//Raser in Österreich: Drakonische Strafen wirken

Raser in Österreich: Drakonische Strafen wirken

Insgesamt 60 Prozent weniger Verkehrstote durch Rasen im ersten Halbjahr in Österreich. Für das Gesamtjahr wird mit Blick auf angepasste Fahrweise ein Rekordjahr erwartet, nachdem kurzzeitig auch das Auto von Extremrasern beschlagnahmt wird.

„Nicht angepasste Geschwindigkeit“ gehört in Österreich wie auch in Deutschland zu den Hauptursachen von Verkehrsunfällen, bei denen Menschen verletzt oder getötet werden. Dagegen wollte man in der Alpenrepublik vorgehen und verschärfte die Vorschriften empfindlich (vgl. kb 3482 vom 3. März 2024). Wichtigster Punkt: Die österreichische Polizei darf nun das Fahrzeug noch an Ort und Stelle und für die Dauer von höchstens 14 Tagen beschlagnahmen, wenn das Tempolimit innerorts um mehr als 80 km/h und außerorts um mehr als 90 km/h übertreten wurde. Nahm der Raser in der Vergangenheit an einem illegalen Straßenrennen teil oder geriet in ähnlicher Weise mit dem Gesetz in Konflikt, reicht eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 60 beziehungsweise 70 km/h, damit das Auto vorläufig eingezogen wird. Auch sonst wurden die Strafen für zu schnelles Fahren drastisch angehoben: Wer bis zu 30 km/h über dem erlaubten Limit liegt, kann nun als Wiederholungstäter oder bei einem besonders schweren Fall zur Zahlung von bis zu 5.000 Euro verdonnert werden. Wer außerorts 40 km/h zu schnell ist und erwischt wird, muss einen Monat lang auf den Führerschein verzichten. Diese Bestimmungen gelten auch für Autofahrer aus dem Ausland.

Deutlich weniger Unfallopfer

Die Frage lautet natürlich, ob diese Restriktionen die beabsichtigte Wirkung zeigen. Dazu liegen jetzt erste Ergebnisse aus Österreichs offizieller Unfallstatistik vor, und die geben den Befürwortern der härteren Sanktionen offenbar recht. In den ersten sechs Monaten des Jahres sank die Zahl der durch nicht angepasste Geschwindigkeit getöteten Verkehrsteilnehmer von 42 auf 18 Personen, und damit um beachtliche 57 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2023. In der Folge ging auch die Gesamtzahl der getöteten Unfallopfer merklich zurück. In Summe kamen 115 Menschen bei Verkehrsunfällen zwischen Januar und Mitte Juni in Österreich ums Leben, das waren so wenige wie nie zuvor in einem ersten Halbjahr seit Beginn der Unfallstatistik, selbst wenn man die Nachmeldung von eventuell 17 tödlich Verunglückten noch einberechnen muss.

Allein die Ankündigung des Gesetzes schreckte Raser ab

Dabei trat das strengere Gesetzespaket gegen Raser erst Anfang März in Kraft, fand also nicht alle Monate des ersten Halbjahres Anwendung. Klaus Robatsch, Verkehrssicherheitsexperte im Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) mit Sitz in Wien, meint rückblickend, dass allein die Ankündigung der drakonischen Strafen zu einer höheren Fahrdisziplin bereits vor dem März geführt haben könnte. „Und zwar nicht nur bei den Extremrasern, sondern auch bei sonstigen Temposündern.“ Der KFV Fachmann geht fest davon aus, dass sich das niedrige Niveau der Zahl der Verunfallten bis zum Jahresende fortsetzen wird. Ob mit der Einführung des Gesetzespakets auch weniger Verletzte zu beklagen sind, vermag indes niemand abschließend zu beurteilen, weil die Daten noch nicht vorliegen.

Extremrasen: Kräftemessen mit Gleichaltrigen

Extremraser sind eine sehr kleine Minderheit von nur einem Prozent aller aufgedeckten Geschwindigkeitsübertretungen. Tatsächlich wurden im März und April 38 Fahrzeuge vorläufig beschlagnahmt. Allerdings ist das Problem aus Sicht von Robatsch größer, als diese kleine Zahl suggeriert. Auffällig sei, dass „fast alle betroffenen Personen männlich waren“, hebt der Sicherheitsexperte hervor. Überhaupt sind junge Männer überdurchschnittlich häufig an Unfällen mit Personenschaden wegen nicht angepasster Geschwindigkeit beteiligt. Aus der Unfallpsychologie wisse man, führte Robatsch aus, dass zu schnelles Fahren für manchen jungen Mann eine Art des Kräftemessens mit Gleichaltrigen darstelle. Mit fatalen Folgen für andere und sich selbst. Übrigens sei nicht angepasste Geschwindigkeit „nicht automatisch gleichzusetzen mit extrem hohem Tempo“, merkt Klaus Robatsch an. Wenn jemand beispielsweise in einer 70-km/h-Zo­ne mit Tempo 70 unterwegs sei, die Straßen- und Witterungsverhältnisse durch Eis, Schnee oder Nebel aber nur 50 km/h zuließen, dann stufte man dies landläufig nicht als Rasen ein, und doch liegt ein zu hohes, also nicht angepasstes Tempo vor. Für die kommende Zeit sieht das KFV „Grund zur Hoffnung“. Entwickelt sich die Verkehrssicherheit in Österreich bis zum Jahresende so, wie von dem Kuratorium auf der Grundlage der aktuellen Daten prognostiziert, dürfte 2024 „als das Jahr mit den wenigsten Verkehrstoten seit Beginn der Aufzeichnungen in die Verkehrsgeschichte eingehen“.

Beate M. Glaser (kb)

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