//Verkehrssicherheit im Wandel der Zeit

Verkehrssicherheit im Wandel der Zeit

In den letzten mehr als 100 Jahren hat die Mobilität auf der Straße eine enorme Transformation erlebt – sowohl in Sachen Fahrzeugtechnik als auch in Sachen Verkehrssicherheit sind große Fortschritte erzielt worden. Das ist aus Sicht von DEKRA kein Grund zur Zufriedenheit, sondern müsse Ansporn sein für weitere Anstrengungen. „Die Erfolge sind unbestritten. Und doch müssen Politik, Verbände und Organisationen mehr denn je an einem Strang ziehen, um jederzeit eine sichere Mobilität für alle zu gewährleisten“, sagte Jann Fehlauer, Geschäftsführer der DEKRA Automobil GmbH, bei der Vorstellung des DEKRA Verkehrssicherheitsreports 2025 „Mobilität im Wandel der Zeit“ heute in Berlin. Anlässlich des 100-jährigen Bestehens von DEKRA beleuchtet der 18. Report der Reihe markante Entwicklungen der letzten Jahrzehnte. Zugleich verdeutlicht er, dass noch viel zu tun bleibt. Denn bis zum Ziel der „Vision Zero“ – einem Straßenverkehr möglichst ohne Getötete oder Schwerverletzte – ist der Weg noch weit.

DEKRA Automobil-Geschäftsführer Jann Fehlauer präsentierte den Report.

Fast 1,2 Millionen Verkehrstote weltweit

Von den ersten einfachen Automobilen bis hin zu hochautomatisierten und vernetzten Fahrzeugen: Die Mobilität ist ein Spiegel des technischen Fortschritts, gesellschaftlicher Veränderungen und globaler Herausforderungen – gerade mit Blick auf die Verkehrssicherheit. Angesichts von weltweit annähernd 1,2 Millionen Verkehrstoten pro Jahr wurde auf der 4. Globalen Ministerkonferenz zur Verkehrssicherheit Mitte Februar 2025 in Marrakesch noch einmal eindringlich angemahnt, die Maßnahmen zur Reduzierung der Zahl der Straßenverkehrsopfer weiter zu intensivieren.

Hinter diesem Appell steht auch DEKRA: „Seit 100 Jahren setzen wir uns für sichere Mobilität ein – das war der Gründungsimpuls und ist bis heute in der DNA unserer Organisation verankert“, so Fehlauer. Besonders in den Blick genommen müssen aus seiner Sicht die nach wie vor am stärksten gefährdeten, ungeschützten Personen, die zu Fuß, auf Fahrrädern oder motorisierten Zweirädern am Verkehr teilnehmen. Nach den Zahlen der WHO machen sie mehr als die Hälfte aller Todesfälle im Straßenverkehr aus. Global betrachtet müsse vor allem auch in Ländern mit niedrigen Einkommen noch sehr viel für ein besseres Verkehrssicherheitsniveau getan werden.

Wichtige Parameter für weniger Unfallopfer im Straßenverkehr

Wie der aktuelle Verkehrssicherheitsreport aufzeigt, ist die Zahl der Verkehrstoten in vielen Staaten bis in die 1970er Jahre hinein oder sogar noch darüber hinaus stetig gestiegen. 1972 verzeichnete Deutschland beispielsweise mehr als 21.000 Verkehrstote. Fragen der Verkehrssicherheit spielten bis dahin keine große Rolle. Seitdem ist vor allem in vielen europäischen Ländern die Zahl der Verkehrsunfallopfer rückläufig – mehr oder weniger stetig und mehr oder weniger deutlich.

Im Jahr 2024 mussten die Länder der EU nach vorläufigen Zahlen der EU-Kommission 19.800 Verkehrstote verzeichnen. Gegenüber den unrühmlichen Spitzenwerten der 1970er Jahre entspricht dies einem Rückgang um 70 Prozent. Daneben gibt es weltweit auch schon zahlreiche Städte, die zumindest in einem oder sogar mehreren aufeinanderfolgenden Jahren keine Verkehrstoten zu verzeichnen hatten. Das zeigt die erstmals 2014 beim International Transport Forum in Leipzig vorgestellte und seitdem konsequent gepflegte interaktive DEKRA Vision Zero Map.

Zu dieser grundsätzlich positiven Entwicklung auf internationaler, nationaler und regionaler Ebene haben die unterschiedlichsten Maßnahmen beigetragen – allen voran die Gurtpflicht, Tempolimits, das Verbot des Fahrens unter Alkohol- und Drogeneinfluss, das Verbot der Nutzung von Mobiltelefonen am Steuer, die Helmpflicht für Motorrad-Fahrer und die obligatorische Verwendung von Kinderrückhaltesystemen. Beim Blick in die Zukunft thematisiert der Report auch die intelligente Vernetzung und die Digitalisierung, die für mehr Sicherheit im Straßenverkehr eine immer wichtigere Rolle spielen werden.

