//Referat beim VdM-Stammtisch: Real Drive Emission RDE

Referat beim VdM-Stammtisch: Real Drive Emission RDE

Prof. Dr. Ing. Helmut Tschöke referierte beim Aprilstammtisch des VdM-Regionakreises Südwest im Kulinarium an der ehemaligen Solitude Rennstrecke über die aktuelle Abgasmessung RDE, die direkt am Fahrzeug durchgeführt wird.

Zu Beginn erläuterte Prof. Tschöke die zentralen, für die Abgasmessung wichtigen Begriffe Emission, Transmission und Immission. Während die Emission die Luftverschmutzung beschreibt, sagt die Immission etwas über die Luftqualität aus. Dazwischen liegt die Transmission, die die Verteilung, Verdünnung und chemische Veränderung der Abgase beschreibt. Aus der Immission lässt sich die Wirkung der Emission auf Mensch und Umwelt an einem bestimmten Ort ableiten.

Das Umweltbundesamt gab im Februar 2018 bekannt, dass sich die verkehrsbedingten NOx-Emissionen von 1,12 Millionen Tonnen im Jahre 2000 auf 480.000 Tonnen im Jahr 2016 verringert haben. Die Forscher der Deutschen Akademie der Naturwissenschaften Leopoldina halten deshalb das NOx beim Diesel für kein Problem mehr. Sie legen das Hauptaugenmerk auf den Feinstaub mit einer Partikelgröße von 2,5 Millimeter oder kleiner. Die Leopoldina ist die älteste naturwissenschaftlich-medizinische Gelehrtengesellschaft im deutschsprachigen Raum und hat ihren Sitz in Halle.

Die Abgasemission der Fahrzeuge, so Prof. Tschöke, wird kontinuierlich besser. Leider ist die Immission wegen der steigenden Anzahl der Fahrzeuge im Straßenverkehr nicht im entsprechenden Ausmaß zurückgegangen. Der positive Effekt der geringeren Emission wird dadurch teilweise wieder aufgehoben. Insbesondere das Magerkonzept erzeuge bei Benzinmotoren sehr viel NOx.

Seit 2010 wird bei der Europäischen Union diskutiert, die Abgasmessungen nach einem Verfahren zu messen, das den tatsächlichem Fahrbetrieb besser entspricht als die bisherigen Messverfahren. Entwickelt wurde 2016 ein Verfahren, das unter der Bezeichnung Real Drive Emission RDE und der Abgasnorm Euro 6d ab 2020 angewendet wird. Während früher auf Reproduzierbarkeit großen Wert gelegt wurde, sind die Werte beim RDE stärker dem Zufall ausgesetzt. Einen Rollenprüfstand, der für die bisherigen Verfahren eingesetzt wurde, beispielsweise kann man klimatisieren, um so vergleichbare Ergebnisse zu erhalten – bei einem gesamten Testgelände ist das nicht möglich. Außerdem werden bei der RDE die Partikel nur gezählt und nicht deren Größe gemessen.

Messungen mit PEMS
Die RDE-Werte werden mit einem Portable Emission Measuring System (PEMS) gemessen, das direkt am Fahrzeug angeschlossen wird. Die PEMS wiegen zwischen 20 und 100 kg und haben eine eigene Stromversorgung. Damit wird sichergestellt, dass die Steuerelektronik der Fahrzeuge nicht merkt, ob ein PEMS angeschlossen ist. Das PEMS wird aufgewärmt und kalibriert. Danach erfolgt eine halbstündige Messfahrt. Das Ergebnis sei jedoch eher zufällig und nicht reproduzierbar, denn die Fahrt erfolgt im Straßenverkehr, urteilte Prof. Tschöke.

Um dennoch zu vergleichbaren Werten zu kommen, werden mittels Normalisierungstools die Abgaswerte verrechnet, je nachdem, ob der Fahrer etwas flotter oder weniger flott fährt. Die Tools rechnen bei langsameren Fahrern die Abgaswerte hoch und bei schnelleren Fahrern wieder etwas herunter, sodass sich für den Durchschnittsfahrer ein einigermaßen realistischer Wert errechnet.

An den Vortrag schloss sich eine rege Diskussion über die Weiterentwicklung der Verbrennungsmotoren und der Mobilität an.

Zur Person: Prof. Dr. Ing. Helmut Tschöke war Dozent am Lehrstuhl für Kraftfahrzeugwesen in Stuttgart, danach entwickelte er die Diesel-Einspritzung als Chefentwickler bei Bosch weiter und war bis vor kurzem Professor an der Otto von Guericke Universität Magdeburg. Inzwischen ist Professor Tschöke verantwortlich für die Reihe „MTZ Wissen“ der Motortechnischen Zeitschrift, für die er viele Beiträge verfasst hat. Seit 2014 ist er Mitglied im Verband der Motorjournalisten.

Gottfried Weitbrecht

Foto: /fps