Wie wirksam Aibagjacken für Motorradfahrer sind, das hat jetzt das österreichische Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) untersucht. Das Ergebnis zeigte dabei eindeutig, dass die aufblasbaren Schutzvorrichtungen ihre klaren Vorteile haben.
Sind Airbagjacken für Motorradfahrer empfehlenswert? Diese Frage wird unter Verkehrssicherheitsexperten, die sich auf den motorisierten Zweiradverkehr spezialisiert haben, stark diskutiert. Nicht ohne Grund, denn die Zahl der in der Europäischen Union tödlich verunglückten Motorrad- und Mopedfahrer steigt und steigt. Nach der jüngsten Auswertung von EU-Unfallstatistiken waren im Jahr 2021 immerhin 19 Prozent der Unfalltoten mit einem motorisierten Zweirad unterwegs gewesen. So viele wie nie zuvor. Das ist umso trauriger, als nur in den wenigsten europäischen Ländern das gesamte Jahr über Motorrad gefahren wird. Und auch in der Saison werden die Bikes generell weniger genutzt als Pkw.
Nur ein Bruchteil der Biker nutzt eine Montur
Was für Autofahrer Sicherheitsgurt und Airbag sind, ist für Zweiradfahrer die Schutzkleidung. Dennoch schlüpft lediglich ein Bruchteil der Moped- und Motorrollerfahrer in eine Montur, und die Motorradfahrer legen sie nur dann an, wenn es auf eine längere Tour geht. Für die Fahrt in der Stadt lassen auch sie diese oftmals lieber im Schrank hängen.
Häufig Mehrfachverletzungen
Schutzkleidung hilft Verletzungen zu verhüten. Untermauert wird diese Binsenweisheit durch Zahlen der europäischen Krankenhausstatistik „Injury Data Base“ (Verletzungsdatenbank), die durch Klinikbefragungen zustande kommt. Demnach werden bei einem Motorradunfall vor allem Beine (35 Prozent) und Arme (20 Prozent) in Mitleidenschaft gezogen. Etwa jedes vierte Unfallopfer zieht sich Verletzungen am Oberkörper zu. Darüber hinaus sind verunglückte Biker häufig mehrfach verletzt, was zusammengenommen in der Regel eine Schwer- oder sogar Schwerstverletzung bedeutet.
Werte über mehrere Jahre gesammelt und ausgewertet
Grund genug für das österreichischen Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV), der Wirksamkeit von Airbagjacken auf die Spur kommen zu wollen. Die auch Airbagwesten genannten Vorrichtungen sind in der normalen Schutzkleidung integriert oder können zusätzlich übergestreift werden. Je nach Modell enthalten sie eine Gaspatrone oder eine pyrotechnische Treibladung wie im Autoairbag, wodurch bei einem Unfall die Luftpolster in Sekundenbruchteilen aufgeblasen werden, um den Körper beim Aufprall zu schützen. Eine solche Airbagjacke beschafften sich auf Bitten des KFV mehrere Mitglieder eines österreichischen Motorradklubs und zogen sie auf ihren Fahrten an. Nach mehreren Jahren wurden sie und zwei Vergleichsgruppen über ihre Erfahrungen befragt: jeweils elf Personen mit und ohne Airbagjacke, die alle einen Unfall erlebten, und als dritte Gruppe die Biker mit Airbagweste, aber ohne Crash. Das Ergebnis zeigt einen klaren Vorteil der aufblasbaren Schutzvorrichtung, auch wenn die Studie nicht repräsentativ war. Von den 33 Teilnehmern erlitten 28 einen Unfall, davon blieben wiederum neun unverletzt. Von diesen neun trug eine deutliche Mehrheit von sieben Probanden einen Airbag. Das legt die Vermutung nah, dass die Airbagjacke sehr wirkungsvoll ist. Zumal sich unter den Verletzten nur zwei Airbagträger befanden, wie das KFV berichtet.
Einmal Airbagweste – immer Airbagweste
Soziologisch unterschieden sich die Airbagnutzer nur ein wenig von den Bikern ohne Prallsack. Die Nutzer sind im Schnitt etwas älter, fahren deutlich mehr und haben öfter einen Sozius dabei. Keine Unterschiede zeigten sich hinsichtlich Familienstand, Bildung, Selbsteinschätzung des fahrerischen Könnens und ob das Motorrad in der Freizeit oder als Transportmittel genutzt wird. Auch das zeigte sich: Wer sich einmal für eine Airbagweste entschieden hatte, trug sie immer, wenn er sich auf das Motorrad schwang. Dem KFV zufolge gehen aus der Befragung Hinweise hervor, dass die Interviewten die Wirkung einer Airbagjacke eher überschätzen und dass gleichzeitig das Problem der Risikokompensation auftritt. Das ist das bei moderner Sicherheitstechnik häufig zu beobachtende Phänomen, dass der neue Schutz zunächst genutzt wird, um riskanter zu fahren.
Wunder sind gleichwohl nicht zu erwarten
In der Tat darf man von den integrierten Luftpolstern keine Wunder erwarten. Das KFV hebt hervor, dass eine Airbagjacke bei hohem Unfalltempo kaum etwas ausrichten kann. Dazu müsste sie größer und auch härter sein. „Und bei niedrigen Geschwindigkeiten braucht man sie eher nicht“, weiß das KFV aus der Forschung, „weil man die auch ohne Airbag leicht verletzt übersteht.“ Auf der anderen Seite, räumt das KFV zugleich ein, ließen sich wochenlange Schmerzen durch Schürfwunden, Prellungen oder Rippenbrüchen durch Airbagjacken „durchaus verhindern“.
Autorin: Beate M. Glaser (kb); Abbildung Pixabay/planet_fox