Aufschlussreiche Crash- und Fahrversuche

Um die Weiterentwicklung des gesamten Systems der passiven Sicherheit über die Jahrzehnte aufzuzeigen, hat DEKRA für den aktuellen Verkehrssicherheitsreport einen Crashtest mit einem VW Golf II – gebaut zwischen 1983 und 1992 – durchgeführt und die Ergebnisse mit einem Euro-NCAP-Test des VW Golf VIII (seit 2019) verglichen. Ergebnis: Während man eine Gegenverkehrskollision mit einer Geschwindigkeit von jeweils 50 km/h und einer Überdeckung von 40 Prozent im Golf II kaum überlebt hätte, wären die Insassen im Golf VIII tendenziell mit leichten Verletzungen davongekommen und hätten noch selbst aussteigen können.

Ergänzend wurden am DEKRA Lausitzring zahlreiche vergleichende Fahrversuche durchgeführt – ebenfalls mit einem VW Golf II mit Erstzulassung im Jahr 1989 und einem VW Golf VIII mit Erstzulassung im Jahr 2024. Die Versuche zeigten beim modernen Fahrzeug erhebliche Verbesserungen unter anderem in Sachen Bremsweg, Kurvenstabilität, Lenkkräfte und Beleuchtung.

Die Arbeit ist noch lange nicht beendet

Für den DEKRA Automobil Geschäftsführer zeigen die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte vor allem eins: „Verkehrssicherheitsarbeit darf kein kurzfristiger Aktionismus sein, sondern ist nur als permanenter Prozess erfolgreich“, betonte Fehlauer in Berlin. Um Unfälle zu vermeiden oder ihre Folgen zu mindern, komme es auf das Zusammenspiel präventiver Maßnahmen in den Bereichen Technik, Organisation und Infrastruktur an.

Nach Ansicht von Kristian Schmidt, Europäischer Koordinator für Straßenverkehrssicherheit, muss gewährleistet sein, „dass Sicherheit nicht zu einem Privileg einiger weniger wird, sondern ein gleichberechtigter Zugang zu sicheren Mobilitätslösungen für alle garantiert ist“. Wie Schmidt in seinem Grußwort zum DEKRA Verkehrssicherheitsreport schreibt, gehören zu den Schlüsselbereichen der Verkehrssicherheit von morgen unter anderem die Integration von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen in wirkungsvolle vorausschauende Sicherheitssysteme sowie die Unterstützung des Übergangs zu emissionsfreien Fahrzeugen ohne Abstriche bei den Sicherheitsstandards.

Antonio Avenoso, Geschäftsführer des Europäischen Verkehrssicherheitsrats (ETSC), schreibt in seinem Statement im Report: „Die Finanzierung auf nationaler Ebene ist ebenfalls eine wesentliche Voraussetzung für die Schaffung und Aufrechterhaltung sicherer Verkehrssysteme, die Leben schützen, wirtschaftlichen Wohlstand fördern und die allgemeine Lebensqualität verbessern. Die Regierungen müssen ausreichende Mittel bereitstellen und investieren, damit die komplexen Herausforderungen der Verkehrssicherheit wirksam angegangen werden können.“

Der DEKRA Verkehrssicherheitsreport 2025 „Mobilität im Wandel der Zeit“ steht online unter www.dekra-roadsafety.com zum Download zur Verfügung. Dort finden sich auch sämtliche Vorgänger-Reports seit 2008, teilweise inklusive weitergehender Inhalte, etwa in Form von Bewegtbildern oder interaktiven Grafiken.

Zehn DEKRA Forderungen für mehr Verkehrssicherheit

– Der Straßenverkehr erfordert ein verantwortungsbewusstes, regelgerechtes und partnerschaftliches Verhalten aller Verkehrsteilnehmenden.
– Insbesondere auch in Ländern mit mittlerem und niedrigem Einkommen müssen die Anstrengungen für mehr Verkehrssicherheit verstärkt werden.
– Die Verkehrssicherheitsarbeit muss sich neben der Reduzierung der Zahl der Verkehrstoten auch noch stärker darauf konzentrieren, die Zahl der Schwerverletzten zu senken.
– Besonders gefährliche Verhaltensweisen wie Alkohol und Drogen am Steuer, übermäßige Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Ablenkung etwa durch das Smartphone müssen konsequent verboten, kontrolliert und wirksam geahndet werden.
– Der Sicherheitsgurt als Lebensretter Nummer eins ist bei jeder Fahrt auf allen damit ausgerüsteten Sitzen anzulegen, Kinder sind größen- und altersgerecht zu sichern.
– Nutzer von motorisierten und nicht motorisierten Zweirädern sollten immer einen geeigneten Helm tragen.
– Eine kontinuierliche Verkehrserziehung sollte so früh wie möglich beginnen, alle Gruppen von Verkehrsteilnehmenden ansprechen und bis ins hohe Alter reichen.
– Die Funktionsfähigkeit mechanischer und elektronischer Komponenten von Systemen der Fahrzeugsicherheit muss über das gesamte Fahrzeugleben hinweg gewährleistet sein. Das gilt auch für den Aspekt der Cyber-Sicherheit.
– Die Inhalte der periodischen Überwachung von Kraftfahrzeugen sind entsprechend regelmäßig anzupassen. Darüber hinaus benötigen die Prüforganisationen einen geregelten Zugang zu den originären sicherheitsrelevanten Fahrzeugdaten.
– Beim Neubau insbesondere von Landstraßen oder bei entsprechenden straßenbaulichen Veränderungen muss das oberste Ziel die selbsterklärende Straße mit fehlerverzeihender Seitenraumgestaltung sein.

(DEKRA/bic)