Breite 16,7 m
Höhe über Wasser 13 m
Tiefgang 2,9 m
3 Dieselmotoren je 988 PS (per Druckluft)
Drehzahl 350 UpM
3 Schrauben Du. 1,8 m mit 5 Flügeln
4 Dieselgeneratoren je 500 kWh
Wasserverdrängung 3.853 t
Brennstoffverbrauch 8-9 t pro
Tank für Brennstoff 300 t
Tank für Wasser 200 t
Tank für Abwasser 200 t
Höchstgeschwindigkeit 25,5 km/h
Max. Passagierzahl 300
Crew ca. 100