Der Führerschein ist beliebt wie nie. Erstmals wurden 2024 mehr als 2 (2015: 1,65) Millionen Theorieprüfungen abgelegt. Wie Richard Goebelt, Fachbereichsleiter Fahrzeug & Mobilität beim TÜV-Verband, in der jüngsten Pressekonferenz weiter hervorhob, gab es aber auch zahlreiche Schattenseiten: Sei es die unverändert hohe Nicht-Bestehens-Quote oder auch die deutlich nach oben gekletterten Betrugsversuche, die ein erhebliches Verkehrssicherheitsrisiko nach sich ziehen.
„Der Führerschein bleibt ein zentrales Element der individuellen Mobilität, besonders auch für die jüngeren Menschen“, bringt es der Fachbereichsleiter Fahrzeug & Mobilität des TÜV-Verband Richard Goebelt auf den Punkt. So seien 68 Prozent der Prüflinge in der praktischen Fahrerlaubnisprüfung jünger als 25 Jahre gewesen, darunter 27 Prozent sogar jünger als 18 Jahre. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 2,01 (2023: 1,98; 2015: 1,65) Millionen Theorie- und 1,79 (1,76; 2015: 1,56) Millionen Praxisprüfungen abgelegt – Rekordwerte wie die aktuellen Daten des TÜV-Verbands auf Grundlage von Erhebungen der TÜV I Dekra arge tp21 zeigen. Den Großteil der Prüfungen machen dabei Pkw-Führerscheine B und BF17 (Führerschein mit 17 Jahren) mit 79 Prozent der theoretischen und 72 Prozent der praktischen Prüfungen aus.
Führerschein: Große Verantwortung für die Verkehrssicherheit
Nach Überzeugung des TÜV-Verbands geht mit dem Erwerb des Führerscheins eine große Verantwortung für die Verkehrssicherheit ein. So zeige sich in der Fahrerlaubnisprüfung wer sicher am Straßenverkehr teilnehmen könne und wer nicht. Die unverändert hohe Nichtbestehensquote beim B/B17 in der theoretischen (41 Prozent 2024; 42 Prozent 2023) wie auch praktischen (30; 30) Prüfung führt dabei zu weiteren Kosten der Ausbildung. Besser bei den Prüfungen schneiden indes die unter 18-Jährigen ab, die deutlich seltener in der Theorie (35 Prozent statt durchschnittlich 45 Prozent) und in der praktischen Prüfung (24 Prozent statt durchschnittlich 37 Prozent) durchfallen. Das spricht laut Goebelt klar für das Begleitete Fahren ab 17 Jahren. Um die Wiederholungsprüfungen insgesamt und damit auch die Kosten des Führerscheinerwerbs zu reduzieren, plädiert der Fachbereichsleiter des TÜV-Verband zum einen für elektronische Lernstandskontrollen, die gewährleisten, dass Fahrschüler und Fahrschülerinnen nur ausreichend vorbereitet zur Prüfung antreten, zum anderen für eine Weiterentwicklung der Fahrausbildung.
Bessere Mobilitätsbildung und mehr Digitalisierung
Angesichts der Rekordzahlen bei Fahrprüfungen und der Tatsache, dass der Führerschein größtenteils in jungen Jahren erworben wird, ist es für den TÜV-Verband essentiell, die Mobilitätsbildung von Kindern und Jugendlichen weiter zu verbessern. Zwar fahren laut Goebelt junge Fahranfängerinnen und Fahranfänger heute so sicher wie nie zuvor – nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sank die Zahl der Verkehrstoten in den vergangenen 20 Jahren um 47 Prozent, bei den 18 bis 24-Jährigen sogar um 75 Prozent – , es gelte jedoch diese positive Entwicklung hin zum Ziel von Null Verkehrstoten fortzuschreiben. So verunglückten trotz sinkender Zahlen weiter zu viele junge Menschen im Straßenverkehr. Eine langfristige Verankerung altersgerechter Angebote im Lehrplan – von der sicheren Teilnahme im Fußverkehr bis hin zu Nutzung von Fahrrädern und E-Scootern – aber auch eine aktivere Rolle der Eltern bei der Verkehrserziehung ihrer Kinder sei daher dringend geboten. Mit Blick auf die hohe Nachfrage nach Führerscheinen müssten zudem die Verwaltungsverfahren beim Führerscheinerwerb zukunftssicher, sprich effizienter, serviceorientierter und digitaler, gemacht werden. Für Goebelt ist die Digitalisierung dabei der Schlüssel, um Bürokratie abzubauen. Zudem sei eine schnellstmögliche Harmonisierung digitaler Schnittstellen zwischen den Behördden der Länder, Fahrschulen und Prüfstellen wichtig, um die Einführung des digitalen Führerscheins vorzubereiten. „Durch moderne Technologien lassen sich Antragsverfahren vereinfachen und weiter beschleunigen“, betont Goebelt. Besonders für die junge Generation sei das ein Vorteil, da sie dadurch schneller und unkomplizierter Zugang zu Mobilität erhalte.
Schwere Betrügereien beim Führerscheinerwerb künftig Straftatbestand
Ein Dorn im Auge ist dem TÜV-Verband die zunehmende Anzahl der Täuschungsversuche beim Führerscheinerwerb mit 4.198 Fälle im Jahr 2024 mit einem Anstieg von 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dabei seien mit 58 Prozent mehr als die Hälfte der festgestellten Betrugsversuche professionell organisiert. „Ergaunern sich die Fahrschüler ihren Prüfungserfolg und verfügen nicht über die entsprechenden Kenntnisse im Straßenverkehr, bringt das ein erhebliches Risiko für die Sicherheit anderer“, sagt Goebelt. Der Fachbereichsleiter Fahrzeug & Mobilität fordert daher einen konsequenten flächendeckenden Gebrauch der Sperrfrist von neun Monaten bis zur nächsten Prüfung oder auch schwere Betrügereien künftig als Straftatbestand zu werten. Mit Ausnahme der strafrechtlich relevanten Stellvertreter-Täuschung wird bis dato der Betrug in der Fahrerlaubnisprüfung weder als Straftat noch als Ordnungswidrigkeit geahndet.
Text: Isabella Finsterwalder, Abbildungen: Aufmacherbild: Tobias Koch; allgemeines Bild Pixabay / RosZie